Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
Blick ruhte auf ihren Lippen und ihren langen dunklen Wimpern. Als er ihr dankte, tat er dies mit freundlicheren Worten, als er sie mir je hatte zukommen lassen, und mit einem viel zu langen Händedruck.
Und er konnte sie nicht vergessen. Ich saß neben ihm, kitzelte ihn am Ohr, strich mit den Fingern durch sein Haar und neckte ihn, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Doch er wollte immer nur weiter in sein vermaledeites Tagebuch schreiben. Darin erspähte ich ihren Namen. Da riss ich ihm das Tagebuch aus der Hand und warf es durchs Zimmer. Er hob mich hoch und sagte, mein Verhalten wäre anstößig und widerwärtig. Ich schrie ihn an, er würde mir die sanfte und dumme Anmut eines reichen Mädchens vorziehen, mir, die ich ihm und seinen Geheimnissen treu ergeben wäre.
Er sagte, das würde stimmen. Er bevorzugte ihre Anmut.
Da verließ ich ihn. Ich ging noch in jener Nacht aus dem Haus und kehrte zu ihrer Wohnstatt zurück. Ich wartete, bis sie ans Fenster trat, und sobald ich ihr Gesicht sah, warf ich mich in sie hinein. Mein eigener Körper fiel an die Gassenmauer, aber das kümmerte mich nicht. Ich war Miss Maria Foster. Ich stand auf ihren zwei Stiefelchen, spürte ihr Korsett, ihre Krinoline und atmete durch ihre Lippen in ihre ach so schönen Lungen.
Wer anders behandelt wird, verändert sich. Erst legte mir eine Dienstmagd mein Abendgewand an, dann servierte mir eine zweite das Essen. Man verbeugte sich vor mir und zog mir den Stuhl zurück. Mr Foster tätschelte mir die Hand und Mrs Foster schalt mich, weil ich mir zu viel auf den Teller lud, aber in freundlichem Ton. Und meine neuen Brüder – sie neckten mich, und als wir uns ins Wohnzimmer zurückzogen, baten sie mich, Klavier zu spielen. Natürlich bin ich dazu gar nicht in der Lage, aber ich erklärte mich damit einverstanden, Verse aus einer Gedichtsammlung von Tennyson vorzutragen. Einer der Gäste, die am Abendessen teilgenommen hatten, war äußerst aufmerksam, nahm stets meinen Ellbogen und unterhielt sich mit mir über alles Mögliche. Ich fürchte, ich ließ sie alle mit dem unbestimmten Gefühl zurück, Miss Maria wäre erschöpft, da ich gezwungenermaßen zu den meisten Themen, die angesprochen wurden, nicht viel zu sagen hatte. Es verwundert mich nicht, dass Philip sie gern hat: Sie ist nicht nur anmutig, sondern auch sanftmütig und gebildet. Das habe ich an der Art und Weise ihres Umgangs erkannt. Jeder mag sie.
Als ich mich in die oberen Gemächer zurückzog, war mir so schwindelig, dass ich fürchtete, schwebend aus ihrem Körper zu treten. Rasch brachte ich sie an ihr Fenster, damit ich in meinen eigenen Körper zurückkehren konnte. In der Gasse, auf allen vieren, erbrach ich mich mehrmals und konnte mich eine Weile nicht von der Stelle rühren.
Dennoch bin ich in dieser Woche jeden Tag dorthin zurückgekehrt, um mir Miss Maria Fosters Körper zu borgen. Bisher hat sie noch niemandem von ihren Anfällen geistiger Umnachtung erzählt, aber das lässt sicher nicht mehr lange auf sich warten. Ich muss mich ihrer so lange wie möglich bedienen.
In ihr werde ich von allen bewundert.
19
Nicholas
Dad und Lilith saßen im Patio und tranken Margaritas. Nachdem ich das Zauberbuch hinter ein paar vertrockneten Büschen versteckt hatte, ging ich zu ihnen.
Der Shaker mit den Margaritas leuchtete in der Sonne neongrün. Dazu hatten sie ein Tellerchen mit Limonenschnitzen und Salz bereitgestellt. Soweit ich sehen konnte, starrte Lilith ins Leere, während Dad mit einem Rotstift und einem Textmarker einen Stapel Papiere durchsah. Ich konnte nur hoffen, dass er Zeugenaussagen prüfte und nicht etwa eins ihrer Manuskripte lektorierte oder irgendwas anderes klischeehaft Paarmäßiges für sie erledigte.
»Hey«, sagte ich und massierte mit einer Hand meinen Nacken. Doch die Anspannung, die meinen Schädel zusammenpresste, konnte das auch nicht lösen.
»Nick. Hattest du einen netten Nachmittag?« Dad legte den Stift weg.
»Und was ist mit deinem Wagen?«, fragte Lilith und ließ einen Finger um den Rand ihres Margaritaglases kreisen.
»Ja, war nett, und das mit dem Wagen geht auch klar.« Ich klang gestresst, weil ich Kopfschmerzen hatte. Dabei hatte das mit der Magie nichts zu tun. Es lag an den Erinnerungen, die sich vor meinem inneren Auge abspielten. Mom legt die Finger an meine Stirn und sagt: »Ich verbanne dich aus diesem Körper.« Ein stechendes Gefühl im Bauch, und plötzlich sitze ich auf dem
Fußboden und sehe Mom an, wie sie
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