Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)

Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)

Titel: Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Alber
Vom Netzwerk:
liegenden Unterlagen. Die Buchstaben tanzten vor seinen Augen auf
und ab, bevor sie endlich zu Wörtern miteinander verschmolzen und einen Sinn
ergaben. PRO-AMIN-BETA prangte in großen roten Lettern auf der ersten Seite. Er
schlug den Ordner auf, der praktisch sein ganzes Leben enthielt. Zumindest für
ihn relevanten Teil seines Lebens. Seine Aufmerksamkeit richtete sich zunächst
auf Fragmente der Formel. Sie sprangen ihm förmlich ins Auge und verschwammen
dann wieder. Er blickte kurz auf und überging den Rest. Er kannte das alles in-
und auswendig. Es musste irgendetwas geben, das er übersehen hatte. Er nahm
sich den Bericht vor, den Peter verfasst hatte, und überflog ihn noch einmal:
    „…Protein-Aminosäuren-Peptidverbindung,
…myogene Lähmung …, …Aktinfilamente zerstört, …Kontraktionen der Muskeln... Das
Virus setzt sich in den Synapsen der Nervenenden fest. Die Folge ist eine
komplette Lähmung des gesamten Körpers und aller muskulären Organe…“
    Er machte wieder eine Pause.
Zu der Erkenntnis, dass er mit Pro-Amin-Beta eine tödliche Waffe erschaffen
hatte, war er schon vor einiger Zeit gekommen. Aber erst jetzt begann der
Gedanke, den er bisher erfolgreich verdrängt hatte, seine Entdeckung könnte
nicht zur Verteidigung, sondern zur Zerstörung von Menschenleben eingesetzt
werden, ja vielleicht bereits Menschenleben gekostet haben, sich in einer Ecke
seines Gehirns einzunisten und fortan schwer auf seinem Gewissen zu lasten. Die
Wahrheit ließ sich nicht mehr verleugnen. Er trug die Verantwortung für die
Menschen hier und hatte sie, zur Befriedigung seines Egos, aus den Händen
gegeben und damit offensichtlich einen schweren Fehler begangen.
    Er erschrak, als sein Telefon plötzlich läutete. Das schrille Klingeln
klang unnatürlich laut und schmerzte in seinen Ohren. Schnell hob er ab.
    „Herr
Professor, ich weiß, dass Sie nicht gestört werden wollten. Aber hier ist eine
Frau Scheck von der Mordkommission. Sie lässt sich nicht abwimmeln“, flüsterte
die Empfangsdame beinahe unterwürfig.
    „Ist
schon gut. Bieten Sie ihr einen Kaffee an. Ich bin in fünf Minuten da.“ Nervös
fuhr sich der Professor mit den Händen durchs Haar. Er fragte sich, was die
Mordkommission von ihm wollte. Ob Pauline tot war? Er legte sich in Gedanken
bereits einige Standardsätze zurecht. Seufzend schlug er die Akte zu und machte
sich auf den Weg nach oben.

14
     
    „Frau Scheck?“ Professor Alifonsi ging mit ausgestreckter Hand und
einem warmen, freundlichen Lächeln auf die Beamtin zu. „Professor Alifonsi,
nehme ich an.“ Sie ergriff seine Hand und er stellte erfreut fest, dass sie
einen festen Händedruck hatte, was darauf schließen ließ, dass sie eine Frau
war, die zupacken konnte. „Nett, dass Sie Zeit für mich haben. Auch ohne
Termin. Ich würde gerne kurz mit Ihnen über das Verschwinden von Frau Dr.
Schirrer sprechen.“
    „Mordkommission? Ist sie etwa tot?“
    „Nein,
wir ermitteln in einem anderen Fall und glauben, dass die beiden Fälle
zusammenhängen.“ Auf dem Weg hierher hatte sich Beate eine Ausrede parat
gelegt, die, wie sie fand, sehr plausibel klang. Der Professor zog die
Augenbrauen hoch. „Aha? Was für ein anderer Fall?“, wollte er wissen.
    „Oh,
das darf ich Ihnen leider nicht sagen, um die laufenden Ermittlungen in dem
Fall nicht zu gefährden.“ Das stimmte, im weitesten Sinne zumindest schon.
Beate war sehr zufrieden mit sich.
    „Also
gut. Kommen Sie mit in mein Büro.“ Er gab der Rezeptionistin durch einen Wink
zu verstehen, dass sie ihnen die elektronisch gesicherte Türe öffnen sollte und
führte Beate durch das verwirrende Labyrinth von unterirdischen Gängen in ein
Büro. Die Oberkommissarin sah sich um, konnte jedoch keinen freien Stuhl
entdecken. Professor Alifonsi bemerkte ihren Blick und sein Mund verzog sich zu
einem schiefen Lächeln. Er zuckte entschuldigend mit den Schultern und fegte mit
einer einzigen Bewegung einen Stapel loser Blätter von einem Hocker neben
seinem Schreibtisch. „Bitte sehr“, er bot ihr einen Platz an. „Ich hatte in
letzter Zeit nicht sehr viel Gelegenheit, mich um den Papierkram zu kümmern.
Möchten Sie Kaffee?“ Beate lehnte dankend ab. Sie wollte schnell zum Punkt
kommen und dann wieder verschwinden, bevor ihre Kollegen vom Dezernat 1
eintrafen. Es wunderte sie ein wenig, dass sie nicht schon längst hier gewesen
waren.
    „Was
kann ich für Sie tun?“, unterbrach der Professor ihre Gedanken.
    „Wie
Sie

Weitere Kostenlose Bücher