Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)
Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und verschiedenen Organisationen treffen und ihre unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen austauschen. Sie informieren auch immer wieder öffentlich und stellen ihre Erkenntnisse anderen zur Verfügung, die dann wieder damit arbeiten können.
Außerdem gibt es die Charta der Vielfalt , eine Initiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen. Eines dieser Unternehmen, das ich beispielhaft nennen möchte, ist die Commerzbank. Die hat sogar ein eigenes Diversity-Portal, das Mitarbeiter und ihre Partner nutzen können. Hier ein Zitat aus der Commerzbank-Homepage:
»Vielfalt hat für uns eine herausragende Bedeutung. Denn die Commerzbank ist auf Menschen angewiesen, die ihre unterschiedlichen Talente, Erfahrungen und Sichtweisen leistungsstark und motiviert dem Unternehmen zur Verfügung stellen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an einem Arbeitgeber interessiert, der ihre Persönlichkeit schätzt. Deshalb arbeiten wir in der Commerzbank an einer Unternehmenskultur, in der jeder ein wertschätzendes und damit produktives Umfeld findet. Nur so können wir das entscheidende Ziel verfolgen: die Commerzbank voranzubringen. (...) Ein Klima der Offenheit und gegenseitiger Respekt sind damit entscheidende Voraussetzungen für unseren Geschäftserfolg. Diversity begreifen wir als eine gemeinsame Aufgabe, der sich Unternehmensleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen annehmen. Wir begleiten diesen Prozess aktiv mit Projekten und Maßnahmen ...« Das sind für mich wirklich gute Ansätze.
Bei Rehability , meinem Reha-Fachhandel, der mich spontan und flexibel beschäftigte und goldrichtig einsetzte, fand
ich auch tolle Bedingungen. Im Vorfeld machte ich im Büro meines Vaters ein zweiwöchiges Praktikum. Das war etwas schwierig, denn ich musste dort immer in den zweiten Stock hochkrabbeln. Kein Aufzug und ein Treppenhaus so eng wie der Hausflur einer Mäusefamilie. Ich musste mich also ganz schön durchkämpfen und war dabei ganz auf mich allein gestellt. Um mein Leben zu managen, musste ich zu jeder Zeit kreativ sein. Andererseits hat mich das sicher auch oft gerettet, denn ich ging einfach los und kam am Ende doch immer weiter, so als hätte es einen Ratgeber gegeben.
Die Zeit bei Rehability war gut, denn es war auch viel Sport mit im Spiel. Wir planten Veranstaltungen mit unseren Kunden und hatten untereinander ein tolles Teamgefühl. Ja, das Team hat viel auf die Beine gestellt. Es gab viele, viele Erfolgserlebnisse, die auch für mein späteres Leben prägend waren. Und es ging dort nicht einfach nur um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme! Ich hatte Lust zu arbeiten, ich wollte etwas schaffen und mir stand der Sinn nach Erfolg. Mit meinen Einschränkungen hätte ich, wäre ich nicht so motiviert gewesen, sofort sagen können: »Ich hab keinen Bock mehr. Vergesst es einfach. Ich mache gar nichts mehr. Ich leg mich hier auf die faule Haut.« Heute bin ich sehr froh, dass ich das nicht gemacht habe. Ich war ja auch so jung, voller Energie, die ich rauslassen wollte. Ich wollte etwas tun, das nachhaltig ist und bei anderen positive Eindrücke hinterlässt. Mit Menschen hatte ich sowieso schon immer gern zu tun. Außerdem war ich der erste »Azubi« bei Rehability . Diese Premiere war für uns alle etwas Besonderes.
Ich war schlussendlich acht Jahre dort. Drei Jahre Ausbildung, dann noch fünf Jahre im Anschluss. Danach wechselte ich in den Musikpark nach Mannheim, zu einer Event-Agentur.
Nach weiteren drei Jahren ging ich dann in eine private Arbeitsvermittlung nach Wiesbaden, die ich aber nach einem Jahr wieder verließ. Ich konnte es am Ende nicht mehr vertreten, Bewerber zu vermitteln, die mir erzählen wollten, dass sie eigentlich nicht mehr arbeiten könnten, weil sie ein Rückenleiden hätten. Ich dachte, ich sei der Behinderte?! Und dann gab es auch noch eine weitere Gruppe aus einigen, die zwar komplett gesund, aber ohne jede Motivation waren.
Nach dieser Zeit war ich dann für zwei Jahre in einem Kunstprojekt beschäftigt. Als dort die finanziellen Mittel ausblieben, wechselte ich 2010 zu einer Darmstädter Eventmarketing-Agentur und wurde der Pressesprecher des Darmstädter Schlossgrabenfestes.
Ich habe während meiner Berufstätigkeit nie Arbeitslosengeld beantragt, auch wenn ich mal zwischendurch zwei Wochen ein Beschäftigungsloch hatte. Ich hätte sicher staatliche Unterstützung bekommen, ja. Aber das wollte ich
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