Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
seinem Albtraum der letzten Nacht.
„Guten
Morgen, Dornröschen. Na, ausgeschlafen?“
„Haha“,
brummte er schlecht gelaunt.
„Mach
dich bereit. Ich hole dich in zwanzig Minuten ab. Wir haben eine Tote.
Vielleicht handelt es sich dabei um unsere Vermisste. Du weißt schon, Pauline
Schirrer.“
„Pauline
wer? Wieviel Uhr ist es?“, brachte er gequält hervor.
„Wie
bitte?“ Beate war irritiert. „Äh, Dr. Pauline Schirrer, Ärztin bei Multi Gen
Pharma. Sie wird derzeit vermisst und du hast mich zu ihrer Schwester
geschickt…? Ach komm, vergiss es. Und übrigens, es ist halb sechs.“
„Aha.
Danke. Bis gleich.“ Er legte auf.
Pfeifer
streckte sich ausgiebig und ließ seinen Traum noch einmal wie einen Film vor
seinem inneren Auge ablaufen. Der würde ihn sicherlich die nächsten Tage noch
weiter verfolgen. Mit einem Ruck stand er auf. „Kaffee, ich brauche Kaffee und
eine Dusche, dann wird’s gehen.“ Er sagte es laut in den Raum hinein und
hoffte, damit die bösen Geister der Nacht zu vertreiben. In letzter Zeit hatte
er oft solche verwirrenden Albträume. Wie lange hatte er geschlafen? Er konnte
sich erinnern, dass er gestern Abend gegen sechs vom Dienst gekommen war.
Frauke war noch im Krankenhaus gewesen. Ihr Spätdienst ging bis acht Uhr. Aber
sie hatte ihm etwas zu essen im Kühlschrank bereitgestellt. Es waren gefüllte
Pfannkuchen gewesen, die er sich in der Mikrowelle warm gemacht hatte. Nach dem
Zweiten war er so unglaublich müde geworden, dass er sich auf die Couch gelegt
hatte. Dort hatte er geschlafen, bis Frauke ihn unsanft geweckt hatte. Sie
hatten einen schlimmen Streit gehabt, wegen irgendetwas. So genau wusste man in
letzter Zeit nie, warum sie sich eigentlich stritten. Es fing mit Kleinigkeiten
an und endete immer in Grundsatzdiskussionen. Frustriert hatte er sich
daraufhin eine Flasche Rotwein geöffnet und zunächst zwei Gläser in einem Zug
leer getrunken. Dann hatte er beschlossen, das sei noch nicht genug, und hatte
die Flasche restlos geleert. Das bereute er jetzt in diesem Moment ziemlich.
Irgendwann war er dann ins
Bett getorkelt. Allein. Offensichtlich ohne sich auszuziehen. Er sah an sich
hinunter. Faltiges Hemd, zerknitterte Hose, er schüttelte den Kopf. Es musste
dringend ein Urlaub her, soviel stand fest. Ein kurzer Blick ins Gästezimmer
zeigte ihm, dass das Bett zwar ordentlich gemacht war, aber Fraukes Nachthemd
auf der Decke lag. Sie hatte also wieder hier übernachtet. Das tat sie in
letzter Zeit immer öfter. Angeblich störte er ihren Schlaf, wenn er erst
spätabends vom Dienst nach Hause kam. Früher hatte ihr das nichts ausgemacht.
Sie würden bald miteinander reden müssen. Aber jetzt konnte er sich darüber
keine Gedanken machen. Er ging ins Bad, um ausgiebig zu duschen. Danach fühlte
er sich wieder wie ein Mensch und nach einer gründlichen Rasur sah er auch
wieder wie einer aus.
Als Kriminaloberkommissarin Beate Scheck zwanzig Minuten später
klingelte, hatte er sich soweit gefasst, dass er ihr gegenübertreten konnte, ohne
sie ständig anzugähnen. Er fühlte sich, trotz der belebenden Dusche, müde und
ausgelaugt. Sie begrüßten sich kurz und verließen dann ohne ein weiteres Wort
das Haus.
Pfeifer
nahm auf dem Beifahrersitz Platz, während Beate sich hinter das Steuer setzte.
Es
war noch kalt um diese Tageszeit. Er zog seinen Parka fester um sich und
fluchte innerlich.
Sie
fuhren einem wunderschönen Sonnenaufgang entgegen, aber Pfeifer war heute blind
für die Schönheiten der Natur. Müde überließ er sich seinen trüben Gedanken.
Nach ein paar Minuten hielt Beate das Schweigen nicht länger aus. „Ist Frauke
schon im Krankenhaus?“
„Ja,
Frühschicht beginnt um sechs Uhr dreißig für die Schwestern“, brummte er nur.
Doch zwischenzeitlich kannte sie ihn und seine Morgenmuffelei und ließ sich
davon nicht abschrecken. „Also, was ist los?“, bohrte sie weiter.
„Nichts.
Fahr einfach.“ Damit ließ Beate das Thema vorerst ruhen. Sie nahm sich aber
fest vor, später noch einmal darauf zurückzukommen. Irgendetwas stimmte mit den
beiden nicht in letzter Zeit und wenn ihr Chef jemanden zum Reden brauchte,
wollte sie für ihn da sein.
Als
sie an der Stelle der Dreisam ankamen, an der ein Jogger die Tote gefunden
hatte, trafen sie auf bereits emsig arbeitende Kollegen. Unter anderem Jochen
Struck von der Spurensicherung und Dr.Maximilian Bode, den Rechtsmediziner.
„Guten
Morgen Kommissar Pfeifer, schöner Tag heute“,
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