Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
waren.
Nach allem, was sie bisher wussten, hatte Multi Gen Pharma nahezu
ausschließlich mit ausländischen Angestellten aus aller Herren Länder
gearbeitet, was die Sache nicht gerade einfacher machte. Das war auch der
Grund, weshalb sie immer noch nicht alle der zweihundert Opfer der Explosion
vor einem halben Jahr identifiziert hatten.
Als er zögernd an den dritten Sarg trat, war er etwas ratlos.
„Naumann? Dem fehlt das linke Ohr.“
„Sie kennen den auch? Sein Ohr wurde ante mortem entfernt. Das können
Sie hier wunderbar erkennen.“ Dr. Bode zeigte auf das getrocknete Blut, das
sich überall um den Toten herum befand. „Sie meinen, er oder sie haben dem
armen Kerl das Ohr abgeschnitten, als er noch lebte, und ihn dann in diese,
diese Kiste gesteckt?“ Entsetzt starrte Beate auf die Stelle, an der sich
einmal ein Ohr befunden hatte. Ihr reichte es für heute. „Ich muss mal an die frische
Luft.“
„Geh nur, geh nur. Ich bin gleich draußen.“ Diese seltsame Grabkammer
kostete sie alle ganz schön Nerven. Auch Pfeifer würde die Funde nicht so
schnell vergessen können. Er ließ Dr. Bode allein und gesellte sich zu Beate.
„Waren
das Roth und Stein?“ Ihre Stimme klang heiser. So, als ob sie versuchte, Tränen
zurückzuhalten. Sie fragte sich, ab wann die ganze Geschichte so surreal
geworden war.
„Vermutlich.
Fragen können wir die beiden ja nicht mehr.“
Die
kubanischen Behörden hatten der deutschen Botschaft vor vier Wochen mitgeteilt,
dass sie im Besitz einer männliche Leiche seien, die vermutlich aus Deutschland
stamme. Sie hatten angedeutet, dass sie den Toten gerne wieder los wären. Diese
Akte war nur zufällig in Pfeifers Hände gelangt. Doch er hatte sofort reagiert
und die Kubaner gebeten, ihm ein Foto zu schicken. Seine Vermutung, dass es
Roth sein könnte, sah er jedoch auch durch das Foto noch nicht bestätigt. Es
war unmöglich gewesen, anhand dieses Fotos eine Identifikation vorzunehmen. Der
Mann hatte ausgesehen, als wäre er mit einer Planierraupe kollidiert. Aber auch
auf den bloßen Verdacht hin hatten die deutschen Behörden eine Überführung nach
Freiburg veranlasst. Der Gerichtsmediziner konnte Tom letztendlich anhand
seines Zahnstatus´ und seiner Fingerabdrücke identifizieren. Die offizielle
Todesursache lautete Tod durch Ertrinken. Inoffiziell wurde vermutet, dass Tom
eine Meinungsverschiedenheit mit seinen Auftraggebern gehabt haben könnte. Der
Ausgang eben dieser war bekannt.
„Seht mal her, was wir gefunden haben!“ Neugierig drehten die beiden
sich in Richtung der Stimme. Der Kollege von der Spurensicherung hatte das
Gelände um den Bunker herum untersucht und hielt mit spitzen, behandschuhten
Fingern etwas hoch, das sie aus dieser Entfernung nicht erkennen konnten. Beim
Näherkommen jedoch nahm der Gegenstand langsam Gestalt an. Es war eine
Zigarettenkippe. „Es ist eine französische Marke.“ Pfeifer zog eine
Beweismitteltüte aus seiner Tasche und steckte die Kippe hinein. Er warf Beate einen
vielsagenden Blick zu und ging wieder die Treppe hinunter in den Bunker hinein.
„Dr. Bode. Wie schnell kriegen wir hier einen DNA-Test?“ Der Rechtsmediziner
zuckte mit den Schultern. „Kommt auf die Dringlichkeit an?“
„Sehr dringend.“
„Dann mache ich einen Schnelltest. Bis morgen.“
Pfeifer nickte zufrieden.
51
Donnerstag, 17. Mai 2012
„Das ist es! Beate, wir haben ihn!“ Aufgeregt riss Pfeifer die Tür zu
ihrem Büro auf.
„Was
ist was? Und wen haben wir, bitte schön?“
„Cedric
Leclerc! Die Zigarettenkippe stammt von ihm!“
„Ha!
Der Mistkerl! Jetzt kriegen wir ihn dran.“ Leander klatschte mit der flachen
Hand auf den Schreibtisch.
„Sieht
ganz so aus, als wäre er am Tatort gewesen. Aber ich wusste gar nicht, dass er
raucht?“
Beate
dachte kurz nach. „Nein, ich auch nicht.“
Leander
schüttelte den Kopf. Er konnte sich nicht daran erinnern. „Nee. Aber ist ja
auch egal. Da kann er sich nicht herausreden. Darf ich es ihm sagen?“ Pfeifer
nickte. Leander hatte es sich verdient. Schließlich hatte der Kerl ihn fast
umgebracht. „Macht ihr zwei das mal. Ihr seid ein Spitzenteam.“
Als
sie in der JVA ankamen, wartete Cedric bereits im Vernehmungsraum auf sie. Der
Gefängnisaufenthalt schien ihm schlecht zu bekommen. Er hatte stark abgenommen.
Sein Gesicht war blass und hohlwangig. Die einst Funken sprühenden,
smaragdgrünen Augen waren stumpf geworden. Desinteressiert sah er auf, als
Beate und Leander eintraten.
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