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Blood Empire - Das Blutreich

Blood Empire - Das Blutreich

Titel: Blood Empire - Das Blutreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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mischten sich dazu. Dann bildete sich etwas Konkretes heraus.
    Der Kopf eines Neugeborenen.
    Innerhalb von Augenblicken veränderte sich dieser haarlose Kopf, alterte. Das Gesicht differenzierte sich. Wie im Zeitraffertempo konnte Radvanyi sehen, wie aus den Zügen eines Kleinkindes jene eines jungen Mannes wurden. Sein Äußeres erinnerte Radvanyi etwas an die Darstellungen von Teufels-und Satyr-Gesichtern auf Gemälden der holländischen Schule. An Bilder, die Radvanyi aus einer Zeit in Erinnerung waren, als er sie noch bei Tageslicht hatte betrachten können.
    Das Haar war schwarz und stand stachelig in die Höhe. Der junge Mann trug eine Lederjacke, Jeans und Nietenhandschuhe. Er spielte mit einem Hiebmesser herum, das Radvanyi an die vorne gebogenen Macheten der nepalesischen Gurka-Soldaten erinnerte, wie sie in der britischen Armee dienten.
    Immer tiefer versank Radvanyi in die Wirklichkeit dieses Traums. Ihm war plötzlich klar, dass er etwas Außergewöhnliches erlebte. Dies war keine gewöhnliche Tagträumerei...
    Die Szene wechselte.
    Radvanyi sah sich selbst in einer dunklen Gasse stehen, nur beleuchtet von fahlem Mondlicht.
    Die Schattenrisse der Häuser, die an dieser Straße lagen, wirkten irgendwie eigenartig verzerrt.
    Eine nur als dunkle Silhouette sichtbare Gestalt ging gemessenen Schrittes auf ihn zu. Radvanyi hörte diese Gestalt höhnisch lachen. Etwas hielt der Düstere in seiner linken Hand. Radvanyi spürte Angst in sich aufkeimen. Der in Jahrhunderten geschulte Sinn für Gefahr meldete sich. Panik erfasste den Herrn der New Yorker Vampire. Und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Selbst die Erkenntnis, dass dies ein Traum war half ihm nicht gegen die Übermacht seiner Empfindungen.
    Der Düstere näherte sich. Das Mondlicht beleuchtete jetzt den lang gestreckten Gegenstand in seiner Linken.
    Einen Säbel.
    Der Unbekannte näherte sich weiter, hob den Säbel zum Schlag. Radvanyi stand wie angewurzelt da. Er war nicht in der Lage, auch nur die geringste Bewegung auszuführen. Der Fürst versuchte zu sprechen und sein Gegenüber unter seinen Gehorsam zu zwingen. Es war kaum ein Wesen denkbar, das über eine größere mentale Stärke verfügte als ein über 300jähriger Vampir. Radvanyi öffnete die Lippen, aber nicht einziger Laut war zu hören. Seine Stimmbänder gehorchten ihm einfach nicht. Ein schreckliches Gefühl der Agonie übermannte ihn. Radvanyi konnte sich nicht erinnern, in den letzten Jahrhunderten ein ähnliches Gefühl der Machtlosigkeit und des Ausgeliefertseins empfunden zu haben. Hast du nicht gedacht, dass diese Art von Angst den Sterblichen vorbehalten ist?, meldete sich ein leicht zynischer Kommentator in seinem Kopf.
    Offenbar war das ein Irrtum gewesen.
    Ohnmächtig sah der Fürst die Klinge auf sich zukommen. Sie fuhr ihm einige Zentimeter tief in die Schulter. Blut spritzte und ein höllischer Schmerz durchzuckte Radvanyi.
    Der Unbekannte kicherte, zog die Klinge aus dem Körper des Fürsten heraus. Offenbar wollte er mit Radvanyi spielen wie eine Katze mit ihrer Beute.
    Er holte erneut aus, säbelte Radvanyi mit einem Schlag den halben Arm weg.
    Der Fürst war nicht einmal zu einem Schrei in der Lage. Sein Bewusstsein war in einem völlig gelähmten zur Salzsäule erstarrten Körper gefangen.
    Er versuchte, das Gesicht seines Gegenübers zu erkennen. Aber es gelang ihm nicht, obwohl er normalerweise keinerlei Schwierigkeiten hatte, in der Dunkelheit zu sehen.
    Der Unbekannte stach diesmal zu, stieß seine Waffe dem Fürst in die Brust. Radvanyi spürte, wie das Metall zwischen seinen Rippen hindurch glitt, hinein in sein seit dreihundert Jahren totes Fleisch. Wieder erfasste eine Welle des Schmerzes den Fürst. Vor seinen Augen war es einige Augenblicke lang nur rot. So bemerkte er im ersten Moment den Fremden nicht, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war und ins Mondlicht hinein trat. Es war der junge Mann im Lederoutfit, der ihm zuvor erschienen war. Er hielt eine Schrotpistole in der Hand, hob den Lauf, richtete ihn auf den Kopf des unbekannten Peinigers mit dem Säbel und drückte ab. Radvanyi schreckte aus seiner Vision hoch.
    Wie weggeblasen war die Tagesagonie, die ihn normalerweise um diese Zeit längst erfasst hatte.
    Seine dürren Hände glitten über den kostbar verzierten Bezug des Rokoko-Diwans. Ja, es war nur ein Traum!, meldete sich eine Stimme in ihm. Ein Traum - aber kein gewöhnlicher.
    Radvanyi erhob sich.
    Die Nachricht, auf die er gewartet

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