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Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Titel: Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Theorien durch, die alle zum Ausgangspunkt hatten, dass Johnson verschwunden war oder sich zumindest ganz tief drinnen in Rose verkrochen hatte. Ob er wohl Angst hatte, dass Kiera ihn mit ihrer auf Dämonengeruch spezialisierten Nase erkennen würde?
    Mir fiel wieder ein, was Johnson gesagt hatte: Egal, wo ich bin - ich diene Kokbiel. Immer. Und allmählich wurde mir einiges klarer. In dem kleinen Drama, das wir heute Abend aufführten, mochte ich vielleicht gerade die Rolle als Doppelagentin spielen. Aber ich hatte so das Gefühl, dass diese zweifelhafte Ehre einst Johnson zugefallen war. Vermutlich hatte er damals sogar mit Clarence zusammengearbeitet und so getan, als würde er zu Penemues Team gehören. Und angesichts der Tatsache, dass Penemue derjenige war, dem die prophezeite Meisterin - ich - zugefallen war, lag ich mit meiner Vermutung wohl nicht völlig daneben. Vor allem, wenn man auch noch in Betracht zog, dass Johnson fast die ganze Drecksarbeit geleistet hatte, um mich hierher zu kriegen.
    Johnson war derjenige, der meiner Schwester nachgestellt hatte, bis ich es nicht länger aushielt. Und Johnson hatte mich mit einem Siegerlächeln angestrahlt, als ich den Abzug betätigte und ihm eine Kugel ins Herz jagte.
    Johnson hatte sich Rose nicht ausgesucht, weil er ein Kinderschänder und sie hübsch war.
    Meinetwegen hatte er sie sich ausgesucht. Weil sie mich brauchten. Ich war diejenige, die sterben musste.
    Dennoch - warum ich?
    Hatte ich irgendetwas getan? Oder meine Mutter, mein Vater?
    Ich hatte nicht die geringste Ahnung, und der Gedanke, dass ich vielleicht einfach nur der Hauptgewinn in einer kosmischen Lotterie war, befriedigte mich ganz und gar nicht. Ich brauchte einen handfesten Grund, warum mir etwas so Grauenhaftes zustieß. Ich wollte jemandem die Schuld geben können. Ich wollte irgendetwas Konkretes in der Hand haben.
    Dass ich die Antwort auf dieses Warum vielleicht nie erfahren würde, machte mich echt fertig.
    »Kuchen«, sagte Kiera, als die Kellnerin kam, um uns Kaffee nachzuschenken. »Und Eis. Ich brauche Zucker. Haben Sie Apfelkuchen?« Die Kellnerin nickte, und Kiera sah mich an. »Du auch?«
    »Könnte ich bitte einen Hamburger und einen Milchshake und Zwiebelringe haben?«, bat Rose, was mich daran erinnerte, dass ich ihr seit dem frühen Morgen, als ich sie aus der dämonischen Zeremonie befreit hatte, nur ein paar Süßigkeiten aus dem Automaten im Motel besorgt hatte. Erst rettete ich sie, dann ließ ich sie verhungern. Meine Güte, war ich fürsorglich. Mom wäre bestimmt stolz auf mich gewesen.
    Da ich selbst auch nur von Schokoriegeln gelebt hatte, bestellte ich das Gleiche wie Rose, dann lehnte ich mich zurück, nippte an meinem Kaffee und überlegte, was ich mit meiner neuen Partnerin anfangen sollte. Die rutschte gerade auf ihrer Bank ganz nach innen, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, hob die Beine und ließ die Füße samt Stiefeln auf den Tisch krachen. Die Bedienung, die zwei Tische weiter stand, starrte sie böse an, aber Kiera hob nur lässig die Hand und zeigte ihr den Stinkefinger. Dann drehte sie den Kopf in meine Richtung und sah mich an. »Weißt du, ich versuche wirklich, ein guter Mensch zu sein. Der liebe Clarence hat mir diese Riesenchance gegeben, meinen Kram endlich auf die Reihe zu kriegen, also sollte ich vermutlich auch das liebe brave Mädchen spielen. Aber so bin ich einfach nicht.«
    Ein stämmiger Koch näherte sich unserem Tisch, und sie nahm seufzend die Füße herunter und setzte sich aufrecht hin. »Bei all dem, was wir so tun, frage ich mich schon manchmal, ob das wirklich zur Erlösung führt.«
    Misstrauisch fuhr ich mir mit der Zunge über die Lippen. »Was willst du damit sagen?«
    Sie warf Rose einen Blick zu. Ich nickte. »Schon gut. Sie weiß Bescheid.« Was nicht ganz stimmte. Noch hatte ich Rose das Wesentliche nicht erzählt. Aber unter den gegebenen Umständen hatte Rose die wichtigsten Fakten vermutlich schon längst mitbekommen.
    »Dieses ganze Töten«, fuhr Kiera fort. »Okay, wir bringen Dämonen um, aber ziemlich krass ist es trotzdem. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ja«, erwiderte ich. Schließlich wusste ich genau, wovon sie redete. Gleichzeitig glaubte ich ihr nicht ein einziges Wort. Klar konnte es sein, dass Clarence mich mit einer Partnerin zusammengespannt hatte, die man genauso verarscht hatte wie mich - die glaubte, wenn sie die Bösen bekämpfte, würde Petrus sie freudig an der Himmelspforte begrüßen.

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