Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
entgegnete sie. »Aber erst muss er sich erholen.« Sie drehte den Kopf von einer Seite zur anderen. Als ihre Halswirbel knackten, stieß sie einen leisen Seufzer aus. »Trotzdem - du hast recht. Ich bin bereit.«
»Ich auch«, erwiderte ich. Ein Glück, jetzt konnten wir also im Programm fortfahren und hier abhauen. Klar war ich begeistert, dass sie uns gerettet hatte - und ja, sie schien auch die zu sein, für die sie sich ausgab. Aber ich war jetzt eine Doppelagentin und schleppte meine von einem Dämon heimgesuchte Schwester mit mir durch die Gegend. Nicht gerade der beste Zeitpunkt, um mit der neuen Kollegin Einstand zu feiern. »Kannst du uns zu meinem Motorrad zurückbringen?«
Ungläubig riss sie die Augen auf. »Willst du mich verarschen?«
»Nein«, entgegnete ich. »Ich wollte nur...«
»Ich glaube, wir müssen beide ein bisschen Dampf ablassen.« Sie verzog den Mund zu einem breiten Lächeln, bei dem ihre perfekten weißen Zähne nur so blitzten. »Und das Häufchen Elend da kann gern mitkommen. Nicht wahr, Süße?«
Rose sah mich an, und ich zuckte mit den Schultern, halb aus Verwirrung, halb als Zustimmung.
»Dann hätten wir das also geklärt.« Kiera drehte sich wieder um, ließ den Motor an und raste vom Parkplatz.
Sie fuhr scheinbar ziellos durch die Gegend und geriet dabei immer tiefer in Viertel hinein, um die ich selbst immer einen großen Bogen gemacht hatte - sogar damals, als ich nebenher noch Drogen vertickt hatte, um meine Kasse aufzubessern. Sie setzte den Pontiac in eine Parklücke vor einem runtergekommenen Lokal, über dem ein Neonschild hing, auf dem Blaue Grotte stand. Aber die einzigen Buchstaben, die in unregelmäßigen Abständen aufleuchteten, waren das G, das O und die beiden Ts.
Ehrlich gesagt hatte ich ja meine Zweifel, ob Gott hier würde essen wollen. Außer er war scharf auf Salmonellenvergiftung und Rattenscheiße im Hamburger. Aber was wusste ich letztlich schon? Wir traten ein und setzten uns in eine der Nischen, Rose und ich auf der einen, Kiera auf der anderen Seite, wo sie uns beide gut im Blick hatte.
Sie hob den Arm, schnipste mit den Fingern und deutete auf den Tisch. Sekunden später brachte uns eine ausgemergelte Kellnerin mit dazu passenden Piercings in Nase und Augenbrauen Wasser und Kaffee. Ich trank einen Schluck, stellte fest, dass der Kaffee gar nicht mal so schlecht war, wie ich erwartet hatte, und lehnte mich in der zerschlissenen Vinylbank zurück.
»Okay, Partnerin!«, sagte Kiera. »Erzähl mal ein bisschen von dir!«
Ich warf Rose von der Seite einen Blick zu. Sie hatte den Ellbogen auf den Tisch und das Kinn auf die Faust aufgestützt und starrte Kiera an. Ich ließ den Blick zu Kiera zurückwandern und zuckte mit den Schultern. »Da gibt’s nicht viel zu erzählen.«
Ungläubig zog sie die Augenbrauen hoch. »So, so«, machte sie, bedrängte mich aber nicht weiter. Stattdessen konzentrierte sie sich jetzt auf Rose. »Wie geht’s dir denn, Kleine?«
Rose senkte den Kopf und murmelte: »Gut. Er versteckt sich.«
»Er?« Kiera sah mich forschend an. »Wer ist er?«
»Vermutlich unser Freund mit den Supersaughänden«, entgegnete ich, und als Kiera den Arm hob, um die Kellnerin heranzuwinken, musste ich mich schwer beherrschen, meiner kleinen Schwester keinen anklagenden Blick zuzuwerfen. Gleichzeitig fragte ich mich, was sie damit wohl hatte sagen wollen. Wieso sollte Johnson verschwinden, sobald diese junge Frau auftauchte? Ich hätte eher vermutet, dass er alles mitkriegen wollte, vor allem, über welche Mittel seine Feinde verfügten. Und so wenig ich auch bisher über Kiera wusste, schien sie doch eine recht gute Ergänzung für Penemues Team zu sein.
Allmählich formte sich in meinem Kopf eine Theorie. »Dann kannst du Dämonen also riechen? Nur Dämonen im Allgemeinen, oder auch einzelne Vertreter?«
Sie trank einen großen Schluck Kaffee, dann ließ sie die Schultern rollen. »Kommt drauf an, wie intensiv der Geruch ist und ob ich dem Arsch schon mal über den Weg gelaufen bin. Der hier«, fügte sie mit einem Kopfnicken in Rose’ Richtung hinzu, »war nicht lange da. Hat sie markiert und sich gleich darauf vom Acker gemacht. Da gibt’s nicht viel zu riechen.«
»Schade.« Ich versuchte, möglichst gleichmütig zu klingen. »Ich hätte schon gern gewusst, welcher Dämon auf sie steht.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Man muss mit dem arbeiten, was man hat.«
Da hatte sie recht. Und ich ging gerade ein paar unausgegorene
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