Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
befand.
Hatte er den Moment verpasst, als SIE das Gelände überquert hatte? Er konzentrierte sich auf jedes noch so kleine Geräusch, strengte sein menschliches Gehör an, soweit es ihm möglich war. Nein, er hatte sich nicht geirrt. Die Laute kamen nun eindeutig aus beiden Richtungen. Hektische, schnelle Schritte aus dem Wald, vorsichtiges, zögerndes Rascheln von schräg gegenüber.
Dustins Herzschlag beschleunigte sich. Eines war sicher. Sie waren zweifellos zu dritt. Und er war derjenige, der in der Mitte festsaß.
May fuhr hoch. Sie hatte etwas vernommen, jedoch ein ganzes Stück weit entfernt von der Stelle, an der sie Dustin vermutet hatte. Sie hatte geglaubt, er befände sich ebenfalls auf dem Gelände des Steinbruchs, auf der gegenüberliegenden Seite, um dort im Verborgenen auf Sarah zu warten. Aber er schien sich weiter in Richtung Wald aufgemacht zu haben, ohne dass sie es bemerkt hatte.
May fluchte innerlich. Sie hatte einen immensen Nachteil, da ihre Sinne weitaus weniger geschärft waren als Dustins. Er konnte jedes noch so leise Geräusch vernehmen und die Dunkelheit mit seinem Blick durchbohren. Vielleicht hatte er schon von seinem Versteck aus bemerkt, dass May hier war und nicht Sarah, und war daraufhin in die andere Richtung geflohen.
Leise schlich May aus ihrem eigenen Unterschlupf hervor. Ihre Beine zitterten und ihr Herz schlug heftig. Es gab keinen verborgenen Weg, wenn sie Richtung Wald wollte, außer, sie umrundete das Gelände weitläufig - doch dann würde sie Dustins Spur mit Sicherheit verlieren. Sie musste es riskieren, auch wenn sie dann für einen Moment schutzlos war. Sie durfte sich nicht die Chance entgehen lassen, herauszufinden, was Dustin plante.
So leise wie möglich bewegte sich May Schritt für Schritt vorwärts. Sie hoffte inständig, dass sich Dustin nicht plötzlich aus der Dunkelheit auf sie stürzte und sie keine Möglichkeit mehr hatte, sich gegen ihn zu wehren. Wie von selbst griffen ihre Finger nach dem Lederband und dem roten Stein, der sich kühl und glatt in ihre Hand schmiegte. Ihr war, als flüsterte er ihr Mut zu, und sie spürte, dass Simon in diesem Moment bei ihr war, um ihr beizustehen.
Dustins Herz setzte beinahe aus, als er sie im Mondlicht am Rande des Steinbruchs stehen sah. May ... Wieso? Wieso ausgerechnet du?, rief er ihr stumm entgegen. Elizabeth ... Er musste sich beherrschen, um nicht tatsächlich aus seinem Versteck zu stürzen und sie anzuschreien, sie anzuflehen, dass dies ein Missverständnis war, dass sie nichts mit Emilia zu schaffen hatte, dass nicht sie es war, die Sarah in Empfang nehmen sollte, um sie zu Emilia zu locken. Dustin wusste, dass sich in diesem Moment alle seine Befürchtungen bestätigten. Er durfte sich nicht länger etwas vormachen. SIE hatte May aufgespürt und sie auf ihre Seite gezogen - wie auch immer sie das angestellt hatte. Sie war schlau und konnte einen auf eine so überzeugende Art und Weise umschmeicheln, dass man keinen Weg sah, sich ihr zu widersetzen.
Tatsächlich hätte Emilia es nicht geschickter einfädeln können. Sarah kannte May und die beiden standen sich, trotz allem, was zwischen ihnen passiert war, immer noch nahe. Sarah wäre niemals vor May geflüchtet, sie hätte ihr vertraut und wäre ihr blindlings gefolgt - und damit in ihr eigenes Unglück gerannt.
Dustin schauderte. May wusste durch seinen Brief, dass Dustin nicht mehr gefangen war, und Emilia hatte es von ihr erfahren. Dass May hier war, bedeutete aber, dass Sarah trotzdem in Emilias Gewalt gelangen sollte, vermutlich als eine Art Geisel, damit sich Dustin ihr stellte. In ihm drehte sich alles und er musste sich zusammenreißen, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Er überlegte fieberhaft, was er jetzt tun sollte, ohne May aus den Augen zu lassen.
Sie bewegte sich unsicheren Schrittes auf ihn zu. Langsam und zögerlich, so, als hätte sie ... Angst. Ob sie ihn bemerkt hatte? Ob sie ahnte, dass er hier war? Nein, bestimmt nahm sie an, es sei Sarah, die hier irgendwo auf ein Zeichen von ihm warten sollte, wie es in dem falschen Brief gestanden hatte.
Dustin wusste, dass er schnell handeln musste, auch wenn es ihm widerstrebte. Er durfte May nicht ungeschoren davonkommen lassen. Sie war zu einer lebensgefährlichen Bedrohung geworden. Für ihn und für Sarah. Er musste sie überwältigen, musste sie, wenn nötig, sogar ... töten.
Dustins Puls raste und er spürte kalten Schweiß auf seiner Stirn, als er sich bereit zum
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