Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
Gottes
Willen, fahr an den Rand, in den Graben, irgendwas. Nur TU WAS!!“
„Ich
kann nicht!“, schrie sie zurück, ihre Stimme überschlug sich. Sie war jetzt
vollkommen hysterisch.
Trotz
aller Bemühungen rasten sie weiter bergab. Dann ging auf einmal alles ganz
schnell. In der nächsten Linkskurve fuhr der Wagen einfach geradeaus weiter und
prallte mit 100 km/h ungebremst auf eine dicke Eiche. Es gab einen dumpfen
Aufprall, die Erde erbebte kurz, dann herrschte Stille. Zu hören war nur noch
das Zischen des Kühlerwassers, das langsam auf das Auspuffrohr tropfte.
13
Als Professor Lanzo Alifonsi an diesem Morgen seine Wohnung verließ,
ahnte er noch nicht, was ihn heute erwarten würde.
Gutgelaunt
schlenderte er an dem Elektrozaun entlang, der das gesamte Gelände umgab.
Fasziniert beobachtete er ein Eichhörnchen, das versuchte, eine überdimensional
große Walnuss zu tragen und damit auf einen Baum zu klettern. Professor
Alifonsi bewunderte alles, was Mutter Natur erschaffen hatte. Sie war in ihrer
Perfektion von niemandem zu übertreffen. Außer vielleicht, von – ihm… Er lachte
übermütig und beschleunigte seinen Schritt etwas. Beschwingt lief er weiter. Er
war so nah dran. Es konnte sich nur noch um wenige Tage handeln, bis er alle
Informationen beisammen hatte. Dann war er endlich am Ziel. Allerdings würden
sie dann über den Preis neu verhandeln müssen. Er würde einen Teufel tun und
sein Lebenswerk zum Nulltarif verschachern. Er war schließlich kein
gemeinnütziger Verein.
Noch
immer lächelnd und in freudiger Erwartung der heutigen Forschungsergebnisse,
die ihm den Durchbruch bescheren sollten, betrat er das Hauptgebäude, als ihm aufgeregt
und wild gestikulierend die Empfangsdame entgegenkam: „Herr Professor, gut,
dass Sie da sind. Wir können Frau Dr. Schirrer immer noch nicht erreichen. Ihre
Schwester ruft dauernd an und erkundigt sich nach ihr und Dr. Naumann ist
wütend, weil er ohne Frau Dr. Schirrer nicht weitermachen kann…“
„Jetzt
mal langsam. Ich verstehe ja kein Wort von dem, was Sie da sagen.“ Professor
Alifonsi hob beschwichtigend die Hand. „Frau Dr. Schirrer wird sich im Labor
aufhalten, wie immer, oder etwa nicht?“
Die
Frau wiederholte die Botschaft nun etwas langsamer und so erfuhr der Professor
auch endlich, dass seine Mitarbeiterin bereits seit drei Tagen nicht zur Arbeit
erschienen war, und dass niemand zu sagen vermochte, wo sie abgeblieben war.
Das
Lächeln war dem Professor mittlerweile vergangen. An dessen Stelle war ein
säuerlicher Gesichtsausdruck getreten, der ihm ein gnomhaftes Aussehen verlieh.
Seine braunen Augen funkelten wild, vielleicht sogar ein klein wenig irr, und
seine Haut legte sich in viele tiefe Falten rund um Augen und Mund. Es war für
ihn vollkommen inakzeptabel, dass man ihn nicht unverzüglich über das
Verschwinden von Pauline informiert hatte. Er würde dafür sorgen, dass jemand
zur Verantwortung gezogen wurde. Dafür kam definitiv nur einer in Betracht, und
den wollte er sich jetzt vorknöpfen.
Mühsam
beherrscht versprach er der Empfangsdame, sich der Sache sofort anzunehmen. Sie
konnte schließlich nichts dafür. Er hätte die Frau gerne mit ihrem Namen
angesprochen, wusste aber nicht, wie er lautete. Die Rezeptions-Mitarbeiter
wurden aus Sicherheitsgründen wöchentlich ausgetauscht und er hatte es
irgendwann aufgegeben, sich nach ihren Namen zu erkundigen. Doch jetzt wünschte
er sich, er hätte es getan, denn sie war wirklich ziemlich außer sich. Hoffentlich
beging sie keine Dummheit. Er würde mit Peter auch darüber reden müssen. Trotz
seines unguten Gefühls gab der Professor sich weiterhin betont unbekümmert und
versuchte, die Frau einstweilen zu beruhigen: „Jetzt machen Sie sich mal keine
Sorgen. Die taucht schon wieder auf. Ich werde mich der Sache sofort annehmen.“
Er hinterließ am Empfang die Anweisung, dass er nicht gestört werden wolle.
Schnellen Schrittes ging er auf die schwere Sicherheitstüre zu, die jeder auf
dem Weg zu den verschiedenen Laboratorien passieren musste.
Auf
dem Weg in sein Büro dachte er darüber nach, was er Peter sagen wollte. Denn
der würde ihm Rede und Antwort stehen müssen. Dass er über das Verschwinden
Paulines von Anfang an informiert gewesen war, daran bestand für den Professor
kein Zweifel.
Seine
Gedanken schweiften ab und landeten auf einmal bei seinem polnischen Kollegen
und Freund, Jacek Pajak. Er war ein brillanter Kopf gewesen. Sie hatten vor
fünf Jahren
Weitere Kostenlose Bücher