Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
Idee.
Ich schnappte mir ein Sweatshirt und das Handy für den Fall, dass Reese anrief, und öffnete vorsichtig die Tür. Dann schlich ich leise nach unten in die Küche. Ich trank ein Glas Wasser, lehnte mich mit geschlossenen Augen an die Arbeitsplatte und lauschte der nächtlichen Geräuschkulisse. Das Haus knarrte leise und draußen schlug der Wind die Zweige an die oberen Fenster. Derselbe Wind fegte über die Felder, ein Geräusch, das ich immer schön gefunden hatte. Es hörte sich an, als wäre man von Wasser umgeben.
Die Stille wurde von einem ruhigen Gespräch in Grams Fernsehen unterbrochen, und ich wünschte, ich könnte sie um Rat fragen.
Stattdessen stellte ich mir vor, mit Dad am Küchentisch zu sitzen und ihm ein Loch in den Bauch zu fragen. Warum konnten wir so etwas? Warum verwandelte mein Blut welkes Gras in Blumen? Warum brannte ich geradezu von dieser Kraft? Er würde Stift und Papier nehmen und die Antwort aufschreiben, so wie er lateinische Sätze für mich analysiert hatte. Das hatte er früher fast jeden Abend nach dem Abendessen getan, wenn Mom den Tisch abräumte und ihm im Vorbeigehen durch die Haare wuschelte, als wäre sie gar nicht richtig bei der Sache.
Und dann würde Dad mir sagen, es läge daran, dass ich etwas Besonderes war. Mein Blut hatte eine gewisse Macht.
Ich drehte mich zur Arbeitsplatte, stellte mein Glas ab und stützte mich mit beiden Händen auf den kalten, flachen Stein. Die Küchenmesser glänzten an den Magnetstreifen, die an der Wand klebten. Ich nahm eines davon. Der Holzgriff war kühl
und glatt. Außerdem würde ich etwas brauchen, um das Blut zu transportieren.
Meine Kehle wurde trocken und ich musste mehrmals schlucken.
Am gegenüberliegenden Rand seines Feldes hatte Mr Meroon zwischen den Bäumen Kaninchenfallen aufgestellt. Als Reese und ich klein waren, waren wir immer hingelaufen und hatten die Tierchen befreit. Wir stellten die Fallen dann wieder auf, sodass Mr Meroon gar nicht erfuhr, was wir getan hatten. Außerdem ließ er sie meistens an der gleichen Stelle stehen. Selbst jetzt, zehn Jahre später, wusste ich genau, wo ich suchen musste.
Als ich endlich dort ankam, war es bereits nach Mitternacht. Um diese Zeit schliefen auch alle Tiere. Die Zikaden und Frösche hatten aufgehört zu zirpen und zu quaken, nur der Wind rauschte. Meine Stiefel machten harsche, knackende Geräusche im Unterholz, als ich vorsichtig Brombeersträucher und niedrige Farne zur Seite bog, um die Fallen zu finden.
Der dritte lange Kasten, den ich überprüfte, hatte Besuch bekommen. Ich kniete mich davor und legte das Messer und die Tupperdose hin, die ich mitgebracht hatte. Als ich das Holz berührte, zitterten meine Finger. »Aufhören«, flüsterte ich. Es war nur ein Kaninchen. Ein Nagetier. Mr Meroon würde es sowieso töten und ihm das Fell abziehen. Da konnte ich mich ruhig an dem Blut bedienen. Ich legte die Plastikdose auf meinen Schoß und nahm den Deckel ab. Nach jahrelanger Benutzung hatte sich das Plastik verfärbt und gehörte wahrscheinlich in den Müll. Ich dachte daran, wie sorgfältig Mom Reste vom Auflauf hinein gefüllt hatte. Sie mochte es nicht, wenn die Behälter zu voll waren und der Deckel an der obersten Schicht Essen kleben blieb. Selbst ihre Reste sollten gut aussehen.
Doch in diesem mitternächtlichen Waldstück war kein Platz für Erinnerungen an meine Mutter.
Es war kinderleicht, die Falle zu öffnen. Ich packte rasch hinein und zog an einer Pfote, um das Kaninchen aus der Falle zu zerren. Das zottelige braune Tier schnaubte und scharrte mit den Krallen über die Wände der Falle. Ich biss mir auf die Lippe und drückte es mit beiden Händen auf den Boden. Das Kaninchen trat und zuckte mit den Hinterbeinen. Ich suchte mit der rechten Hand nach dem Messer und kam hoch auf die Knie. Mein Herz pochte in meinen Ohren und mein Magen grummelte. Du schaffst das, Silla. Eins, zwei, drei. Ich war wie betäubt und rührte mich nicht.
Das Kaninchen wollte abhauen, und als ich meinen Griff verstärkte, kreischte es auf. Es heulte weiter wie eine Sirene, es schrie und schrie. Ich hatte einen solchen Kloß im Hals, dass ich nicht mehr atmen konnte – ich drückte noch fester, aber es kämpfte weiter. Meine Finger fanden den Messergriff. Ich unterdrückte Tränen der Panik. Konnte ich das wirklich? Mein Magen grollte, es kam mir hoch, im nächsten Augenblick würde ich kotzen.
Ich dachte an Mom und Dad. Sie waren tot. Ich dachte an Reese, der noch
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