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Blood Target: Thriller (German Edition)

Blood Target: Thriller (German Edition)

Titel: Blood Target: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wood
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    Victor verließ die Limousine. Es war kalt. Der Wind zerrte noch kräftiger an seinem Jackett. Am Himmel war ein Düsenflugzeug zu hören. Als er die Tür zuklappte, musste er an den Scharfschützen denken, der rund hundert Meter weiter links auf dem Boden lag. Er benutzte zweifellos ein Zielfernrohr mit Wärmebild, auf dem Victor als greller weißer Umriss vor einem schwarzen Hintergrund zu sehen war. Victor selbst bevorzugte Schwarz vor weißem Hintergrund, aber er wusste, dass er damit in der Minderheit war. Eine Kugel aus einem Hochleistungsgewehr würde etwas über drei Hundertstel Sekunden brauchen, um die Strecke zwischen dem Schützen und Victor zurückzulegen, die durch den Schuss ausgelöste Schallwelle mehr als doppelt so lange. Victor würde den Schuss nicht einmal hören. Wenn der Schall sein Trommelfell erreichte, war er bereits tot. Er würde nicht einmal erfahren, dass überhaupt ein Schuss gefallen war. Er würde einfach sterben. Gerade noch am Leben, keine Sekunde später bereits tot.
    Eigentlich gar kein so schlechter Abgang, bei Licht betrachtet. Er wusste das besser als die meisten.
    Doch der glatzköpfige Fahrer blieb im Wagen sitzen, und Victor wusste, dass er noch eine Weile am Leben bleiben würde. Hätte Leeson dem Scharfschützen den Schussbefehl gegeben, dann wüsste der Fahrer Bescheid und wäre nicht im Auto sitzen geblieben. Von dort hätte er ja nichts gesehen. Er wäre ausgestiegen. Um zuzusehen.
    Als Victor die Todeszone durchschritt, sah er, dass Francesca zu ihm blickte. Hätte sie von einem Hinterhalt gewusst, sie hätte nicht freiwillig zugesehen, ganz egal, was er ihr zugefügt hatte. Sie besaß weder die große Vorliebe für die Gewalt wie der Fahrer noch Victors vollkommene Distanziertheit.
    Er setzte sich auf die Rückbank des Saab, wieder hinter sie. Sie rieb sich die Kehle. Die Beschwerden würden noch ein paar Tage anhalten. Dann starrte sie ihn im Rückspiegel an.
    »Wie ist es gelaufen?«, erkundigte sie sich, nicht, weil es sie interessierte, sondern weil er sie nervös machte und ein Gespräch immer weniger angsteinflößend war als Schweigen.
    »Geben Sie mir Ihr Handy.«
    Sie zögerte, verwirrt und verängstigt. »Wieso?«
    »Weil ich eine Pistole habe und Sie nicht.«
    Francesca starrte ihn noch eine Weile an, dann drehte sie sich zur Seite und zerrte das Handy aus der Halterung am Armaturenbrett. Zögerlich betrachtete sie es. Victor wusste genau, was sie dachte. Er sagte nichts, weil es nicht nötig war.
    Schließlich drehte sie sich doch herum, blickte Victor an und hielt ihm das Handy hin, indem sie es mit Daumen und Zeigefinger an einer Ecke festhielt und ihm die gegenüberliegende Ecke entgegenstreckte. So konnte sie größtmöglichen Abstand zwischen ihrer Hand und seiner wahren. Sie wollte ihn auf keinen Fall berühren.
    »Danke«, sagte Victor.
    »Gern geschehen.«
    Sie hatte ganz automatisch geantwortet, höflich, so wie sie es von frühester Kindheit an gelernt hatte. Selbst in dieser Situation, in Gegenwart eines Menschen, der sie beinahe umgebracht hätte, entkam sie dieser Konditionierung nicht.
    Das Telefon war sauber und ohne Gebrauchsspuren. Die durchsichtige Schutzfolie klebte noch auf dem Display. Als es aus dem Ruhezustand erwachte, war der Standardbildschirm der Telefongesellschaft zu sehen. Der Passwortschutz war nicht aktiviert. Er sah die Anrufliste durch. Nur eine Nummer. Viermal gewählt. Der letzte Anruf hatte neun Sekunden gedauert und hatte vor acht Minuten stattgefunden, wenige Augenblicke, nachdem er das Taxi verlassen hatte. Der erste war vor drei Stunden gewesen, die anderen beiden dazwischen. Er aktivierte die Lokalisierungs-App.
    Francesca beobachtete ihn im Rückspiegel, während sie sich vorsichtig den Hals massierte.
    Victor deaktivierte die App wieder, versetzte das Display in den Ruhezustand und streckte ihr das Handy mitsamt dem Autoschlüssel auf einer Hand entgegen.
    Sie sah ihn misstrauisch an, vermutete eine Falle. Ihre Wachsamkeit war vollkommen berechtigt, jetzt, wo sie wusste, wozu er fähig war. Allerdings hatte sie in diesem speziellen Moment nichts zu befürchten.
    »Nehmen Sie«, sagte er.
    Francesca drehte sich zu ihm um und griff mit den Fingerspitzen nach dem Schlüssel. Rasch zog sie ihre Hand wieder zurück. Als er keine Anstalten machte, sie festzuhalten, hielt sie kurz inne, dann holte sie sich auch das Handy. Sie betrachtete es misstrauisch.
    »Sie können unbesorgt sein«, sagte er. »Ich habe nichts

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