Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
Sketch. Mein Nothelfer: Bananen. Der Taxifahrer machte
einen kleinen Umweg zum Gemüseladen seines Schwagers, ich kaufte ein Kilo Bananen, aß zwei sofort und nahm eine weitere mit
Honig als Haarkur. In Ermangelung einer Gesichtsmaske versuchte ich die Haarglanz-Mischung auch auf der Haut. Die bewundernden
Blicke meines Begleiters (und weiterer Gäste des Lifestyle-Tempels) gaben mir recht. Aber der Höhepunkt des Abends war sein
Gesicht, als ich ihm mein Geheimnis verriet. Der Herr ist Produktvorstand eines großen französischen Kosmetikkonzerns und
machte bei der Verabschiedung einen sehr nachdenklichen Eindruck.
Sechs
»Haben Sie etwas von Frau Winterberg gehört?«
Stahls Anruf brachte mich aus dem Konzept. Ich war gerade von einem ausgedehnten Spaziergang mit Sergeant Pepper zurückgekommen,
hatte das Telefon gehört und war an den Apparat gestürzt in der Hoffnung, dass es Jasmin sei, die sich seit einer Woche nicht
gemeldet hatte.
»Äh, nein, tut mir leid.«
»Mist. Entschuldigung, ich wollte sagen: Das ist sehr ärgerlich.«
Im Hintergrund hörte ich Lärm und Menschen, die Katalanisch sprachen. Katalanisch? Ach, du Schande. Eine sehr, sehr böse Vorahnung
befiel mich.
»Wo sind Sie?«
»In Barcelona.« Das Geschrei im Hintergrund wurde lauter. »Aber Funk ist nicht hier.«
»Wer?«
»Werner Funk. Der Mann auf dem Foto.«
Meine Knie zitterten so sehr, dass ich mich setzen musste. »Der Betrüger?«
»Genau.« Stahl seufzte. »Er ist nicht wieder in dem Hotel aufgetaucht, in dem er vor einem Jahr war, und die Kollegen von
der spanischen Polizei sind nicht sehr hilfreich.Na ja, ich muss zugeben, dass ich ihnen nicht wirklich viele Anhaltspunkte liefern kann.«
Meine Ahnung war also richtig gewesen. Kommissar Stahl stand in Barcelona und jagte Funk hinterher, von dem er dachte, er
sei erst vor wenigen Tagen in der Stadt gewesen. Mir brach der Schweiß aus. Das war meine Schuld. Ich hatte nicht den Mut
gehabt, ihm die Wahrheit zu sagen. Jetzt verplemperte er seine Zeit in Spanien auf der Suche nach einer Spur, die es gar nicht
gab.
»Und die Frau …«, stammelte ich nach einer Weile.
»Fehlanzeige«, sagte er. »Über sie wissen wir gar nichts. Nicht einmal einen Namen.«
»Glauben Sie, dass sie eines seiner Opfer ist?«, fragte ich.
»Vermutlich.« Er klang enttäuscht.
Ich schluckte, wusste aber nicht, was ich sagen sollte.
Es war eine Zeit lang still. Bis auf den Lärm der Stimmen im Hintergrund. Wo Stahl wohl jetzt gerade war? Es hörte sich nicht
nach Flughafen an. Vielleicht bei den Kollegen von der katalanischen Polizei. Ich versuchte, das Bild zu verdrängen, das sich
vor meinem geistigen Auge allzu plastisch darstellte. Stahl inmitten gut aussehender Katalanen, die mitleidig den Kopf schüttelten
über diesen Deutschen, der einem Phantom hinterherjagte. Ich schämte mich mehr als damals, als ich dem Piloten das Hühnchen
mit Curryreis und exotischen Früchten in den Schoß gekippt hatte. Unbeabsichtigt, natürlich. Trotzdem hatte er Verbrennungen
an besonders sensiblen Körperteilen davongetragen und weigerte sich seither, mit mir zu fliegen.
»Tja. Also, wenn Frau Winterberg sich melden sollte …«
»Natürlich«, entgegnete ich eilig. »Aber ich habe keine große Hoffnung.«
»Nein.« Stahl seufzte. »Ich auch nicht.«
Und wieder hatte ich vergessen zu fragen, wie Stahl auf das Foto in Millies Blog aufmerksam geworden war.
Millie’s Magazine – 24. Juni
Männer, traut euch! Mode muss nicht glitzern, Kosmetik macht nicht schwul.
Den Text setzte ich unter das Foto von vier Männern, die ich im vergangenen Jahr auf der FashionWeek im rumänischen Cluj-Napoca
gesehen hatte. Ich vermutete, dass sie Models waren, aber sicher war ich mir nicht. Immerhin, und deshalb hatte ich das Foto
gemacht, sahen sie aus wie amerikanische Gangster aus dem New York der Zwanzigerjahre. Sie waren zum Niederknien schön – und
dabei unzweifelhaft männlich. Im Gleichschritt kamen sie dem Betrachter entgegen, mit offenen, wehenden Mänteln, Nadelstreifenanzügen,
Taschenuhren, gelackten Frisuren und dem Auftreten von harten Männern in schickem Zwirn, die wissen, dass sich ihnen niemand
widersetzt.
Jasmin, melde dich! Ich schickte die SMS viermal, bevor sie endlich anrief.
»Stahl jagt in Barcelona diesem Betrüger hinterher und findet ihn natürlich nicht«, jammerte ich. »Wir müssen ihm helfen.«
Jasmin lachte. »Warte!«
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