Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
hockten fünf Gäste, drei davon im dunklen Anzug. Na ja, das war wohl zu erwarten,
wenn eine Kneipe einen billigen Mittagstischanbot. Die Mitarbeiter der umliegenden Büros hatten hier sicher Stammplätze.
»Na, hast du dich erholt?«, knarzte es plötzlich hinter mir.
Ich drehte mich zum Wirt um, dessen Hemd heute grün leuchtete. »Ja, danke. Ich bin gekommen, um den Espresso zu bezahlen.«
»Ach was, der geht aufs Haus. Willst du was essen?«
»Ist ja kein Platz frei«, erwiderte ich und hoffte, dass er die Enttäuschung aus meiner Stimme nicht heraushörte.
»Der Ecktisch wird frei«, sagte der Wirt und zeigte hinüber. Die beiden Männer standen gerade auf.
Ich bestellte eine Apfelsaftschorle und den Reis, suchte mir einen Weg durch die eng stehenden Tische und ließ mich zufrieden
auf einen Stuhl fallen. Während ich Sergeant Pepper dabei half, einen gemütlichen Platz unter dem Tisch, aber nicht auf meinen
Füßen, zu finden, hörte ich plötzlich, was am Nebentisch gesprochen wurde.
»Heute ist sie ja wenigstens sauber. Gestern habe ich sie auf der Straße gesehen, da hatte sie sich anscheinend gerade im
Schlamm gewälzt. Wie ein kleiner brauner fetter Klops.«
Dann wieherten zwei Frauenstimmen in mühsam unterdrückter Lautstärke. Ich spürte, wie ich rot wurde. Es war definitiv falsch
gewesen, hierherzukommen. Jeder Mensch weiß, was für Volk in einer solchen Kneipe herumhängt. Ordinär, billig, primitiv. Am
liebsten wollte ich aufstehen und diesen grässlichen Ort verlassen, aber da kam der Wirt und stellte die Schorle und einen
Teller vor mich hin.
Es war tatsächlich ein Risotto. Zitronenrisotto, wie meine Nase mir meldete. Und es war umlegt mit einem Ring von Spinat,
der einen verführerischen Duft nach Knoblauchverströmte. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Trotzdem beherrschte ich mich. Bevor ich mich ganz dem Essen widmen konnte,
hatte ich noch etwas anderes zu tun.
Das Gespräch über mich hatte am Tisch hinter mir stattgefunden, wo der Wirt die beiden Teller ablieferte, die er auf seinem
breiten Unterarm balanciert hatte: Frikadellen mit Kartoffelsalat. Ich nahm meinen Schminkspiegel aus der Tasche, klappte
ihn vorsichtig auf und warf einen Blick über die Schulter. Zwei Frauen, beide über vierzig, die eine platinblond (gefärbt),
die andere rothaarig (vermutlich ebenfalls gefärbt). Beide modisch auf dem neuesten Stand, zumindest, soweit mein kleiner
Schminkspiegel reichte. Mohairpullover in trendigen Pastelltönen, Ketten aus riesigen Ringen im Siebzigerjahre-Stil. Die,
die mir zugewandt war, trug ein Brillengestell aus der neuesten Kollektion. Nicht mehr ganz so eckig wie die letzten Jahre
und in Violett. Erstaunlich. So viel modischen Chic hatte ich in dieser Kneipe nicht vermutet.
»Mops, bringst du mir noch eine Weinschorle?«, rief die mit der Brille in Richtung Theke.
Mops?
Ihr Blick schwenkte in meine Richtung, schnell nahm ich den Schminkspiegel herunter und ließ ihn in der Tasche verschwinden.
Ich konnte ihr spöttisches Grinsen förmlich in meinem Rücken spüren.
Während ich das Risotto in Angriff nahm, herrschte auch am Nachbartisch gefräßiges Schweigen. Die Damen waren mit ihrer Frikadelle
schneller fertig als ich.
»Ist dein Blog denn nun schon online? Und hast du einen Namen gefunden?«, fragte die eine. Ich schätzte, dass es die Blonde
war, die mit dem Rücken zu mir saß.
Blog? Ich spitzte die Ohren.
»Ja, habe ich. Er heißt Walker-on-the-style-side und ist seit zwei Wochen online.«
Die satte Selbstzufriedenheit war deutlich herauszuhören.
»Oh, Susan, das ist genial!«, kreischte die Blonde. »Der Bezug zu dem alten Song und deinem Namen und alles in einem …«
Es dauerte einen Moment, bis ich den Zusammenhang kapiert hatte, aber dann stellten sich meine Nackenhaare auf. Susan Walker?
Die Rothaarige war die Schnepfe, die mir die unverschämte Absage für meine Bewerbung geschrieben hatte? Und ihr Blog hieß
Walker-on-the-style-side?
Verdammt, ich musste zugeben, dass der Name gut war. Die blöde Tussi, die mich nun schon zum zweiten Mal selbstherrlich abgewatscht
hatte, war ab sofort meine Lieblingsfeindin.
Ich war neidisch. Sie hatte den Job, den ich seit Jahren haben wollte, und berichtete darüber brühwarm in ihrem eigenen Blog.
Das war natürlich viel cooler als ein Blog von einer Stewardess, die über ihre Reisen …
»Hallo, meine Süßen, wie geht es denn meinen beiden liebsten
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