Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
her.«
Sarah legte sanft einen Arm um Dustins Schulter. »Manchmal ist es schwer, sich zu erinnern«, sagte sie leise. »Weil es wehtut und weil man lieber vergessen will. Ich kenne das, glaub mir.«
Dustin schob Sarahs Arm fort, aber sie sprach sanft und unerbittlich weiter. »Bitte versuch dich zu erinnern, Dustin, lass es zu, vielleicht liegt dort irgendwo in deiner Vergangenheit doch eine Antwort, die uns helfen, möglicherweise sogar retten kann. Tu es, auch wenn es dir schwerfällt. Erinnere dich, Dustin, für uns.«
Italien, 1893
Dustin und Emilia streiften durch die Weinberge, fuhren nach Florenz, besichtigten Museen und Galerien und machten zwischendurch in den schönsten Cafés der Stadt Pause.
Emilia schien nach ihrem Entschluss, das Leben zu genießen, wie ausgewechselt. Sie blühte förmlich auf, war voller Tatendrang und Wissbegierde, wollte jeden Tag etwas anderes unternehmen. Ihre Augen standen nie still, ständig lechzte sie nach neuen Eindrücken, als müsse sie all das in sich aufsaugen, was sie während ihrer Krankheit und durch die ständige Sorge ihres Vaters verpasst hatte.
Aber sobald sie für sich war oder sich unbeobachtet fühlte, trat wieder dieser seltsam entrückte und schwermütige Ausdruck in ihre Augen und ihr Blick schweifte in die Ferne. Dustin erschien das Mädchen in diesen Momenten fast schwerelos, als sei es nicht mehr mit dieser Welt verbunden. In diesen Momenten fand er sie anziehender und faszinierender denn je. Den Gedanken, sich bald schon von ihr trennen zu müssen, verdrängte er, denn es schien ihm, als sei sein Leben bereits nach diesen wenigen gemeinsamen Tagen auf eigentümliche Weise mit dem ihren verknüpft.
»Was hattest du eigentlich für eine Krankheit?«, wollte Dustin eines Tages wissen. »Du hast es bisher nie erwähnt.« Emilia zuckte kurz zusammen, als schmerzte sie die Erinnerung daran.
»Es ist ... eine seltene Blutkrankheit«, sagte sie zögernd. »Und wahrscheinlich werde ich auch nie wieder richtig gesund, sondern muss mein Leben lang eine spezielle Medizin nehmen. Es war für uns alle nicht leicht, als sich herausstellte, was mir fehlte. Und zu allem Unglück ist zur selben Zeit auch noch meine Mutter gestorben - ein schlimmer Unfall. Jedenfalls ... Mein Vater und ich haben eine schwere Zeit hinter uns und ich bin das Einzige, was ihm geblieben ist. Deshalb sorgt er sich auch so um mich. Er hat ständig Angst, dass mir etwas zustößt oder mich jemand verletzt. Ich glaube, das würde ihm das Herz brechen.«
Dustin nickte und legte sacht eine Hand um Emilias Taille, doch ihre Muskeln spannten sich augenblicklich unter seiner Berührung an. Verstört zog Dustin seine Hand wieder fort.
Er verstand Emilia nicht. In letzter Zeit ließ sie ihn immer häufiger spüren, wie sehr sie seine Nähe genoss. Ab und zu legte sie wie beiläufig eine Hand auf seine Schulter oder sie bat ihn bei Tisch darum, ihr etwas herüberzureichen, und ließ ihre Finger dann wie zufällig die seinen berühren. Doch wann immer Dustin diese kleinen Zeichen als Aufforderung deutete und etwas unternahm, um ihr noch ein Stück näherzukommen, so ging sie auf Abstand. Ihm war, als spielte sie ein Spiel mit ihm, bei dem sie die Trümpfe in der Hand hielt, sich aber die Möglichkeit offenließ, ihn zum Schluss doch noch gewinnen zu lassen.
In Dustin wuchs mit jedem Tag das Verlangen, sie endlich ganz zu besitzen, sie berühren und spüren zu dürfen. Alles in ihm sehnte sich danach, eins mit diesem Geschöpf zu werden, das zu seinem Lebenselixier geworden war, zu seinem Anker und seinem Fluchtweg. Einem Fluchtweg vor all seinen Ängsten.
Am Abend bekam Dustin durch Zufall ein Gespräch zwischen seinen Eltern mit. Die Tür zum Salon stand einen Spalt offen, und als er seinen Namen hörte, blieb er davor stehen, um der Unterhaltung zu lauschen.
»Sie stecken den ganzen Tag zusammen, das ziemt sich nicht«, bemerkte Florence di Ganzoli besorgt.
»Ach was«, erwiderte Dustins Vater. »Emilia ist eine verantwortungsvolle, reizende junge Dame aus bestem Hause. Stell dir nur einmal vor, wenn tatsächlich etwas Ernstes aus den beiden würde ...«
»Gott bewahre! Die beiden sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Und Emilia ... Mit ihren Augen stimmt etwas nicht. In ihrem Blick liegt etwas Beunruhigendes, etwas - ich würde sagen - Überirdisches, Flüchtiges. Das gefällt mir nicht. Ich hoffe, Dustin verliert bald das Interesse an ihr. Sonst geschieht noch ein Unglück
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