Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
gegen ewige Rachsucht eingetauscht.
Seit der Abreise ihres Vaters trat Dustin Emilia häufiger an. Sie verließ nun auch ab und an zwischen den Mahlzeiten ihr Zimmer und begann, sich mit einer gewissen Neugierde auf dem Anwesen umzusehen. Dustin achtete darauf, dem Mädchen so oft wie möglich wie zufällig über den Weg zu laufen und es in unverbindliche Gespräche zu verwickeln.
Emilia reagierte stets freundlich, verhielt sich aber nach wie vor zurückhaltend und schien alles aus einer sicheren Distanz zu beobachten. Dustin sehnte sich jeden Tag mehr danach, dir Vertrauen zu erlangen und endlich wieder in ihre Augen blicken zu dürfen, doch sie vermied es weiterhin, ihn direkt anzusehen. Es schien Dustin, als wollte sie etwas vor ihm verbergen, als hätte sie Angst, durch ihre Augen zu viel von sich preiszugeben. Außerdem suchte sie nach Ausreden, sobald es darum ging, etwas mit ihm zu unternehmen.
»Willst du denn nicht endlich einmal Florenz kennenlernen?«, versuchte Dustin es erneut, während er neben Emilia über die Steinwege des Anwesens spazierte. »Ich dachte, du interessierst dich für die Florentiner Baukunst. Da wäre es doch eine Schande, wenn du in ein paar Wochen zurück nach England reisen würdest, ohne etwas besichtigt zu haben. Donatello, Brunelleschi, der Dom, San Lorenzo, die Ponte Vecchio und der Palazzo Medici Riccardi ... Du würdest begeistert sein. Ich möchte fast behaupten, du findest nirgendwo auf der Welt so viele interessante und beeindruckende Florentiner Bauten wie hier in Florenz ... «
Emilia lachte auf. »Ach, wer hätte das nur für möglich gehalten?« Dann wurde sie sofort wieder ernst und ließ sich seufzend auf eine kleine Steinbank neben dem Brunnen im hinteren Teil des prächtigen Grundstückes nieder.
Dustin fand, dass sie heute besonders hübsch aussah in ihrem grünen Kleid, das mit weißen und silbernen Rosenranken bestickt war. Das rote Haar trug sie zum ersten Mal offen und es fiel ihr in weichen Wellen über den Rücken und glänzte wie Kupfer in der Sonne. Emilia ließ gedankenverloren ihre schmalen Finger durch die hohen Gräser gleiten. Dustin setzte sich neben sie, sodass sich ihre Knie fast berührten. Emilia rückte nicht von ihm ab.
»Es ist so unglaublich schön hier«, murmelte sie und schloss die Augen.
Dustin musterte sie von der Seite. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so fasziniert von einem Mädchen gewesen zu sein - oder überhaupt von einem Menschen. Denn obwohl Emilia stets in sich gekehrt war, manchmal sogar schwermütig wirkte, hatte Dustin ausgerechnet in ihrer Gegenwart das Gefühl, sich lebendiger als sonst zu fühlen und freier denn je atmen zu können. Emilia war trotz der Melancholie, die sie wie ein trüber Nebel umgab, wie eine frische Brise für sein Gemüt. Seit sie auf Montebello zu Gast war, hatte Dustin kaum mehr düstere Gedanken und auch die Träume von seinem Großvater und dessen vorwurfsvollen Blicken und Worten blieben aus. Er ging jeden Abend mit einem fast schon vergessenen Gefühl von Sorglosigkeit ins Bett und stand am nächsten Morgen so federleicht auf, als wäre er wieder ein kleiner Junge, der nichts wusste von der dunklen Seite des Lebens und seiner Vergänglichkeit und der sich unbeschwert und voller Vertrauen in jeden neuen Tag stürzte, als würde es nie einen letzten geben.
Dustin konnte seine Augen nicht von Emilia wenden und musste sich beherrschen, sich in diesem Moment nicht einfach zu ihr zu beugen und ihre leicht geöffneten Lippen zu küssen.
»Es gibt noch eine Menge anderer schöner Orte hier in der Umgebung, Emilia«, sagte er, um sich selbst von diesem Gedanken loszureißen. »Wenn du mir nur die Chance geben würdest, sie dir zu zeigen ... Ich weiß, du würdest dich sofort in all das verlieben. Und was mich betrifft - ich wäre mehr als stolz, ein so hübsches Mädchen wie dich an meiner Seite zu haben.«
Als Emilia ihre Augen wieder aufschlug, lag Wehmut in ihnen, obwohl sie lächelte. »Dustin, ich weiß deine Bemühungen wirklich zu schätzen. Aber ich möchte nichts beginnen, was nicht weitergehen kann.« Emilia sah ihn plötzlich durchdringend an und sofort begann Dustins Herz unruhig zu klopfen und ein seltsam beklemmendes Gefühl breitete sich in ihm aus. Was machte Emilia nur mit ihm? Was für eine geheimnisvolle Macht übten ihre Blicke aus? Er war sonst derjenige, der Frauen mit seinen ungewöhnlich dunklen Augen aus der Fassung bringen konnte. Bei Emilia verhielt es sich genau
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