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Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)

Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)

Titel: Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Sitzmann
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Mobilitätsservice – geschafft hat, in den Zug zu steigen, dann findet man dort speziell ausgewiesene Plätze, die man im Vorfeld reservieren kann. Der Platz für den Behinderten ist ohne Sitz, der Sitz gegenüber für die Begleitperson vorgesehen. Nach diesem Prinzip müsste ich also die ganze Fahrzeit in meinem Rollstuhl sitzen bleiben. Ich will es mir aber auch gerne gemütlich machen, und das geht nur auf einem Sitz. Also sitze ich in der Regel auf einem der beiden Plätze der Begleitpersonen, die zum Glück meistens frei sind. Hier wäre jedoch eine Service-Erweiterung wünschenswert, da immer mehr Menschen mit Handicap verreisen und sicher auf längeren Strecken ebenfalls einen komfortablen und gepolsterten Sitz ihrem eigenen Rollstuhl vorziehen.

    Unser Erlebnis im DB-Reisezentrum ließ Max keine Ruhe, und so schleifte er mich und den Rollstuhl zu einem weiteren Reiseexpertenbüro. Dort hing ein großes Plakat, das eine Radreise am Bodensee anpries.
    »Super!«, fand ich sofort, denn ich war schon mal am Bodensee und dort ist Radwandern eine prima Sache.
    »Jeden Tag zwischen 39 und 60 km«, las Max vom Plakat ab und grinste, »das strampelst du doch auf einer Pobacke weg.« »So ist es!«, bestätigte ich lachend. Und jede Nacht in einem anderen Hotel – auch das fand ich spannend.
    »Sind die Unterkünfte behindertentauglich?«, wollte ich von dem Berater wissen.
    »Da muss ich mal im Katalog nachschauen«, meinte der Mann etwas verhalten, und schon startete der nächste Beratungsmarathon. Der Reisebüro-Angestellte wusste zunächst einmal gar nichts über die Reise, für die doch vor seiner Tür so groß geworben wurde. Also blätterte er in dem Katalog des Reiseveranstalters und versank für einige Minuten darin, während wir dasaßen wie bestellt und nicht abgeholt. Man muss dem Mann zu Gute halten, dass er sich bemüht hat und alles sehr sorgfältig las. Auf unsere Frage nach der Behindertentauglichkeit konnte er uns allerdings trotzdem keine Antwort geben. Auch ein Anruf beim Reiseveranstalter brachte keine neuen Erkenntnisse. Man müsste noch mal bei jedem einzelnen Haus nachfragen, sieben an der Zahl, lautete schließlich die Auskunft. Das hätte er sogar für mich übernommen – was hier den Namen »Service« wirklich verdient. Ich hielt es aber letztlich für sinnvoller, das selbst zu tun, weil ich nun einmal die richtigen Fragen stellen kann. Aber noch bevor ich zum Hörer greifen konnte, ergab sich die nächste Schwierigkeit. Es stellte sich nämlich die Frage, wie behindertengerecht denn die gesamte Reise sei: Würde es einen Gepäcktransfer geben, und wenn ja, wäre der im Angebot enthalten? Denn mein Rollstuhl müsste ja jeden Tag irgendwie ins nächste Hotel geschafft werden. Weil ich neben meinem Handbike auf der Reise natürlich auch den Rollstuhl dabei hätte. Ich kann ja schließlich nicht mit dem Fahrrad ins Hotelzimmer radeln ... Ja, einen Gepäckservice gebe es, erklärte man mir. Aber – großes ABER – man könne leider nicht sagen, wann das Gepäck – und somit der Rollstuhl – in der nächsten Unterkunft ankommt, weil die Route des Gepäck-Shuttles vorgeplant sei und die Koffer zum Teil erst später am Abend im Hotel ankommen würden. Wenn ich selbst aber schon am frühen Nachmittag im nächsten Hotel einträfe, hätte ich ein Problem.
Ich müsste ein paar Stunden in meinem Fahrrad sitzen bleiben und bei Wind und Wetter auf meinen fahrbaren Untersatz warten. Und wenn ich mal für kleine Königstiger müsste, wäre das natürlich ebenso äußerst schwierig. Da witzelten Max und ich, dass man mich dann eben mit einer Sackkarre ins Zimmer bringen müsste. Der Typ hat kurz geschmunzelt, aber im Grunde hat er das Problem sehr ernst genommen. Ich glaube, dass er sich bis zu diesem Moment keine Gedanken über diese Problematik gemacht hat. Es gab wahrscheinlich nie den Anlass. Aber nun, hatte ich das Gefühl, war ihm klar geworden, dass auch Menschen mit Handicap in ihrem Urlaub gern aktiv sein wollen und man dies stärker berücksichtigen sollte. Zwar hat er auf die Konzeption der Reise wahrscheinlich keinen Einfluss, aber er ist auf das Problem aufmerksam geworden. Also: Einer mehr im Boot!

    Klar war eine Sache: Wenn nur eines von den sieben Hotels nicht behindertengerecht ist, scheitert die ganze Reise. Und so war es auch. Denn es handelt sich ja um ein Pauschalangebot mit festgelegten Hotels. Man könnte höchstens, um das betreffende Hotel zu überspringen, an einem

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