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Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen

Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen

Titel: Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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an der Bar niedergelassen
     hatte. »Ich hab mir schon Sorgen gemacht.«
    »Sorgen?«, wiederholte ich fassungslos.
    »Ich dachte schon, du hättest wieder einen, äh, Unfall gehabt.«
    Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte ich. Mein unsympathischer, aufdringlicher Nachbar redete ständig über mein (nicht
     vorhandenes) Sexleben, und der Wirt der Kneipe, die ich dreimal in meinem Leben betreten hatte, riss Witze auf meine Kosten.
     Ich wollte schon zu einer scharfen Bemerkung ansetzen, als ich das freundliche Zwinkern unter den buschigen Augenbrauen wahrnahm.
     Gegen meinen Willen musste ich grinsen.
    »Ich habe fleißig geübt und kann jetzt schon ganz allein auf zwei Beinen gehen«, entgegnete ich nach ein paar Sekunden.
    Der Wirt lachte. »Wie heißt du?«, fragte er.
    »Lulu.«
    »Moritz.«
    »Nicht Mops?«, fragte ich.
    »Nein«, knurrte er. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich dabei nicht erkennen, aber sein Tonfall klang nicht begeistert.
    »Also, Lulu: Hunger oder Durst?«
    »Beides.«
    »Rosmarinhühnchen mit Sesamkartoffeln und Apfelschorle?«
    Ich nickte eifrig. »Und für Sergeant Pepper   …«
    »Wasser. Schon unterwegs.«
    Moritz brachte die Schorle, bald darauf das Hühnchen und bediente alle weiteren Gäste in unglaublicher Geschwindigkeit, ohne
     jemals gehetzt zu wirken. Ich beobachtete ihn eine Zeit lang und kam zu dem Schluss, dass er einen guten Steward abgeben würde.
     Effizient, bestimmt, aber doch super freundlich. Allerdings natürlich zu groß und zu schwer, von seinem reichlich Furcht einflößenden
     Aussehen ganz zu schweigen. In einer Kneipe war er deutlich besser aufgehoben.
    Das Hühnchen war hervorragend, und gut gesättigt fühlte ich mich gleich deutlich ausgeglichener. Bis ich die Stimme hörte.
     Ihre Stimme. Susan Walker. Seit mein eigener Blog so viel von meiner Aufmerksamkeit verlangte, hatte ich mir ihren nicht mehr
     angeschaut. Ehrlich gesagt, ich hatte sie glatt vergessen. Die Dame befand sich anscheinend gerade in einem Zustand höchster
     Aufregung, wie mir ihre schrille Stimme verriet. »…   aufgeblasene Zicke, die sich für den Mittelpunkt der Welt hält«, giftete Susan. Ich drehte vorsichtig den Kopf und entdeckte
     sie drei Stühle weiter an der Theke.
    »Aber sie ist wirklich originell«, sagte der Mann, der neben ihr hockte. Ihn hatte ich hier in der Kneipe bisher noch nicht
     gesehen, aber sein Gesicht kam mir irgendwiebekannt vor. Vielleicht aus dem Fernsehen? In den letzten Wochen hatte ich das deutsche Fernsehen überhaupt erst wieder kennengelernt.
     Es war nicht so, dass ich vor Begeisterung in die Hände geklatscht hätte, aber anfangs fand ich es doch recht akzeptabel.
     Wenn man weiß, was sich andere Nationen anschauen müssen, ist das deutsche Programm gar nicht so übel. Allerdings wimmelte
     es von Typen wie dem auf dem Hocker neben Susan. Sie moderierten Talkshows, Spielshows, Castingshows oder Info-Sendungen über
     Rechtsfragen. Ihr Stil variierte, aber irgendwie sahen sie für mich alle gleich aus. Solariumsbräune, teure, meist etwas zu
     enge Klamotten, in denen sie sich unwohl fühlten, und alle irgendwie überdreht. Wie nach einem Koffeinschock oder sonstigen
     Modedrogen.
    Der Typ neben Susan allerdings gehörte in die nächsthöhere Kategorie. Er sah verdammt gut aus in seinem maßgeschneiderten
     Jackett mit dem Stehkragen über einem schlichten weißen T-Shirt und einer knappsitzenden Jeans im Used-Look. Used, aber edel, im Gegensatz zu den abgewetzten Jeans meines Nachbardarlings
     Jake, und man musste ganz schöne Klasse haben, um ein Zweitausend-Euro-Jackett so lässig tragen zu können, dass man auch am
     frühen Freitagabend auf einem Barhocker in einer Vorstadtkneipe nicht overdressed wirkte. Er war nicht mehr der Jüngste, machte
     aber mit seinen leicht angegrauten Schläfen einen sehr distinguierten Eindruck. Ich war sicher, ihn schon einmal auf der Mattscheibe
     gesehen zu haben.
    »Das nutzt sich ab«, gab Susan zurück.
    »Das wird sich erst noch herausstellen«, sagte der Stehkragen. »Offenbar stehen die Leute auf ihre Art.«
    »Es gab schon viele Millies, die kamen und gingen«,sagte Susan und kippte sich das halbe Glas Wein in den Hals.
    Jetzt verschlug es mir doch die Sprache.
    Auch der Stehkragen schwieg.
    »Jedenfalls werde ich herausbekommen, wer Millie ist«, sagte Susan Walker mit einer Stimme wie berstendes Eis. »Wenn sie wirklich
     so eine wichtige Persönlichkeit ist, wird sich das leicht feststellen lassen.

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