Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
nicht“, gab Tom zu bedenken. Frank
stimmte ihm zu, bestand aber trotzdem darauf, Pfeifer weiterhin als
Tatverdächtigen Nummer eins behandeln zu dürfen. Nur des Spaßes wegen.
Zornig betrat Karl Pfeifer sein Büro im fünften Stock des
Kommissariats. Er hätte platzen mögen vor Wut. Schnurstracks begab er sich zum
Telefon und beorderte seine Kollegin und treueste Mitarbeiterin Beate Scheck zu
sich.
Fünf
Minuten später saßen die beiden bei einer Tasse Kaffee an seinem Schreibtisch.
„Ich kann es nicht fassen, dass die beiden die Unverschämtheit besessen haben,
das wirklich durchzuziehen.“ Beate Scheck war mit ihren achtundzwanzig Jahren
momentan die jüngste im Bunde der Mordermittler. Aber was ihr an Alter und
Erfahrung noch fehlte, machte sie durch Ehrgeiz, Intelligenz und absolute
Loyalität zu ihrem Vorgesetzten wett. Pfeifer hielt große Stücke auf sie und
prophezeite ihr eine glänzende Karriere bei der Mordkommission.
Eine tiefe
Falte verlief steil zwischen seinen Augenbrauen. Er dachte angestrengt nach.
Doch plötzlich hellte sich seine Mine auf: „Ich möchte, dass du Rafael Heinke
anrufst und dir erzählen lässt, was mit der Schwester seiner Freundin passiert
ist. Fahr hin und sieh dir ihre Wohnung an. Befrage die Nachbarn. Alles inoffiziell,
versteht sich.“ Kriminaloberkommissarin Scheck warf ihrem Chef einen
verständnislosen Blick zu. Die Frau war weg, nicht tot. Das war Sache des
Dezernat 1. Ihr war nicht ganz klar, was sie damit zu tun hatten. Aber in
diesem Fall mochte sie den Befehl ihres Chefs lieber nicht infrage stellen. Ihm
schien die Sache wichtig zu sein, sonst würde er sie nicht darum bitten.
Sie wollte gerade gehen, als er sie noch einmal zurück rief: „Ach, und
Beate: Lass dich nicht erwischen.“
Mit
diesen mahnenden Worten im Hinterkopf verließ sie Pfeifers Büro und machte sich
daran, seine Anweisungen in die Tat umzusetzen.
Als erstes rief sie Rafael an
und bat ihn um ein Treffen. Seine Frage, ob die Schwester der Vermissten auch
dabei sein müsse, bejahte sie. Er gab ihr seine Adresse durch und sie
verabredeten, sich dort in einer halben Stunde zu treffen. „Ach, und Herr
Heinke: Dieses Treffen muss zunächst einmal unter uns bleiben. Bitte vom Chef.“
Er versprach es und legte beunruhigt auf. Sein Freund würde schon wissen, was
er tat.
„Wie kommt es, dass sich die Mordkommission mit diesem Fall befasst?“
Svea hatte rote Flecken auf den Wangen und am Hals. Das war bei ihr ein
sicheres Zeichen dafür, dass sie im Begriff war, sich fürchterlich aufzuregen.
„Wie
ich bereits sagte, Frau Schirrer, Hauptkommissar Pfeifer schickt mich zu Ihnen.
Die Sache muss unbedingt unter uns bleiben. Eigentlich sind wir hier nicht
zuständig. Es ist ein Freundschaftsdienst für Herrn Heinke.“
Svea
warf Rafael daraufhin einen Blick zu, der Bände sprach. Sie traute ihnen allen
nicht über den Weg. „Verheimlichst du mir etwas? Ist sie tot? Sie ist tot,
nicht wahr? Ihr wollt es mir nur nicht sagen.“
„Svea“,
Rafael ging auf sie zu und wollte sie in den Arm nehmen, doch sie stieß ihn
weg. „Svea…“, begann er noch einmal. Diesmal blieb er allerdings auf Abstand.
„…ich habe es dir doch bereits erklärt. Karl ist ein alter Freund von mir. Ich
bin sehr froh, dass er sich der Sache angenommen hat. Wenn Pauline tot wäre,
wüssten wir es bereits. Ehrlich.“ Der Zweifel und das Misstrauen in ihren Augen
schmerzten ihn sehr und er begann, sich zu fragen, ob er diese Frau eigentlich
wirklich kannte.
An
diesem Punkt schaltete sich Beate ein. Die Oberkommissarin befürchtete eine
Eskalation der Situation und wollte schlichten. „Frau Schirrer, bitte beruhigen
Sie sich. Ihr Mann sagt die Wahrheit. Wir wissen nicht, was mit Ihrer Schwester
geschehen ist. Herr Pfeifer versucht nur, Ihnen zu helfen. Als
Freundschaftsdienst sozusagen. Deshalb darf auch keiner davon wissen. Wir könnten
sonst eine Menge Ärger bekommen.“ Sie sah Svea jetzt direkt in die Augen und
schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Wenn die Frau jetzt Ärger machte, waren sie
aufgeschmissen.
„Er
ist nicht mein Mann“, war alles, was sie dazu sagte, bevor sie sich auf das
braune Ledersofa, das direkt an der Wand stand, die das Wohnzimmer von der
Küche trennte, setzte. Dort wartete sie stumm auf das, was als Nächstes kommen
würde.
Beate
atmete auf. Für den Moment schien sie sich gefangen zu haben. Hoffentlich blieb
das auch so. Sie wandte sich wieder an Rafael. „Würden Sie mich in die
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