Blood Target: Thriller (German Edition)
Gepäckband stehen, bis nur noch wenige Passagiere übrig geblieben waren, die nervös darauf warteten, dass ihre Koffer sich wie von Zauberhand durch den schwarzen Gummivorhang schoben, und nur zögerlich die Tatsache akzeptierten, dass ihre Reise schon jetzt, bevor sie wirklich begonnen hatte, ruiniert war. Ein kleiner Reisekoffer hatte schon drei Runden hinter sich, bevor Victor vernehmlich die Luft ausstieß und ihn an sich nahm. Darin waren ein paar wenige Kleidungsstücke und Toilettenartikel, aber er ging nicht davon aus, dass er den Kofferinhalt jemals benutzen würde. Ganz egal, wie das Treffen mit dem unbekannten Makler ablaufen würde, es würde nicht den ganzen Abend dauern. Victor hatte den Koffer aus einem anderen Grund dabei.
Er passierte die Zollkontrolle, hielt den Kopf gesenkt und die Schultern abwehrend hochgezogen, wich jedem direkten Blickkontakt aus. Ein Beamter, der allem Anschein nach vom Leben im Allgemeinen ebenso gelangweilt war wie von seinem Job, winkte ihn zu sich. Er durchsuchte Victors Gepäck und schnüffelte in jedes der zahllosen, winzig kleinen Fläschchen mit Shampoo und Rasierbalsam. Da jedoch absolut nichts von Interesse zu finden war, winkte er Victor mit einem tiefen Seufzer weiter. Enttäuschung und Resignation waren ihm deutlich anzusehen.
Als Victor auf der Rolltreppe in die Schalterhalle hinunterschwebte, waren dort nur noch neun Passagiere aus seinem Flugzeug zu sehen. Der Rest hatte sich bereits in alle Richtungen zerstreut, trank Kaffee, stand am Taxistand an, war auf dem Weg zu einem parkenden Auto oder bestieg gerade einen Bus oder eine Bahn. Die anfänglich vermutlich dichte Menge der Wartenden war auf genau vier Personen geschrumpft. Zwei davon hielten Namensschilder in die Höhe. Zu Anfang waren es wahrscheinlich etliche Dutzend gewesen. Die unerbittliche Wirkung der Schwerkraft hatte dafür gesorgt, dass die Schilder höchstens noch auf Brusthöhe gehalten wurden.
Victor ignorierte die beiden anderen. Falls Muirs Informationen korrekt waren, hatte Kooi weder den Makler noch einen seiner Verbindungsleute je persönlich getroffen. Also konnten Kooi und die Kontaktperson einander nicht erkennen.
Eines der Schilder wurde von einem Mann gehalten, das andere von einer Frau. Der Mann war ungefähr vierzig, trug einen Anzug, einen Mantel und eine Halskrause und würdigte Victor keines Blickes. Akute Enttäuschung, die vor nicht allzu langer Zeit noch hoffnungsfrohe Nervosität gewesen war, hatte sich in seine Gesichtszüge eingegraben. Victor hatte keine einzelne Frau beim Gepäckband entdeckt, daher würde der Mann wohl kaum demnächst in strahlendes Lächeln ausbrechen.
Als die wartende Frau Victor sah, richtete sie sich ein wenig auf und hob das Schild über Schulterhöhe. Es war eine Weißwandtafel und gehörte einer Taxifirma. Mit dem Namen, der in dicken schwarzen Großbuchstaben darauf geschrieben worden war, konnte Victor nichts anfangen. Er war ganz zweifellos in einer der gelöschten E-Mails, die Muirs Team nicht mehr hatte rekonstruieren können, zwischen Kooi und dem Makler vereinbart worden. Oder er hatte für Kooi eine besondere Bedeutung, die es ihm ermöglichte, den Abholer zu identifizieren. Schon jetzt machten sich die ersten Informationslücken bemerkbar. Victor war klar, dass es nicht die letzten sein würden. Vorerst ohne negative Konsequenzen. Das konnte sich aber noch ändern.
Im Gesicht der Frau machte sich Erleichterung breit, aber keinerlei Anzeichen des Wiedererkennens. Auf der Tafel stand kein Vorname. Entweder hatte man ihr einen genannt, sodass sie wusste, dass sie einen Mann in Empfang nehmen sollte, oder man hatte es ihr gesagt. Sie trug eine ausgewaschene Bluejeans, Schuhe mit flachen Absätzen und ein schlabberiges, kariertes Hemd, das ihr bis über die Hüften reichte. Lange dunkle Haare hingen ungewaschen und zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden unter einer Truckermütze hervor. Sie hatte blasse Haut, war einen Meter siebzig groß und wog wohl an die sechzig Kilogramm. Victor schätzte sie auf Ende dreißig. Sie wirkte ein wenig müde und überarbeitet, aber durchaus attraktiv, obwohl sie relativ ungepflegt war und weite Kleidung trug, um ihre Figur zu verschleiern.
Die Frau deutete auf den Namen auf dem Schild, dann auf den näherkommenden Victor und dann wieder auf das Schild.
Victor nickte.
Sie wollte seinen Koffer nehmen, doch Victor schüttelte den Kopf. Sie zuckte mit den Schultern und führte ihn mit schnellen
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