Blondes Gift
ihrem Futon gesessen hatte, dem einzigen Möbelstück, das sie von zu Hause hatte mitnehmen können, und wie sie eine Stunde oder länger auf die schmutzige weiße Wand gestarrt hatte. Während sie sich fragte, ob sie ein Gefängnis gegen ein anderes eingetauscht hatte. Sie hatte mindestens dreiundzwanzig Jahre gebraucht, um die Regeln des ersten auswendig zu lernen.
Am Ende der ersten Woche »gingen sie miteinander«. Er erwartete von ihr, dass sie bis tief in die Nacht arbeitete. Um ihn bei einem speziellen Projekt zu unterstützen, für das er Sondergelder erhalten hatte.
Und wenn er darüber sprach, mit leuchtenden Augen, spürte sie, wie ihr Herz für ihn höher schlug. Es war aber auch ein erstaunliches Projekt. Es hieß »Proximity« – Nähe.
Keine vermissten Kinder mehr.
Keine Entführungen mehr.
Keine Geiseln.
Keine internationalen Fahndungen.
Und eine kleine Stimme in ihrem Kopf hatte gesagt: Ja, und keine Privatsphäre mehr. Aber in den Monaten, in denen sie zusammenarbeiteten, schien der Gedanke an Privatsphäre immer mehr zu verblassen.
Außerdem gab es nichts Vergleichbares.
Supramolekulare Verbindungen, die sich selbst vervielfältigten.
»Proximity.«
Oder, wie sie es nannte, die »Mary Kates«.
Sie sah die Abrechnungen: Da wurde jede Menge Geld in diese kleine Forschungseinrichtung gepumpt, die aus einem halben Dutzend technischer Assistenten, Matt und ihr bestand. Es dauerte nicht lange, und sie wurde stellvertretende Forschungsleiterin, und die Bezahlung war der Wahnsinn, und Matt hatte sogar eine Möglichkeit gefunden, den Magister für sie hinzubiegen. (Sie hätte nur noch anderthalb Semester zu absolvieren gehabt, also hatte sie nicht das Gefühl zu schummeln.) Sie schickte ihrer Mutter Geld, und die ersten Worte, die aus dem Mund ihres Vaters kamen, waren: »Sie geht auf den Strich.«
Und dann entdeckte sie die Dateien, die der Boss ihr nie gezeigt hatte. Versteckte Dateien, auf derselben Festplatte, die sie jeden Tag benutzte.
Er musste sie für dumm gehalten haben. Eines Tages hatte er am Rechner ein Feld offengelassen. Sie konnte es nicht riskieren, das Passwort zu raten, also bestäubte sie am nächsten Morgen die Tastatur dünn mit Talkumpuder. Als der Boss das System öffnete, ließ sie ihn in einen anderen Bereich der Anlage rufen. Dann untersuchte sie die Tastatur. Es war nicht schwer herauszufinden, welche Tasten er getippt hatte. A, S, E, V, N.
Sie dachte einen Moment nach. Evans? Vanes?
Halt.
Ihren eigenen Namen.
Vanessa.
Und was sie sah, als sie die versteckten Dateien öffnete, drehte ihr den Magen um.
4:37 Uhr
Südliche Achtzehnte Straße
N achdem er seine Sporttasche geholt hatte – jetzt hätte ich dich doch beinahe vergessen, Ed, alter Kumpel -, wartete Kowalski draußen auf ein Taxi. Als es vor ihm hielt, musste er lachen. Es war derselbe Fahrer, der ihn letzte Nacht zum Flughafen kutschiert hatte. Der dunkelhäutige Typ, der ständig von der Pauschale geredet hatte. Er fragte sich, ob es eine Pauschale gab für die Gegend, in die Jack Eisley gefahren war. Wir bringen Sie von jedem Nobelhotel im Zentrum zum SM-Schuppen ihrer Wahl.
Dieser Hot Spot war ein echter Knaller: gemeinsame Masturbation. Kowalski hatte die Taxifirma dazu gebracht, den Namen des Fahrers herauszurücken, der zu der Nummer auf der Plakette gehörte, die er von dem Überwachungsvideo hatte. Ein weiteres Telefonat ergab die Handynummer des Mannes. Einen kurzen Anruf beim Fahrer und eine kleine Drohung später hatte er einen Namen und eine Adresse. Und ja, sein Mann, Jack, war noch da. Und hatte in einem der Hinterzimmer seinen Spaß, wie der Fahrer bestätigen konnte. »Er hat mich bestochen, nur um da reinzukommen«, erklärte der Fahrer. »Ich weiß nicht mal, wo er verschwunden ist.«
Als Nächstes rief Kowalski seinen Lieblings-Freak an, einen Burschen namens Sylvester, der wie ein aufgedonnerter Vampir herumlief und in der Bronx lebte.
Von ihm wollte er ein paar Hintergrundinfos. Denn das Letzte, was er brauchen konnte, war, einen Ort wie diesen unvorbereitet zu betreten.
The Hot Spot sei ziemlich zahm, sagte Sly. Hauptsächlich holten sich dort verheiratete Typen einen runter, während sie Frauen dabei zusahen, wie sie mit gespreizten Beinen auf einem elektrischen Sybian saßen. Die Dinger stimulierten die Klitoris mit der doppelten Pferdestärke eines Black & Decker. Die Typen standen drauf. Und die Mädchen liebten es . Stöhnen, reden, schwitzen – aber nicht anfassen.
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