Blüte der Tage: Roman (German Edition)
herzzerreißend.«
»Ah, Geistergespräche?«, fragte Roz, als Stella und Logan durch die offene Tür ins Wohnzimmer traten. »Über dieses Thema wollte ich auch sprechen.« Sie reichte ihnen die bereits eingeschenkten Weingläser. Und sah Stella mit wehmütigem Lächeln zu, als diese das Babyfon einschaltete. »Das war früher auch eines meiner wichtigsten Utensilien.«
»Ich muss zugeben«, sagte Logan, den Blick auf das Babyfon geheftet, »dass ich dieses Ding ziemlich unheimlich finde.«
»Man gewöhnt sich daran. Wo ist übrigens Hayley?«, erkundigte sich Stella bei Roz.
»Sie war müde – vermutlich auch etwas niedergeschlagen und schlecht gelaunt. Sie hat es sich oben mit einem Schmöker und einem großen Glas Orangensaft gemütlich gemacht. Ich habe bereits mit ihr über ... über dieses Thema gesprochen, also ...« Sie bedeutete ihnen, Platz zu nehmen. Auf dem Couchtisch befand sich ein Tablett mit Trauben, Cracker und einem Stück Brie.
Roz nahm ebenfalls Platz und zupfte sich eine Traube ab. »Ich habe beschlossen, in Bezug auf unseren Dauergast etwas zu unternehmen.«
»Exorzismus?«, fragte Logan, während er misstrauisch das Babyfon anstarrte, aus dem gedämpfter Gesang ertönte.
»Nun, das nicht. Wir wollten doch etwas über ihren Lebenslauf herausfinden – und ihre Verbindung zu diesem Haus. Bisher haben wir noch keinen wirklichen Fortschritt erzielt, vor allem deshalb, weil wir nicht wissen, in welche Richtung wir ermitteln sollen.«
»Außerdem fehlte uns schlicht die Zeit«, merkte Stella an.
»Ein weiterer Grund, uns Hilfe von außen zu holen. Wir sind beschäftigt, und wir sind auf diesem Gebiet absolute Amateure. Was spricht dagegen, dass wir einen Experten engagieren, der weiß, was zu tun ist?«
»Ende der kleinen Nachtmusik«, sagte Logan, als der Gesang aus dem Babyfon verstummte.
»Manchmal kommt sie zwei-, dreimal in der Nacht.« Stella bot ihm einen Cracker an. »Wissen Sie denn jemanden, Roz?«
»Eventuell. Ich habe mich nach Experten für Ahnenforschung
erkundigt. Natürlich habe ich nichts von einem Geist erzählt, sondern vorgegeben, ich wolle meine Familiengeschichte zurückverfolgen. Wie auch immer, da gibt es einen Mann in Memphis, ein gewisser Mitchell Carnegie. Doktor Mitchell Carnegie«, fügte sie hinzu. »Er lehrte an der Universität in Charlotte und ist vor einigen Jahren hierher gezogen. Soweit ich weiß, lehrte er auch ein, zwei Semester an der Universität von Memphis und hält dort noch gelegentlich Vorlesungen. In erster Linie verfasst er jedoch Bücher. Biografien und Ähnliches. Er gilt als Experte für Ahnen- und Familienforschung.«
»Klingt, als wäre das unser Mann.« Stella strich sich etwas Brie auf einen Cracker. »Endlich kommt Bewegung in die Sache.«
»Kommt darauf an«, warf Logan ein, »wie er zu Geistern steht.«
»Ich werde einen Termin mit ihm ausmachen.« Roz prostete ihnen zu. »Danach sehen wir weiter.«
ACHTZEHNTES KAPITEL
Mit mulmigem Gefühl näherte sich Harper der Ladentheke. Auf einem hohen Stuhl hinter der Kasse thronte Hayley und kassierte gerade die letzten Kunden ab. Sie trug eine knallrote Bluse – vielleicht war es auch ein Kittel, er kannte sich da nicht so aus –, jedenfalls war es wohl eine Art Umstandskleidung.
Komischerweise war es genau die Farbe, die Harper mit Hayley verband. Ein lebhaftes, sexy Rot. Ihre Augen wirkten unter den Ponyfransen riesig groß, und wenn sie den Kopf bewegte, blitzten in ihrem dichten Haar die großen silbernen Kreolen auf, die an ihren Ohren baumelten.
Hinter der hohen Theke war ihre Schwangerschaft kaum zu erkennen. Nur ihr Blick verriet ihre Erschöpfung. Und ihr Gesicht war ein wenig aufgedunsen – vielleicht, weil sie zugenommen hatte, vielleicht aus Schlafmangel. Wie auch immer, diese Beobachtung zählte zu jenen Dingen, die er ihr gegenüber besser nicht erwähnte. Das Dumme war nur, dass in letzter Zeit jedes Wort, das er an sie richtete, verkehrt zu sein schien.
Er erwartete auch gar nicht, dass diese Begegnung nun besser verlaufen würde. Trotzdem würde er nicht kneifen und seinen Auftrag erledigen.
Sobald sie den letzten Kunden abkassiert hatte, ging er wild entschlossen zu ihr.
»Hi.«
Sie blickte auf, und ihre Miene kündete nicht gerade von überschwänglicher Freude. »Hi. Was treibt dich denn aus deiner Höhle heraus?«
»Ich habe für heute Schluss gemacht. Außerdem hat mich meine Mutter angerufen. Sie hat mich gebeten, dich nach Hause zu fahren,
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