Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
entspannten sich wieder. Ich glaube, das machte er mit Absicht. Dann stellte er den Kaffee ab, legte die Hände flach auf die Tischplatte und schob sie auf mich zu. Dabei sah er mich wütend an. »Deine Mutter war Magierin.«
»Ja.«
»Im Ernst.«
»Ja.«
»Und du … hast so getan, als wüsstest du von nichts.«
»Das schien mir das Sicherste.«
Als er sich vorbeugte, knackte der Stuhl unter ihm wie das Echo einer Drohung. Bevor er etwas sagen konnte, ging ich dazwischen. »Es war meine Entscheidung, nichts zu sagen, und ich fang jetzt nicht an, mich dafür zu schämen. Also schluck es einfach.«
»Weiß Silla Bescheid?« Er sprach so verdammt leise.
»Ja. Ich habe es ihr eben gesagt. Und sie hat mir das mit euren Eltern erzählt … und alles andere auch.« Ich wollte noch sagen, dass ich mir ungefähr vorstellen konnte, wie er sich fühlte, aber irgendwie war ich mir ziemlich sicher, dass Reese auf mein Verständnis verzichten konnte.
»Verstehe.« Er lehnte sich zurück und stieß zischend Luft aus. »Anscheinend haben wir eine Menge zu besprechen.«
»Äh, dann hole ich mal Silla.« Ich wollte nicht hektisch wirken, aber es war nicht zu leugnen, dass ich vor ihm weglief. Ich hatte keine Ahnung, ob er wirklich locker ließ oder nur auf einen guten Zeitpunkt wartete, um mir eine reinzuhauen. Wie auch immer, ich brauchte Silla als Zeugin.
Silla
»Wow! Was war das denn für eine Aufregung?« Judy lief ins Badezimmer und riss den Spiegelschrank auf. Sie wedelte mit den Händen, als würde sie ohnmächtig, wenn sie stillhielte. »Was für verrückte Vögel! Da zieht wohl ein Sturm auf oder vielleicht gab es ein kleines Erdbeben oder so, das wir gar nicht gemerkt haben. Vögel reagieren auf solche Störungen der allgemeinen Harmonie, weißt du?«
Ich sank auf den Klodeckel und streckte die Hände aus. Die kleinen Kratzer glänzten. Judy kniete sich mit Pflastern, einem Waschlappen, Wattebällchen und der Flasche mit WasserstoffPeroxid vor mich. Dann machte sie den Waschlappen nass und wusch mir den Hals. Ich zuckte zusammen, obwohl es eigentlich gar nicht so wehtat. »Ja, verrückte Vögel«, flüsterte ich.
»Geht’s, Liebes?« Grandma Judy hielt still und sah mich an.
»Nein.« Ich blickte auf sie hinunter. Was wusste ich schon von ihr? Nur das, was sie uns erzählt hatte. Wie ich schon zu Nick sagte, könnte sie auch jemand ganz anderer sein. Sie war direkt nach dem Tod unserer Eltern hier aufgetaucht. Wir hatten uns nicht an sie erinnern können.
Mir wurde schlecht und ich glitt vom Klodeckel, für den Fall, dass es schlimmer wurde.
»Ist ja gut, Liebes, ist ja gut. Ist noch was passiert? Was ist denn eigentlich los?«
Ich legte die Stirn an das kalte Porzellan und schüttelte den Kopf. Ich durfte diesem Gedanken nicht nachgeben. Ich würde durchdrehen, wenn ich glaubte, dass alle um mich herum böse waren. Judy konnte es einfach nicht sein. Wieso hätte sie dann so lange gewartet? Sie hätte uns jederzeit im Schlaf ermorden können, wenn es ihr darauf angekommen wäre.
Der Gedanke war seltsam tröstlich. Ich seufzte und legte mich auf die Fliesen zwischen Toilette und Waschbecken. Dann reichte ich Judy meine Hände, und sie fing an, sie mit gesenktem Blick zu reinigen. So wie sie die Lippen zusammenpresste, war das Thema sicher noch nicht gegessen.
Ich biss mir auf die Lippe, weil das Peroxid brannte, als sie die Wunden mit einem Wattebausch abtupfte. Wie kaltes Wasser brachte es mich einigermaßen zu sich, und es gelang mir, sie zu fragen: »Judy, weißt du noch irgendwas über Nicks Mutter? War da … irgendwas sonderbar?«
Sie setzte sich auf die Fersen, hielt meine Hände in ihren und legte nachdenklich den Kopf schief. Sie hatte ihr silbernes Haar zu einem einzigen Zopf geflochten, der bis auf die Fliesen herabhing. »Da war was, ungefähr …« Judy zog die Stirn kraus und hob den Blick zur Decke. »Ungefähr ein Jahr nach meiner Hochzeit mit Douglas. Wie hieß seine Mama noch mal? Daisy?«
»Donna«, antwortete ich leise.
»Stimmt. Sie und Robbie waren schon ein Weilchen zusammen, bevor ich auf der Bildfläche erschien, aber am Anfang ihres Abschlussjahrs war dann ziemlich plötzlich Schluss. Doug und ich haben uns Sorgen gemacht, weil Robbie viel ruhiger geworden war und sich auf einmal für andere Dinge interessierte. Zum Beispiel wollte er nicht mehr Fußball spielen und hat stattdessen mehr gelernt. Nicht dass er vorher faul gewesen wäre, aber irgendwie kam das doch recht
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