Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
erneut über den Wasserlauf. Drüben eilte ich zu Kiera und kniete mich neben sie. »Ich weiß nicht, wie wir von hier wegkommen«, gestand ich Deacon. »Clarence hat die Brücke entstehen lassen, und eigentlich sollte er jetzt wieder eine losschicken. Aber...« Ich beendete den Satz mit einem Schulterzucken. »Wir müssen hier weg. Dabei weiß ich nicht einmal, wo wir sind.«
»In China«, erklärte Deacon. »In den buddhistischen Grotten.«
China. Toll. Jetzt wünschte ich mir wirklich, ich hätte meinen Pass dabei. »Kannst du eine Brücke heraufbeschwören?«, fragte ich hoffnungsvoll.
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nur euer Trittbrettfahrer.«
Stirnrunzelnd nickte ich in Kieras Richtung. »Du hast sie außer Gefecht gesetzt. Du musst sie tragen. Gehen wir.«
Erst als er sie schon hochgehoben hatte, wurde mir bewusst, dass dieses seltsame, leise Brummen immer noch zu hören war, obwohl wir die Steinkrieger vernichtet hatten. »Was ist das? Ist das die Brücke? Taucht sie endlich auf?«
Deacon schüttelte wieder den Kopf. Mir fiel der wachsame Ausdruck in seinen Augen auf. »Nein. Das muss was anderes sein. Los jetzt! Beeil dich!«
Ich ließ mich nicht zweimal bitten. Das Geräusch wurde lauter und lauter, und ich hatte genügend Abenteuerfilme gesehen, um zu ahnen, was als Nächstes passieren würde - jetzt, da wir den Schatz gestohlen hatten, würde uns der Raum um die Ohren fliegen.
Tat er aber nicht.
Nein, was stattdessen geschah, war viel, viel schlimmer. Denn während die Wände unbeweglich stehen blieben, wurde plötzlich unser Weg von einer wirbelnden Masse aus Luft und Energie versperrt. Genau in der Mitte dieses Wirbels steckte mein ganz spezieller Freund, der tätowierte Dämonenkrieger. Und er sah extrem sauer aus.
»Los, komm!« Ich hatte nicht die geringste Vorstellung, was ich tun sollte. Dass gegen diesen Koloss zu kämpfen nicht die beste Idee war, hatte ich schon gelernt. Aber wohin sollte ich fliehen? Die Kräfte, die der Krieger schon bei Kieras Wagen angewandt hatte, hielten jetzt mich im Griff. Ich konnte nicht davonlaufen, mich nicht verstecken, nichts, nur rückwärtsgleiten. Meine Beine gehorchten mir nicht mehr. Ich fiel auf den Bauch und versuchte noch, mich an den Felsen festzuhalten, aber ich pulverisierte nur meine Fingernägel, während mich das Kraftfeld rückwärtszog, immer weiter nach hinten, direkt auf den Koloss zu.
»Deacon!«
»Die Brücke, Lily! Die Brücke!«
Er hatte recht. Jenseits des Wasserlaufs, nur einen guten Meter von mir entfernt, war die Brücke aufgetaucht, ein orangefarbener Zylinder aus Nebel und Licht. Da musste ich rein, mich in Sicherheit bringen. Aber das würde mir nicht gelingen, weil ich in die Arme der Höllenbestie gesaugt wurde.
Deacon war neben mir, Kiera lag vor meinen Füßen. Ich hielt mich an ihr fest, als Deacon sein Messer zückte und mir schon wieder den Arm aufschlitzte.
»Was soll das?«, jaulte ich auf, aber er hörte nicht. Stattdessen schmierte er sich mein Blut über den Arm, nahm die Jadeschatulle, hielt sie mit der blutverschmierten Hand in das Säurewasser und ließ sie volllaufen. Während er auf den Krieger zulief, verschüttete er einige Tropfen, die sofort Löcher ins Gestein fraßen.
Dann kippte er dem Krieger die Säure ins Gesicht. Ich rechnete damit, dass sein Fleisch zerfließen würde, aber er stieß nur ein donnerndes Brüllen aus, das die Wände der Höhle erschütterte.
Dennoch reichte es. Seine Macht über mich war wie weggefegt, und bevor er noch einmal seine geistigen Fühler nach mir ausstrecken und mich in seine Gewalt bringen konnte, schnappte sich Deacon Kiera. Und schon rannten wir beide los, übersprangen den Wasserlauf und stürzten uns durch den Nebel auf die Brücke, die uns wieder nach Hause bringen würde.
Erneut umfing uns Finsternis, und ich konnte nichts mehr sehen oder hören. Dann spürte ich Deacons Körper, der sich fest an mich presste, spürte seine harten, fordernden Lippen, hörte sein Flüstern. »Denk an dein Versprechen!«
Und plötzlich umschlossen meine Finger nicht mehr Deacons, sondern Kieras Hand.
Deacon war fort, und es gab nur noch Kiera und mich und den erfolgreich abgeschlossenen Auftrag.
15
»Gelähmt«, erklärte ich, als ich Kiera in Zanes Büro sanft auf den Boden legte. »Sie wird schon wieder.«
»Wie ist das passiert?«, fragte Zane, und da ich nicht sicher sein konnte, ob und was Kiera mitbekommen hatte, musste ich bei der Wahrheit bleiben.
»Deacon
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