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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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fünf des Scargill-Gebäudes besucht. Bei späterer Gelegenheit gaben Sie als Ausrede an, Sie hätten ihn irrtümlich für eine Vorlesung über die Gefängnisreform in Sierra Leone gehalten.«
    Purefoy Osbert schluckte mit trockenem Hals. Die Frau klappte das Buch zu und legte es auf den Schreibtisch zurück. »So war es«, gab er zu. »Es war wirklich ein Versehen.« »In der Woche darauf kamen Sie wieder. Würden Sie das bitte erklären?«
    Purefoy sah sich in dem Zimmer um und suchte nach einer passenden Antwort. »Ich wollte nur ...«, fing er an und brach wieder ab.
    »Sie wollten nur was? Sie wollten nur lernen, wie man masturbiert?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Purefoy wütend. »Das ist unerträglich.«
    »Unerträglich? Was meinen Sie mit unerträglich?« fragte die Frau, wobei sie wieder in ihren harten Akzent verfiel. »Sie leiden also nicht an von Klubhausens Syndrom mit die haarige Hände?«
    »Herrgott im Himmel«, sagte Purefoy, dem der Angstschweiß ausbrach und der allmählich dachte – sofern er überhaupt noch denken konnte –, daß er verrückt wurde. Davon überzeugte ihn die nächste Frage.
    »Sagen Sie, Dr. Osbert, erzählen Sie mir von Ihrem Interesse an Klitorisbeschneidung. Hatten Sie jemals persönlich Erfahrungen damit gewonnen?«
    »Was?« schrie Purefoy, und einen Augenblick lang sah es so aus, als bekäme nun auch die Frau Bedenken. »Was haben Sie gesagt?«
    »Sie haben mich doch verstanden«, fuhr sie ihn an. »Beantworten Sie die Frage.«
    »Persönlich?« brüllte Purefoy. »Wie zum Teufel sollte ich persönlich Erfahrungen mit Klitorisbeschneidung gemacht haben? Ich hab nun mal keine Klitoris, großer Gott.« »Jawoll, da ist was dran«, gab die Frau zu und wechselte zu Lubjanka 1948. »Nachhärr natürrlich nicht märr, aber vorhärr ...«
    »Nachher? Vorher?« schrie Purefoy. »Zu keiner Zeit hätte ich eine Klitoris haben können. Ich bin keine Frau.« »Sind Sie nicht?« sagte die Frau skeptisch. »Sie besuchen Abendkurse über klitorale Stimulation und Beschneidung an Frauen und sind keine Frau? Das werden wir in einer anderen Phase der Untersuchung überprüfen.«
    Purefoy hätte am liebsten gesagt, das könne sie auch sofort prüfen, überlegte es sich aber anders.
    »Also«, sagte die Frau, »wann haben Sie Mrs. Ndhlovo zuletzt lebend gesehen?«
    Purefoy Osbert wurde ganz elend. »Heißt das, sie ist tot?« stammelte er.
    Die Frau erhob sich. »Sie müßten doch wissen, Dr. Osbert, in welchem Zustand sie sich befand, als Sie sie zuletzt sahen. Lebte sie da noch, Dr. Osbert? Oder war sie schon ... Na schön, ich werde die Frage umformulieren.« Sie brach ab und schwieg eine halbe Minute lang. Purefoy kam es länger vor. So etwa wie eine halbe Stunde. »Nun?« fuhr sie ihn plötzlich an. »Wie lautet Ihre Antwort?«
    Purefoy blinzelte. »Worauf?« fragte er schwach. »Sie sagten, Sie wollten die Frage umformulieren.«
    »Die Frage umformulieren, Dr. Osbert? Warum sollte ich das tun?« Purefoys Finger krallten sich in die Rückenlehne des Sofas. Mehr konnte er nicht tun, um die Realität in den Griff zu bekommen. Als wäre das alles noch nicht genug, bildete er sich ein, daß er in einem hinteren Zimmer der Wohnung jemanden schluchzen hörte. »Ich habe keine Ahnung, warum Sie sagten, Sie wollten die Frage umformulieren«, sagte er. »Woher soll ich das wissen? Ich wußte ja gar nicht, um welche Frage es ging.« »Wirklich raffiniert«, sagte die Frau. »Ihre ausweichenden Antworten sind psychologisch interessant. Offensichtlich haben Sie sich auf genau diese Art Befragung vorbereitet. Und die Blumen sind auch von einer gewissen Bedeutung. Die haben Sie als Hinweis darauf mitgebracht, daß Sie nicht wissen, was geschehen ist? Ist das korrekt?«
    »Stimmt nicht. Ich habe sie für Mrs. ...« »Falsch«, fauchte die Frau, deren blasse Augen hinter den Brillengläsern glitzerten. »Falsch. Es wird Zeit, daß Sie sich den Realitäten stellen.« Sie stieg von ihrem Stuhl, begab sich zur Schlafzimmertür, und einen Augenblick lang schöpfte Purefoy Hoffnung.
    An der Tür blieb die Frau stehen und sah ihn noch einmal an. »Kein schöner Anblick«, sagte sie mit belegter Stimme. »Drei Wochen bei aufgedrehter Zentralheizung und geöffneter Kühlschranktür sind alles andere als hübsch. Aber Sie kennen sich ja aus, was die Verwesung angeht, die einsetzende Verflüssigung, sobald ...«
    Purefoy war aschfahl geworden und schwitzte heftig. »Um Himmel willen, bringen wir es

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