Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
Frühstück.
„Karl,
du hast Glück, es liegen Decken auf den Stühlen. Wir können auf jeden Fall
draußen sitzen!“, rief sie, als sie auf das kleine Café zugingen.
„Das
wird ein zweifelhaftes Vergnügen, meine Liebe. Wir werden jämmerlich erfrieren
und dann muss Bode kommen und uns von den Stühlen loseisen. Und er wird sagen,
dass es ein tragischer Unfall war, aber dass er erst nach der Obduktion mehr
sagen kann.“ Beate lachte herzlich. Aber sie entschlossen sich trotz Pfeifers
Bedenken, das Risiko einzugehen, und nahmen an einem Tisch direkt an der
Brüstung Platz. Von hier aus hatten sie einen herrlichen Blick über die
Promenade.
Sie
bestellten beide das kleine Frühstück mit Speck, Ei, Croissant und Cappuccino
und genossen die Vorfreude auf den wunderbar duftenden und knusprig gebratenen
Speck. Doch diese Freude währte nicht lange. Gerade hatte Beate den ersten
Schluck ihres Cappuccinos genossen und sich an dem perfekt gelungenen
Schaumhäubchen mit Schokoladenstreuseln erfreut, da klingelte ihr Handy. Sie
hörte eine Weile schweigend zu. „Danke, Jochen.“ Sie packte ihr Mobiltelefon
wieder ein. Pfeifer musterte sie neugierig. „Das war Jochen“, begann sie
überflüssigerweise. „Er sagt, dass es sich bei der Toten um die seit drei Tagen
als vermisst gemeldete Tamara Hölderlin handelt. Ich habe auch die Adresse und
den Namen des Freundes. Am besten wir fahren gleich mal hin. Zuerst rufe ich
ihn allerdings an und bitte ihn, sich mit uns in der Wohnung zu treffen. Ich
habe keine Lust, umsonst dorthin zu fahren. Dann können wir uns gleich selbst
ein Bild von ihm machen.“ Pfeifer war beeindruckt. „Die Nummer des Freundes
hast du auch schon? Du bist schnell heute Morgen. Was ist? Du siehst
nachdenklich aus.“
„Ich
überlege nur gerade, was ihr wohl passiert ist und ob der Freund eventuell der
Täter sein könnte.“
Pfeifer
lachte. „Immer langsam, Frau Kollegin. Du hast den Mann doch noch nie gesehen.“
Der Übereifer seiner Kollegin überraschte ihn. Beate war sonst eher
zurückhaltend, was Verdächtigungen anbelangte.
„Nein,
aber du musst zugeben, dass Beziehungstaten keine Seltenheit sind. Außerdem ist
es schon seltsam. Keine erwachsene Frau fällt einfach so in die Dreisam und
ertrinkt dort klammheimlich.“
„Na
ja, wir wissen noch nicht, woran sie gestorben ist“, ermahnte er seine
Kollegin. Aber er ließ ihre Aussage zunächst so stehen, und erklärte sich mit
der vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden. Er übernahm den Anruf bei dem
Freund der Toten, Thierry Leclerc, und sie verabredeten, sich in der Wohnung in
der Turnseestraße zu treffen.
„Wiehre.
Keine schlechte Adresse. Bin gespannt auf unseren guten Thierry. Aber ich gehe
allein dort hin. Du kümmerst dich um diesen Naumann.“ Pfeifer verlangte die
Rechnung und bezahlte. Beate verzog das Gesicht. Immer wenn es spannend wurde,
musste sie das langweilige Zeug erledigen. Nichts desto trotz fügte sie sich
ergeben in ihr Schicksal.
12
Svea und Rafael waren gerade
wieder einmal mitten in einer Debatte um ihr weiteres Leben, als Svea plötzlich
alarmiert feststellte, dass die Bremse ihres Autos nicht mehr funktionierte.
„ Es ist Mittwoch, der 12.
Oktober, und Sie hören die Nachrichten um 21:00 Uhr bei SWR1 “, begann der
Radiomoderator im Hintergrund leise seinen üblichen Text zur vollen Stunde.
Hektisch riss Svea am
Lenkrad. Sie drehte es erst links herum, dann rechts. Doch es stoppte nicht wie
üblich, sondern ließ, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung jeweils
zwei komplette Umdrehungen zu, ohne dass sich die Reifen entsprechend bewegten.
Das Bremspedal hatte sie mittlerweile ganz durchgetreten. Der BMW reagierte
nicht.
Der Waldweg durch das
Naturschutzgebiet in Rieselfeld war stark abschüssig, weshalb der Wagen rasch
an Geschwindigkeit aufnahm. Im Hintergrund lief das Radio weiter. Die
Nachrichten waren vorüber und der Moderator riet den Hörern gerade, den Tag
ruhig und entspannt ausklingen zu lassen. Er spielte ein Klavierstück an.
„Rafi!“, schrie sie angsterfüllt. „Ich kann nicht bremsen!“
Verzweifelt trat sie immer wieder auf die Bremse, ohne Erfolg. Fieberhaft
versuchte sie wieder und wieder, das Lenkrad herumzureißen. Aber es hatte sich
nichts geändert. Die Lenkung war funktionsuntüchtig.
Mit
schreckgeweiteten Augen starrte Rafael wie hypnotisiert auf die Strecke, die
vor ihnen lag. Er brüllte jetzt ebenfalls: „Versuche es weiter und, um
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