Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)
Tag 120 km fahren. Vom beschriebenen Streckenprofil her wäre das auch kein Problem. Aber 120 km sind schon eine ordentliche Etappe, die sicher nicht jeder einfach so schafft.
Eine Alternative in Form von einer Behindertenreise hat der Herr im Reisebüro uns nicht angeboten. Konnte er nicht, denn dass es hierfür spezielle Anbieter gibt, war ihm gänzlich unbekannt. Seine Wissenslücke war so groß, da hätten Max und ich samt Rollstuhl durchgepasst. Man kann es ihm nicht übel nehmen.
Was tun? Auf ins Internet! Hier findet man ein paar Anbieter für Behindertenreisen, nur fällt sofort auf, dass diese speziellen Reisen um ein Vielfaches teurer sind als »normale«. Zum Beispiel kann ich zwei Wochen Mallorca mit Halbpension zum Schnäppchenpreis von 500 bis 600 Euro buchen. Bei Anbietern, die sich auf Reisen für Menschen mit Handicap spezialisiert haben, kostet mich das hingegen schnell mal fast 3.500 Euro. Gut, da ist sicherlich die eine oder andere Zusatzleistung dabei, aber das rechtfertigt für mich keinen Preisaufschlag von gut 3.000 Euro.
Wer sich vom Onlineangebot ein Bild machen möchte, dem empfehle ich folgende Adressen:
Gute Tipps bietet www.myhandicap.de – ein für Menschen mit Behinderung generell nützliches Portal, da es für viele Alltagsfragen und -probleme Lösungen aufzeigt oder Ansprechpartner benennt. Im Informations-Bereich gibt es hier ein ausführliches Kapitel über barrierefreies Reisen.
Wer international reisen will, klickt sich am besten auch mal durch die Seite der Mobility International Schweiz ( www.misch.ch ); dort finden sich viele hilfreiche Informationen, Datenbanken und Adressen. Wer keinen Internetzugang hat – soll’s ja auch noch geben –, kann dort auch anrufen und seine Fragen in einem Callcenter loswerden.
Einen guten Überblick über internationale Reisen für Menschen mit Behinderungen aller Art verschafft man sich auf www.behindertenreisen.de . Weitere Anbieter und Serviceadressen findet man über www.vdk-reisen.de/Reisebuero/behindertenreisen.htm und www.reiselinks.de/behindertenreisen.html . Eine Spezial-Agentur für barrierefreies Reisen ist zum Beispiel www.behindertenreisen-cm.de . Außerdem gibt es einen Hotelführer für Rollstuhlfahrer mit dem Titel Handicapped Reisen im Handel.
Ebenfalls nützlich – nicht nur bei der Reiseplanung, sondern auch bei kleinen Ausflügen – ist die Seite www.wheelmap.org : Diese Internet-Karte gibt Aufschluss darüber, wie behindertengerecht ein bestimmter Ort ausgestattet ist. Jeder kann ohne Registrierung selbst Orte eintragen und nach dem Ampelprinzip (grün = behindertenfreundlich, rot = nicht barrierefrei) eine Wertung abgeben. Die Angaben sind zwar nicht immer zu 100 Prozent zuverlässig, ermöglichen aber zumindest eine Grundorientierung. Dass jeder ohne große Umstände mitmachen kann, hilft sicher, das Netz an barrierefreien Orten zu vergrößern.
Ich selbst bin schon viel rumgekommen, bei einigen »Behindertenreisen à la Sitzmann«. Am besten aufgehoben fühlte ich mich in New York. Dort gibt es kaum Schwellen auf den Straßen und nahezu jedes Café und Restaurant hat eine erreichbare Toilette. Auch in Oslo bin ich sehr gut zurechtgekommen. Mein dortiges rollstuhlgerechtes Zimmer hat den Namen wirklich verdient. Es hatte ein riesengroßes Tanzsaal ähnliches Bad, eine ebenerdige befahrbare Dusche, überall Haltegriffe und ein riesengroßes Doppelbett mit ausreichend Platz an den Seiten, um überhaupt heranfahren zu können. Denn was bringt mir ein Kingsize-Bett, wenn ich rechts und links nur 50 cm oder noch weniger Spielraum habe?
In meinem Hotel in Oslo hatten die Architekten wirklich mitgedacht – und trotzdem kostete das behindertengerechte Zimmer nicht mehr als jedes andere. Komfort und gleiche Preise sind also möglich. Schade nur, dass das immer noch kein Standard ist!
Es gibt leider noch viele Länder, in denen Behinderte zwar gesellschaftlich integriert oder sogar inkludiert sind, die aber auf der baulichen Ebene erhebliche Mängel aufweisen. Dazu zähle ich alle an Deutschland angrenzenden Länder: Österreich, Schweiz, die Niederlande. Entweder sind die Bauten zu alt oder sie stehen unter Denkmalschutz, weil historisch bedeutsam, sodass es schwierig ist, entsprechende Umbauten zur Erleichterung der Zugänglichkeit für Behinderte vorzunehmen. Zum Vergleich: In Kanada werden solche Umbauten durchaus möglich gemacht. Ich war einmal in Nova Scotia, im Dunstkreis von Halifax, wo wir eine
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