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Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Titel: Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Nicht auszuschließen, dass Clarence sich so etwas einfallen ließ. Aber glauben konnte ich das nicht.
    Ich legte den Arm um Rose, zog sie näher zu mir heran und tat so, als müsste ich unbedingt meine Schwester trösten. Eigentlich brauchte ich vor allem ein bisschen Zeit, um mir über Kiera klar zu werden. Sie sah durchaus wie ein Mensch aus, aber wie ich wusste, hatte das nicht viel zu sagen. Der zweite Dämon, den ich getötet hatte, hatte nicht nur wie ein Mensch ausgesehen, sondern auch noch Rose’ große unschuldige Augen gehabt. Und das hatte mich total aus der Fassung gebracht, obwohl nicht das geringste Fitzelchen Menschlichkeit in jener Dämonin gesteckt hatte.
    Und Kiera? Wie war das bei ihr? Ich dachte an meine Hände ... meine Visionen. Ich wusste, ich konnte es herausfinden. Ich musste sie nur berühren und ihr in die Augen schauen. Aber sie würde sofort wissen, dass ich in ihrem Kopf herumstocherte. Ich konnte mich nicht wie ein Dieb in der Nacht in anderer Leute Gehirn einschleichen. Bei mir lief das eher wie ein Überfall ab, und derjenige merkte immer, dass da jemand war.
    Aber irgendwie musste das doch auch anders gehen! Wenn ich eine Möglichkeit finden würde, mich heimlich einzuschleichen, könnte ich Rose viel besser beschützen - und mich selbst auch.
    Und ich könnte endlich die Wahrheit über Deacon in Erfahrung bringen.
    Stirnrunzelnd blickte ich auf den Tisch hinunter; ich fürchtete, man könne mir sonst ansehen, was ich dachte. Tatsache war, dass ich mich reichlich mies - und sogar ein bisschen illoyal - fühlte, weil ich Deacon noch immer auf Distanz hielt. Ohne ihn hätte ich niemals die Wahrheit über Clarence und den ganzen anderen Mist erfahren. Die alte Lily hätte sich Deacon vermutlich, ohne groß zu fragen, einfach angeschlossen.
    Aber die neue Lily war da sehr viel vorsichtiger. Die neue Lily hatte sich heftig die Finger verbrannt und wollte nicht den gleichen Fehler noch mal machen.
    »Erzähl doch mal ein bisschen von dir!«, forderte ich sie auf. Vielleicht würden ein paar Körnchen Wahrheit in dem Blödsinn drinstecken, den sie mir mit Sicherheit auftischen würde.
    Sie griff nach dem Salzstreuer und versetzte ihn in eine kreiselnde Bewegung. »Bei mir lief das wohl ziemlich typisch ab. Ich war arrogant und wütend und durchgeknallt. Habe jede Menge Drogen genommen. Habe angeschafft. Habe Einbrüche verübt - das kann ich echt gut - und alles vertickt, was mir in die Finger fiel. Eines Abends war ich auf Sauftour, bin aber trotzdem gefahren. Irgend so ein Arsch hat mich geschnitten. Ich war sauer und habe Gas gegeben. Ab da weiß ich nur noch, dass sich beide Wagen mehrfach überschlagen haben und ich so ein Knacken in meinem Nacken spürte.«
    Mir wurde bewusst, dass ich den Atem angehalten hatte. »Du bist gestorben.«
    »Das haben sie jedenfalls behauptet. Angenehm war es nicht. Wo ich dann gelandet bin, meine ich.« Ein Schauder überlief sie, und sie wandte den Blick ab. Dann stieß sie den Salzstreuer zur Seite, fuhr sich mit den Händen durch das kurze Haar und fügte hinzu: »Als ich wieder wach wurde, lag ich im Krankenhaus. Clarence saß an meinem Bett und behauptete, ich bekäme eine zweite Chance.«
    »Moment mal«, unterbrach ich sie. »Du bist in deinem eigenen Körper aufgewacht?«
    Sie sah mich an, als käme ich vom Mars. »Äh ... ja.«
    »Und deine Eltern? Deine Freunde?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Meine Eltern habe ich seit meinem fünfzehnten Lebensjahr nicht mehr gesehen, also seit ungefähr zehn Jahren nicht mehr. Meine Freunde treffe ich gelegentlich noch, aber wir haben nicht mehr dieselbe Wellenlänge, falls du verstehst, was ich meine.«
    »Ja«, entgegnete ich und dachte an all die Freunde, die ich verloren hatte. »Durchaus.«
    »Ganz schön irre, oder? Aber du weißt ja, was man so sagt über unergründliche Wege, Hier bin ich also, bereit zum Dämonenklatschen.« Sie streckte die Arme aus, verschränkte die Hände und ließ die Knöchel knacken. »Ich hatte mir dich eigentlich ein bisschen professioneller vorgestellt.«
    Ich hob die Augenbrauen. »Wie bitte?«
    »Ach komm! Dieser Dämon wollte dir gerade das Fell über die Ohren ziehen. Wenn ich nicht rechtzeitig aufgekreuzt wäre, wärt ihr beide nur noch ein Fleck auf dem Asphalt.«
    Da hatte sie nicht ganz unrecht, das musste ich zugeben. »Ich war gerade nicht in Höchstform.«
    »Vermutlich.« Mit einem Kopfnicken deutete sie auf Rose, die interessiert hochgeschaut hatte.

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