Blow Out (German Edition)
natürlich«, seufzte Leuthard, ging jedoch nicht weiter auf den Taucher ein, der Corinne Leuthards Worten nach zu urteilen eine wichtigere Rolle gespielt hatte als im Vorfeld angenommen. »Das Ganze ist natürlich kein Nullsummenspiel. Bei der Sequestrierung wird ein Methanmolekül, je nach Umgebungsdruck, durch drei bis fünf Kohlendioxid-Moleküle ersetzt.«
»Also kann die im Meeresboden deponierbare Menge an Kohlendioxid bis zu fünf Mal größer sein als die im Gegenzug geförderte Methanmenge?«, hakte Nick nach.
»Korrekt. Nur müssen zwei wesentliche Punkte stimmen, damit die Reaktion funktioniert: Die Thermodynamik, die bestimmt, welches Gleichgewicht sich zwischen Edukten und Produkten einstellt, und die Kinetik, die bestimmt, wie lange es dauert, bis dieses Gleichgewicht erreicht wird.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen noch folgen kann«, sagte Emma und blickte erneut hilfesuchend zu Nick.
»Ich glaube, ich weiß, worauf Dr. Leuthard hinauswill«, sagte Nick. »Liege ich richtig, wenn ich behaupte, der Austausch von Methan und Kohlendioxid läuft nur sehr langsam ab?«
»Sehr langsam?« Leuthard sah sie wieder mit seiner grinsenden Totenkopffratze an. »Eine Schnecke ist eine Rennmaus dagegen. Nun ja, vielleicht nicht ganz, aber ein besserer Vergleich fällt mir spontan dazu nicht ein. Außerdem ist für den Sequestrierungsvorgang ein sehr hoher Energieaufwand vonnöten, der Geld verschlingt und natürlich von der Rendite abgeht.«
»Allmählich verstehe ich«, sagte Nick. »Mettrack konnte Methanhydrat nicht in den Mengen fördern wie gewünscht. Die Förderraten hingen davon ab, wie schnell man den Austausch von Methan und Kohlendioxid in den Lagerstätten hinbekam. Dies aber ging Mettrack zu langsam vonstatten und war zudem teuer. Unter Umständen wäre eine korrekt durchgeführte Sequestrierung unter dem Strich nicht einmal rentabel gewesen. Also hat Mettrack nach Lösungen für dieses Problem gesucht und dafür zu illegalen Mitteln gegriffen.«
Wieder deutete der gelähmte Mann ein Nicken an. »Mettrack investierte Milliarden in Projekt Morgenröte. Ohne zu übertreiben kann man sagen, das Überleben des Konzerns hing davon ab, die Sequestrierung zu optimieren und somit die Förderraten drastisch zu erhöhen.«
»Aber wie? Worin liegt der Trick?« Emma konnte es kaum erwarten, endlich den Grund dafür zu erfahren, weswegen Rochas, Chevallier und Maddox sterben mussten. »Was haben Sie entdeckt, Dr. Leuthard? Weswegen hat man Ihnen das angetan?«
Die Lippen des Greises bebten. »Die Lösung war so einfach wie dreist. Sie stand von Anfang an vor unserer Nase, aber wir waren blind. Vermutlich weil sich niemand eine derartige kriminelle Energie vorstellen konnte. Zumal die Vereinigten Staaten an diesem Projekt beteiligt waren.« Er sah von einem zum anderen, bevor er endlich mit der langersehnten Wahrheit herausrückte. »Mettrack verklappt in großem Stil illegal Kohlendioxid im Meer, anstatt es ordnungsgemäß einzulagern. Damals wie auch heute noch.«
80
Emma glaubte sich verhört zu haben, aber Nick fiel buchstäblich aus allen Wolken. »Wie bitte? Illegale Verklappung von Kohlendioxid? Das … das ist …«
»Ein Verstoß gegen so ziemlich alle gültigen internationalen Abkommen, Gesetze und das internationale Seerecht«, beendete Leuthard den Satz für ihn.
»Das ist ungeheuerlich!« Nick sprang auf und ging erregt auf und ab.
»Es ist vor allem ein Verstoß gegen das OSPAR -Abkommen von 2007«, ergänzte Emma. »Darin wird das Verbot der Verbringung von Abfällen auf See geregelt. Laut diesem Abkommen ist die Verbringung von Kohlendioxid in geologische Formationen unterhalb des Meeresbodens gestattet, die Verbringung in die offene Wassersäule hingegen verboten.«
»Unglaublich«, murmelte Nick.
»Glauben Sie es ruhig, junger Mann. Exakt so wie Sie haben auch wir reagiert, als wir uns schließlich unserer Sache sicher waren.«
»Kohlendioxid ist ein starkes Treibhausgas«, sagte Emma, »so viel ist mir klar und auch, dass Mettrack mit der Verklappung gegen internationale Abkommen verstößt. Aber worin genau liegen die Gefahren dieser Verklappung?«
Leuthard räusperte sich. »Die Einbringung großer Mengen Kohlendioxid in die Wassersäule zieht massive ökologische Folgen nach sich. Der pH-Wert des Wassers verändert sich um bis zu mehrere Einheiten, das Meer versauert, und ganze Ökosysteme sterben ab.«
»Nicht zu vergessen«, fügte Nick grimmig hinzu, »dass sich
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