Blow Out (German Edition)
wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.«
»Aber weshalb Brooks? Immerhin war er der ranghöchste Militär an Bord der Independence. Sie mussten doch davon ausgehen, dass er über alle Facetten von Projekt Morgenröte Bescheid wusste.«
»Wäre es nach mir gegangen, hätten wir sofort unsere Zentrale in Genf benachrichtigt.« Er atmete schwer. »Ich wurde überstimmt. Xavier und Claude zweifelten ihre eigenen Daten an. Sie waren der Überzeugung, die Messinstrumente seien defekt. Sie wollten keine voreiligen Schlüsse ziehen, um nicht als Idioten dazustehen. Xavier machte schließlich den Vorschlag, Brooks aufzusuchen, um ihm die Daten zu präsentieren und seine Reaktion darauf zu beobachten.«
Und dann erzählte Roman Leuthard die Geschichte dieses verhängnisvollen Tages, die sie bereits aus der Akte kannten. Allerdings aus etwas anderer Perspektive.
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Erstaunlich emotionslos berichtete Leuthard, wie er gemeinsam mit Xavier Rochas und Claude Chevallier in jener verhängnisvollen Nacht Chief Warrant Officer Marcus Brooks aufgesucht hatte. Wie aus heiterem Himmel Marines auftauchten und einer von ihnen Rochas und Chevallier tötete. Wie er floh und schließlich gestellt und in den Abgrund gestoßen wurde.
Eine Weile herrschte betretenes Schweigen, schließlich ergriff Emma das Wort: »Was ist mit River Maddox? Sie haben ihn bisher nicht erwähnt. Wie passt er ins Bild?« Sie wandte sich an Corinne Leuthard, die stocksteif dasaß, die Hände im Schoß verkrampft. »Corinne, Sie erwähnten vorhin, River Maddox habe eine bedeutende Rolle in dieser Sache gespielt.«
Leuthards Tochter sah ihren Vater an, als wartete sie auf sein Einverständnis, antworten zu dürfen. Schließlich sagte sie: »River und ich … wir waren ein Paar. Wir lernten uns zwei Monate, bevor das Projekt startete, bei einer von Mettrack organisierten PR -Veranstaltung in New Orleans kennen. Zu diesem Zeitpunkt absolvierte ich gerade mein Auslandsemester in den Staaten und nutzte die Gelegenheit, Vater zu besuchen.« Sie senkte die Stimme. »Es war Liebe auf den ersten Blick, aber Vater war nicht gerade begeistert von River. Er war ihm nicht gut genug.«
»Du hattest etwas Besseres verdient als einen Taucher.«
»Das Thema ist durch, Vater.« Sie sah Emma an. »River hat alles versucht, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Vergeblich. Sie haben es selbst gehört, River war ja nur ein Taucher .«
»Du standst kurz davor, deinen Abschluss zu machen, Corinne. Was auch immer zwischen euch war, es wäre nicht von Dauer gewesen.«
»Was weißt du schon«, blaffte sie ihn an. »Auf jeden Fall hätte sich River nie auf diese Sache eingelassen, hättest du ihn akzeptiert.«
»Er war alt genug, um zu wissen, was er tut.«
»Du hast River doch nur benutzt.«
»Was genau tat River Maddox denn für Sie, Dr. Leuthard?«, fragte Emma rasch, um das Thema auf die sachliche Ebene zurückzuführen.
»Maddox war einer von acht Tauchern an Bord der Independence und zuständig für die Wartung und die Reparaturen aller unter Wasser liegenden Komponenten wie Pfeiler, Pipelines oder Kabel. Er hat uns Beweise für unsere Theorien geliefert, an die wir ohne ihn nie herangekommen wären.«
»Beweise welcher Art?«, wollte Nick wissen.
»Maddox war es, der die nicht registrierte Pipeline entdeckte, die zur Verklappung des Kohlendioxids diente. Sie führte von einer Verteilerstelle in etwa 150 Metern Tiefe unterhalb der Independence über 200 Kilometer weit in den Golf von Mexiko hinaus. Am Ende dieser Pipeline befanden sich Auslassventile, über die das Kohlendioxid einfach in die Wassersäule abgelassen wurde.«
»Davon stand nichts in der Akte«, stellte Emma fest. Sie sah Nick an. »Hast du etwas darüber gelesen?«
Er schüttelte den Kopf. »Über Maddox stand praktisch überhaupt nichts drin.«
»Das wundert mich nicht«, sagte Leuthard. »Maddox unterstand Brooks, und der wollte Maddox’ Part an der ganzen Misere natürlich so weit wie möglich herunterspielen, um selbst nicht wie ein Idiot dazustehen.«
Emma fiel etwas ein: »River Maddox hatte sicherlich Zugang zum Wartungs-U-Boot und zum Hangar, richtig?«
»Selbstverständlich. Weshalb fragen Sie?«
»Nun, in der Akte befinden sich eine Menge Fotos einer Überwachungskamera. Sie tragen alle ein unterschiedliches Datum und unterschiedliche Uhrzeiten und zeigen stets nur den leeren U-Boot-Hangar.«
»Ach, die Fotos, richtig. In der Tat
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