Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
schlagartig das Buch los und schlang die Arme um mich.
Ich erwiderte ihre Umarmung. »Wann darf ich dich denn nun zum Essen einladen? Montag? Dienstag?«, fragte ich.
»Mittwoch habe ich keine Probe.«
»Klingt super.«
Jetzt konnte ich endlich das tun, wonach ich mich schon sehnte, seit ich auf den Friedhof gekommen war. Ich hob ihr Kinn und küsste sie. Bei Tageslicht war das ganz anders, zumal meine eigene Magie mir noch in den Ohren rauschte. Es war echter, wie ein Beweis dafür, dass ich nicht geträumt hatte.
Sie lächelte in den Kuss hinein. Ich drückte sie fester an mich und genoss das Gefühl, ihren ganzen Körper zu spüren. Nur das Zauberbuch klemmte noch zwischen uns. Ich wollte mehr.
»Nick.« Schwer atmend löste Silla sich und überließ mir das Buch. »Gram erwartet uns gleich zum Abendessen. Ich muss gehen. Tut mir leid.«
»Und mir erst.« Unglaublich leid.
Ich sah ihr nur ein paar Sekunden nach, als sie ging. Wenige, aber gute Sekunden.
Silla
Um mich herum leuchtete fröhlich der Nachmittag. Als ich über die bröckelige Friedhofsmauer stieg, hörte ich die Singvögel. Sie schnatterten und sangen wie ein beifälliges Publikum zu unserer Magie. Mir war ein wenig schwindelig, von der Magie oder vom Küssen. Ich wusste es nicht, und es war mir auch egal, weil ich vorhatte, in nächster Zeit beides ausgiebig zu genießen.
Als Reese mich ansprach, wäre ich beinahe über meine eigenen Füße gestolpert.
»Hey, Hummelchen, sieh dir das an.«
Ich brauchte eine Sekunde, um ihn zu sehen, weil er an der Forsythienhecke hockte, der Grenze zum Hinterhof. Ich ging neben ihm in die Hocke. »Was?«
»Da.« Er zeigte auf das gelbe Gras. Es war zerrupft und stellenweise konnte man die Erde sehen. »Wenn du dir die Erde als Muster vorstellst, ungefähr so«, er strich in der Luft mit den Fingern darüber, »sieht das dann in deinen Augen wie eine Rune aus?«
»Oh ja! Glaubst du, das ist von Dad?«
»Ja. Sieht aus wie dieser Dreifachstern im Schutzzauber. Und hier, das musst du dir ansehen.« Er stand auf, zog mich mit und stellte sich hinter mich. »Siehst du das vertrocknete Gras direkt unter dem Gebüsch? Ich glaube, es zieht sich um das ganze Haus. Ein Kreis aus vertrocknetem Gras.«
Mir blieb der Mund offen stehen und ich schaute in alle Richtungen. Es war schwer zu erkennen, weil das Gras in dieser Jahreszeit überall dürr war. »Wie hast du das überhaupt gemerkt?«
»Beim Fliegen.« Reese schaute in den Himmel. »Da sah es so aus, als würde sich ein Kreis um unser Haus ziehen. Die Farbe des Bodens war irgendwie anders. Ich habe dir ja gesagt, dass ich die Dinge von oben anders gesehen habe.«
»Geh mal da rum.« Ich zeigte nach Süden. »Ich gehe hier lang. So können wir sehen, ob es noch mehr davon gibt.«
Jetzt, da ich wusste, wonach ich suchte, war es, als läge ein gelber Ziegelsteinweg vor meinen Füßen. Ein goldener Pfad um unser Grundstück. Direkt neben dem Tor zur Einfahrt fand ich einen anderen mit Erde durchsetzten Grasfleck und zeichnete die Rune mit Blicken nach.
Kurz darauf trafen wir aufeinander. Da meine Finger ein wenig zitterten, steckte ich sie rasch in die Tasche. »Ungefähr ein Viertel des Weges zurück habe ich noch eine Rune gefunden. «
»Ich auch.« Reese war ernst. Ganz offensichtlich fand er das ebenso spannend wie ich. »Wahrscheinlich ist das Gras verdorrt, als er starb.«
Ich zuckte zusammen. Er hatte recht. Im Frühling und im Frühsommer war das Gras nicht so trocken gewesen. Mom hätte es gemerkt und sich aufgeregt. »Es sollte uns beschützen«, flüsterte ich und dachte über die Funktionsweise der
Magie nach, um das vertrocknete Gras aus meinem Kopf zu verdrängen. »Wenn es dieselbe Rune wie im Schutzzauber ist, ergibt das einen Sinn. Dad hat das Haus beschützt.«
Reese schwieg, aber ich wusste genau, was er dachte. Nicht gut genug.
18
10. August 1905
Ich habe gemerkt, wie er sie angesehen hat, als wir letzte Woche die Dienstboten ihres Vaters gepflegt haben.
Wir waren wegen eines Ausbruchs von Influenza gerufen worden, derselben Krankheit, die mich beinahe das Leben gekostet hatte – und die doch auch Philip auf mich aufmerksam gemacht hat. Wie immer hatte er vor, sie alle zu heilen, aber ich setzte alles daran, dass er kein anderes Mädchen so entdeckte, wie er mich entdeckt hatte.
Sie war die Tochter des Hauses, das einzige Kind. Miss Maria Foster. Sie brachte uns kalten Tee und Tücher zum Waschen der befallenen Diener. Sein
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