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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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nichts, was sich zu stehlen lohnt, sonst hätten wir es schon verkauft«, sagte er zu dem Kaplan, der Kudzuvines mutmaßliche Gehirnerschütterung oder den Schädelbruch mit Cognac zu behandeln versuchte. Kudzuvine wollte keinen. Er lag da und stierte den Kaplan aus glasigen Augen an. »Und nun machen Sie schön den Mund auf, mein Lieber«, sagte der Kaplan. »In Maßen genossen, ist einem das Gift von Nutzen, wie die liebe Marie Lloyd immer gesagt hat.« »Irgendwie habe ich nicht den Eindruck, daß er Rémy Martin mag«, sagte der Praelector, der selber nichts gegen einen Drink einzuwenden hätte.
    »Welcher Remmi Demmi?« nuschelte Kudzuvine. »Was ist Sache? Was geht hier vor?«
    »Nichts geht hier vor. Sie hatten bloß einen kleinen Unfall und sind gestürzt ...«
    Kudzuvine dachte scharf nach. »Das nennen Sie einen kleinen Unfall? Von ’ner Herde beschissener Mönche zu Tode getrampelt werden? Das nennen Sie klein?« »Das ist lediglich ein Ausdruck für ... nur ein kleiner Euphemismus, eine Untertreibung. Kein Grund, sich aufzuregen.«
    Kudzuvine schaute böse. »Deswegen muß man sich nicht aufregen? Sie machen wohl Witze. Und ’ne Untertreibung war’s auch nicht. Es war eine beschissene Untertreibung. Sind Sie schon mal zu Tode getrampelt worden, und zwar von ’ner ...« »Ja«, antwortete der Kaplan mit erstaunlicher Autorität. »Genauer gesagt: Ich habe als Rugbystürmer im Gedränge gesteckt, wenn Sie wissen, was das heißt, und man hat oft genug auf mir herumgetrampelt. Wegen so etwas muß man nicht so ein Gewese machen. Sie sind offensichtlich Amerikaner.« »Ich bin Bürger der größten Supermacht auf der Welt«, bestätigte Kudzuvine. »Das bin ich. Ein dort geborener und aufgewachsener Bürger der größten Supermacht der ganzen gottverdammten Welt, und stolz darauf, das könn’ Sie mir glauben. Wir können es mit dem ganzen Kackrest von euch aufnehmen und euch erledigen, ohne Scheiß.« »Mir fällt dazu ein, daß Ihnen das in Vietnam ganz besonders gut gelungen ist«, warf der Praelector ein, der in der Normandie an Land gegangen war und nicht vergessen hatte, daß seine Einheit bei Falaise von Fliegenden Festungen bombardiert worden war. »Eine höchst beeindruckende Vorstellung. Brillante Strategie, und was für hervorragend disziplinierte Truppen und Generäle, aber andererseits hatten Sie es nur mit kleinen Männlein zu tun, denen keine Flugzeuge zur Verfügung standen. Ich wage zu behaupten, wenn Sie von denen so schwer bombardiert worden wären wie die Vietnamesen von Ihnen ...« Er überließ es Kudzuvine, den Vergleich zu beenden. »Was reden Sie da für ’n Scheiß? Vietnam? Teufel auch, wir hatten keine Chance. Diese Scheißkerle sind so klein, die kann man nicht aufspüren und umbringen, und sie vermehren sich wie die Fliegen.«
    Der Kaplan meldete sich mit einem anderen Cognac zurück, diesmal mit einem Hine. »Dieser hier wird Ihnen bestimmt schmecken«, erklärte er, mußte sich aber belehren lassen, er solle das Dreckszeug wegnehmen, denn er, Kudzuvine, sei Amerikaner, Antialkoholiker und Abstinenzler aus Bibliopolis, Alabama, und das könnten sie ihm glauben. »Aber das tun wir ja«, behauptete der Praelector. »Wenn Sie uns jetzt einfach Ihren Namen nennen würden?« »Wozu?« erkundigte sich Kudzuvine streitlustig. Einen Augenblick lang war der Praelector versucht zu sagen, sie brauchten ihn für seine nächsten Verwandten, wählte dann aber die taktvollere Variante. »Wir wollen einfach nur gut Freund sein und ...«
    »Scheiße!« rief Kudzuvine. »Mich zu Tode trampeln, als ob ich ein bekackter Iraki oder so was wär, und dann wollt ihr gut Freund sein? Fickt euch doch ins Knie!« »Ich merke schon, das wird schwierig«, befand der Praelector, der einen anstrengenden Tag hatte und auf Beleidigungen mittlerweile allergisch reagierte.
    »Ich verstehe nur nicht«, sagte der Kaplan, der sich den Cognac mittlerweile selbst einverleibt hatte, »was die Iraki mit totgetrampelt werden zu tun haben.«
    »Man darf wohl davon ausgehen, daß es sich darauf bezieht, wie die weltgrößte Supermacht Planierraupen benutzt hat, um die armen Teufel in ihren Schützengräben zu beerdigen«, sagte der Praelector und goß sich ein Glas Rémy Martin ein. »Da haben Sie verdammt recht. Diese Drecksäcke wußten nicht, wie ihnen geschah«, sagte Kudzuvine. Der Ausdruck in den Augen des Kaplans wie des Praelectors ließ vermuten, etwas Ähnliches könne jeden Moment Kudzuvine selbst ereilen,

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