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Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Titel: Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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zu denken, was alles schiefgehen könnte, legte die Hand auf das Rechteck und wartete auf das scharfe Ziehen in meiner Nabelgegend.
    Es kam nicht.
    Ich sah Clarence an und hob fragend die Schultern. »Bist du dir sicher, dass du die richtige Formel gesprochen hast?«
    »Ganz sicher!« Er wirkte aufgewühlt. »Das weiß ich genau. Versuch's noch mal! Jetzt gleich!«
    »Na schön.« Diesmal probierte ich es mit dem nächsten Symbol, mit dem Dreieck. Wieder nichts. »Keine Chance«, sagte ich. Ich dachte dabei an Rose und daran, dass Johnson garantiert ausflippen würde, wenn ich ohne handfeste Spur ins Motel zurückkehren würde. »Irgendwas stimmt nicht. Irgendwas hast du falsch gemacht.«
    »Versuch noch das letzte Bild«, forderte er. Ich erwartete kein anderes Ergebnis, klatschte die Hand auf das Tic-Tac-Toe-Brett - und wurde von den Füßen gerissen von dem harten Ruck eines unsichtbaren Fadens, der mich runterzog, immer tiefer, direkt ins Brett.
    »Clarence!«, rief ich und packte seine Hand. Zweimal hatte ich dies bereits durchgemacht, mich aber immer noch nicht daran gewöhnt. Wenn ich auf der anderen Seite alles erledigt hatte, könnte ich meinen Arm erneut berühren, das Portal würde sich öffnen, und Clarence könnte mich zurückziehen. Das wusste ich, auch wenn es bisher nicht geklappt hatte; ich hatte die Rückreise beide Male verpasst. Aber ich wusste, wie es im Prinzip funktionierte, denn vom Verstand her war mir das Programm klar.
    Dennoch fühlte ich mich einsam und verloren in diesem Windstoß, der mich durch dunkle, wirbelnde Nebelschwaden und dicke, samtweiche Finsternis trug. Davor hatte ich am meisten Angst. Vor dem Nichts. Der Einsamkeit. Hier fürchtete ich stecken zu bleiben, und als ich auf der anderen Seite gelandet war, war ich nicht viel mehr als ein nervöses Wrack.
    Vor mir geriet die Dunkelheit in Bewegung. Erst waren die Veränderungen kaum auszumachen, aber auch der Nebel wechselte seine Beschaffenheit, und bald vermischten sich beide Bereiche, schneller und schneller, bis sie einen Strudel bildeten, in den ich angesaugt wurde, näher, immer näher, bis ich schließlich mittendurch geschleudert wurde und in blendend weißem Licht auftauchte.
    Ich musste blinzeln, denn ich starrte in einen schier endlosen Himmel. Ich rollte mich herum und entdeckte, dass ich über felsigem Gelände schwebte, in das jemand Gebäude eingemeißelt hatte. Als ich erneut meine Lage ändern wollte, um eine bessere Sicht zu bekommen, gelang mir das nicht.
    Ich schaute - oder versuchte es wenigstens - auf den Ort, wo einer der Teile des Oris Clef versteckt war. Bei meinen beiden vorherigen Ausflügen war ich ohne großes Tamtam direkt im Zielgebiet abgesetzt worden. Diesmal konnte ich nicht einmal einen richtigen Blick darauf werfen. Irgendwie wurde das Relikt geschützt, sogar vor mir und meiner supergeheimen Entschlüsselungshaut. Das war doch das Allerletzte, oder?
    Stirnrunzelnd hielt ich Ausschau nach irgendeinem Hinweis. Denn wenn ich nicht durch das Armportal hinkam, musste ich ja wohl auf die altmodische Methode zurückgreifen und ein Flugzeug nehmen. Nur: Wohin? Gebäude in Felsen gab es zwar nicht überall, aber sie waren auch keine Seltenheit. Ohne konkrete Vorstellung, wo sich der Schlüssel befand, konnte ich womöglich den gesamten Globus abklappern, um meiner Vision auf die Spur zu kommen.
    Das Ärgerliche war, dass ich nichts erkennen konnte. Ich war zu hoch über dem Gelände und hatte auch keinen Bewegungsspielraum. Ich konnte mich nur erneut drehen und wieder in den Himmel starren. Das war alles. Und da mir nichts Besseres einfiel, tat ich genau das. Vielleicht entdeckte ich ja am Firmament einen Hinweis. Aber da war nichts, außer einem hellen Blau, das sich dunkel verfärbte, als die Sonne unterging.
    Die Sterne kamen zum Vorschein, blinkten und funkelten. Ich trieb wie auf einer Wolke dahin. In meinem ganzen Leben hatte ich die Sterne noch nie so klar gesehen. Nach einer Weile jedoch sahen sie nicht einmal mehr wie Sterne aus. Eher wie Entwürfe. Und bald sah ich nur noch einen rechteckigen Ausschnitt des Alls, der aussah wie eine von Hand gezeichnete Karte genau der Sterne, die ich anschaute.
    Irgendwie gruselig.
    Ich versuchte, mir das Bild einzuprägen, aber das war noch nie meine Stärke gewesen, und noch ehe ich einen zweiten Versuch starten konnte, war das verdammte Ziehen wieder da, als würde sich ein Riesenhaken aus meinem Bauch bohren, die Haut um meinen Nabel packen und mich

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