Blitze des Bösen
Brust aufgerissen.
Instinktiv wollte Heather ihre Katze anfassen, doch Rayette
hielt sie zurück. »Laß es, Heather«, flüsterte sie. »Nicht
berühren. Laß sie liegen, wo sie ist. Wir rufen die Polizei.«
Schluchzend, ohne ein Wort herauszubringen, ließ sich
Heather von ihrer Freundin ins Haus zurückführen. Im gleichen
Moment, als sie zur Hintertür hereinkamen, erschien Heathers
Mutter an der Vordertür. Sofort erzählten die Mädchen, was sie
hinter der Garage gefunden hatten. Dabei wählte Anne bereits
die Nummer der Polizei.
40. Kapitel
Mark Blakemoor überlegte sich, ob er wie fast alle seiner Kollegen um siebzehn Uhr Feierabend machen oder so lange weiterarbeiten sollte, bis er mit dem Stapel Akten, der auf seinem
Schreibtisch schon in schwindelnde Höhen gewachsen war,
einigermaßen auf dem laufenden war. Er schaute auf die Uhr
an der Wand des kleinen Zimmers, das er sich mit Lois Ackerly teilte und sah, daß ihm noch zehn Minuten blieben, bis er
definitiv eine Entscheidung treffen mußte. Er wandte seine
Aufmerksamkeit wieder dem aufgeschlagenen Ordner vor sich
zu. Darin befand sich eine Kopie von Joyce Cottrells Personalakte, in der er nach etwas gesucht hatte – nach irgendeinem kleinen Hinweis, aus dem man hätte folgern können, daß
ihr jemand feindlich gesonnen war. Das Problem mit Cottrell
war jedoch, daß sie offenbar nicht nur keine Feinde, sondern
auch keine Freunde besaß. Sie war seit mehr als zwanzig
Jahren in der Group-Health-Klinik angestellt, und während
dieser Zeit war weder Lob noch Tadel über sie bekannt
geworden. Einerseits verrichtete sie ihren Job gut genug, daß
man sie behalten hatte; andererseits hatte sie sich nie genug
angestrengt, als daß es zu einer Beförderung gereicht hätte.
Er legte die Akte zur Seite und drehte sich zu Lois Ackerly
um, die ihren Schreibtisch bereits aufräumte. Das machte ihn
ärgerlich, aber er konnte nicht sagen, ob es daran lag, daß sie
rechtzeitig Feierabend machte oder daran, daß zu Hause
jemand auf sie wartete.
Automatisch schaute er auf den Platz, wo früher einmal ein
Foto seiner Ex-Frau gestanden hatte. Doch dabei tauchte nicht
Patsy Blakemoors Bild vor seinem geistigen Auge auf, sondern
das von Anne Jeffers. Laß endlich den Quatsch! ermahnte er
sich. Weniger um mit ihr zu reden, als um Annes Bild zu
vergessen, fragte er Lois Ackerly, ob sie bei den Nachforschungen über Joyce Cottrells Lebensgeschichte mehr
Erfolg gehabt hatte als er.
Lois schüttelte halb mitleidsvoll, halb ungläubig den Kopf.
»Diese Frau hatte anscheinend einen etwas ungewöhnlichen
Lebensstil. Ich kann nicht nur niemanden finden, der mit ihr
befreundet gewesen ist, sondern auch niemanden, der sie
überhaupt kannte. Alles, was ich herausgefunden habe, ist, daß
sie arbeiten ging und sich anschließend gleich auf den
Heimweg machte. Am Arbeitsplatz tat sie ihren Job – und
damit hatte es sich auch schon. Sie blieb ganz für sich. Sie hatte keine Freunde, war sogar in der Pause allein. Anscheinend
war sie ein absolutes Nichts.«
»Aus ihren Personalunterlagen geht genau dasselbe hervor«,
stimmte Blakemoor zu. »Kein Plus, kein Minus, nichts.« Er
reichte ihr die Akte, und sie blätterte die Unterlagen durch.
»Keine Freunde, keine Feinde«, bestätigte sie. »Keine
Tratschgeschichten. Es ist so, als ob sie in einem luftleeren
Raum gelebt hätte.«
»Und wer hat sie dann umgebracht?« fragte Blakemoor. Als
er diese Frage stellte, tauchte ein anderes Bild vor ihm auf:
Glen Jeffers. Er hatte den ganzen Nachmittag über ihn nachgedacht und war sicher, daß ihm Annes Mann etwas vorenthalten hatte. Dennoch war er schließlich zu der Schlußfolgerung gelangt, daß selbst wenn er Glen gerne aus dem Weg
gehabt hätte – und er redete sich ein, daß das nicht so war –, er
für die Tat nicht in Frage käme. Die Rechnung ging einfach
nicht auf. Wer immer auch die Cottrell erstochen hatte, wäre
blutbespritzt gewesen, und wenn sie geschrien hätte, hätte sie
jemanden im Nachbarhaus aufwecken müssen. Aber wer würde
schon das Risiko eingehen, im Nachbarhaus jemanden zu
ermorden, wenn seine ganze Familie gleich nebenan schlief?
Niemand, dachte Blakemoor. Da war er sich leider verdammt
sicher. Trotzdem wollte er Glen Jeffers um Fingerabdrücke
bitten, und sei es nur aus dem einen Grund, ihn definitiv als
Täter auszuschließen – um klarzustellen, daß er nicht die
Person sein konnte, die verschmierte, aber
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