Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
schlug Äste und Zweige aus dem Weg und dachte daran, wie ich Silla hätte schütteln können, als sie sagte, sie wollte die Magie nicht. Aber ich dachte auch daran, wie es war, sie zu küssen, und dass ich so viel mehr von ihr gewollt hatte als nur die Küsse. Wie die Magie zwischen uns gebrannt hatte.
Ich stolperte über eine Wurzel und landete stöhnend auf allen vieren. Meine Handgelenke taten höllisch weh und ich hatte
mir die Knie geprellt. Die Wunde in meiner Hand brannte wie Feuer. Ich blieb einfach liegen und kühlte meine Wange am Erdboden. Feuchte Blätter klebten an meiner Haut und ich atmete die kalte, modrige Erde ein. Der Wind rauschte in den Bäumen und wehte noch mehr Blätter auf mich herunter, so leise und weich wie Schnee. Es roch nach Matsch, nassem Holz und Blut. Nach altem, fauligem Blut.
Ich riss vor Schreck die Augen auf und kam stöhnend hoch. Als ich schützend meine Hand umfasste, spähte ich in die Dunkelheit und die knollenförmigen Schatten am Fuß des nächsten Baumes. Irgendwas war da. Der Kadaver eines Waschbären, tot, die Innereien ausgeweidet. Ich nahm diese Details wahr und begriff, während ich einen sauren Geschmack herunterschluckte, dass dort gar kein Blut war. Ich roch es, aber rund um den Waschbär war nirgends Blut zu sehen. Ich fiel auf den Hintern und kroch panisch rückwärts.
Über mir knackten die Zweige, als ich aufsprang. Ich drehte mich blitzschnell um.
Der ganze Wald knurrte und stöhnte.
Ich rannte, ich rutschte, ich raste auf die Lichter unseres Hauses zu.
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Silla
Die Krähen verfolgten mich bis in die Träume. Ich wurde immer wieder wach und schlug nach schwarzen Schwingen, die sich dann nur als meine Bettdecke entpuppten. Ich schwitzte und keuchte und vergrub das Gesicht in Reeses zerknittertem T-Shirt, um den Heu-und-Ölgeruch zu riechen.
Ich wusste, dass es sonderbar und krank war, aber mitten in der Nacht war mir das egal. Ich konnte so tun, als würde der Duft nie vergehen und als wäre Reese im Zimmer nebenan. Als wäre ich nicht total verrückt.
Ich holte mein Handy. In dem dunklen Zimmer war der blaue Schein des Displays unheimlich. Das Licht fiel auf die Keramik-und Glasflächen meiner Masken, deren leere Augen mich an Nick erinnerten, daran, dass er sie nicht leiden konnte – und daran, wie er mich angeschrien und von sich gestoßen hatte. Sag mir Bescheid, wenn du weißt, wer du sein willst.
Als ich die Nummern durchging, scrollte ich an seinem Namen vorbei zu Wendy. Ich hatte mich noch gar nicht für mein Verhalten bei der Probe entschuldigt. SORRY, DASS ICH DURCHGEDREHT BIN. VERMISSE DICH. DANKE, DASS ES DICH GIBT. Senden?, blinkte mein Handy. Ich drückte auf die grüne Taste. Mitteilung versendet. Um halb drei morgens.
Dann legte ich mich wieder hin und starrte an die Decke. Du weißt, was das alles zu bedeuten hat? Das Blut und so? , hatte Judy gesagt, Es heißt, dass du stark bist.
Ich fühlte mich nicht stark. Ich fühlte mich allein, zu Tode erschrocken. Hilflos. Dad hatte sein Geheimnis bewahrt und mich verlassen. Meine Mutter hatte er mitgenommen. Reese war nicht in der Lage gewesen, es aufzuhalten, konnte den Kampf dagegen nicht gewinnen. Und wenn er gescheitert war, was sollte ich dann ausrichten? Ich wollte das nicht, nichts davon. Ich wollte mein Leben wiederhaben, das von damals, als meine größte Sorge war, ob meine beste Freundin mit meinem Ex-Freund ging oder ob ich die Hauptrolle in unserem Stück bekam. Aber wenn ich mein altes Leben noch hätte, wäre ich selbstverständlich als Lady Macbeth besetzt worden.
Bist du zu feige, derselbe Mann zu sein in Tat und Mut, der du in Wünschen bist?
Hatte ich Angst davor, ein neues Leben anzufangen? Angst vor den Folgen? Wie konnte man sich bewusst für diese blutigen Dinge entscheiden?
Nick hatte es getan. So wie mein Vater. Er hatte sie sein ganzes Leben lang studiert und in Frieden bis zu seinem Tode betrieben, soweit ich wusste. Auch der Diakon hatte es getan. Der Diakon, der mir das Zauberbuch geschickt hatte – auch er hatte dieses Leben mit der Magie gewählt.
Wer war er? Und wo war er? Konnte er uns gegen Josephine helfen? In seinem Brief hatte er behauptet, er hätte mit Dad im Kontakt gestanden, und Dad hätte gesagt, er wäre stolz auf mich. Auf meine Kraft.
Ich war es meinen Eltern und Reese schuldig, am Leben zu bleiben und zu kämpfen. Ich war auch Nick und Judy etwas schuldig. Und Josephine hatte sich zu viel zuschulden kommen lassen.
Doch was war
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