Blüte der Tage: Roman (German Edition)
...«
Er grinste. »Ach, meinen Sie das ernst?«
»Wieso nicht? Sie ist schön und klug. Sie beide kennen sich ewig, haben eine gemeinsame Geschichte.«
»Stimmt. Vermutlich liegt es an der gemeinsamen Geschichte, dass alles andere absurd wäre. Trotzdem danke.«
»Ich bewundere sie sehr. Ich mag sie natürlich auch als Mensch, und ich habe größte Hochachtung vor ihrer Leistung. Sie hat sich alles allein aufgebaut. Ihre Söhne großgezogen, ihr Haus instand gehalten, ein Geschäft aus dem Boden gestampft. Und alles absolut kompromisslos, nach ihren eigenen Vorstellungen.«
»Erstreben Sie das auch für sich?«
»Ich will keinen eigenen Betrieb. Vor ein paar Jahren habe ich durchaus mit dem Gedanken gespielt. Aber so ein Sprung ins kalte Wasser mit zwei kleinen Kindern?« Sie schüttelte den Kopf. »Roz hat da sehr viel mehr Mumm als ich. Abgesehen davon habe ich hier gemerkt, dass mich die Arbeit als Geschäftsführerin völlig ausfüllt. Es macht mir Spaß, als eine Art Feuerwehr einzuspringen und mir kreative und effiziente Lösungen auszudenken, um den Betrieb zu verbessern oder zu erweitern.«
Sie wartete einen Moment. »Kein sarkastischer Kommentar ?«
»O doch, aber den hebe ich mir für später auf, wenn Sie mich mal wieder nerven.«
»Ich kann es kaum erwarten. Wie auch immer, ich liebe es, einen Garten von Grund auf zu gestalten. Aber noch wohler fühle ich mich, wenn ich einen Gartenbetrieb, der nicht so gut organisiert ist oder neue Impulse braucht, wieder aufmöble.«
Stirnrunzelnd hielt sie inne. »Komisch, da fällt mir gerade etwas ein. Vor kurzem habe ich von einem Garten geträumt. Ein sehr seltsamer Traum ... Irgendwie unheimlich. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber da war etwas mit ... ja, mit einer gigantischen blauen Dahlie. Dahlien gehören zu meinen Lieblingsblumen und Blau ist meine Lieblingsfarbe. Dennoch gehörte die Blume dort nicht hin. Ich hatte sie nicht eingepflanzt, aber trotzdem war sie da. Merkwürdig.«
»Was haben Sie damit gemacht? Mit der Dahlie, meine ich?«
»Ich kann mich nicht erinnern. Luke weckte mich auf, und damit endete mein Traum.« Da war doch noch etwas, fiel ihr ein. Ja, im Zimmer war es eiskalt gewesen. »Er fühlte sich nicht wohl, hatte Bauchweh.«
»Ist er wieder gesund?«
»Ja.« Wie nett, dass er sich danach erkundigt, dachte sie. Das gibt einen Pluspunkt. »Er ist wieder wohlauf.«
»Und was ist mit seinem Wackelzahn?«
Oho, der zweite Pluspunkt! »An die Zahnfee für einen Dollar verkauft. Jetzt wackelt schon der zweite Zahn. Im Moment lispelt er ganz bezaubernd.«
»Sein großer Bruder hat ihm doch hoffentlich gezeigt, wie man durch die Zahnlücke spuckt, oder?«
Sie zog eine Grimasse. »Nicht, dass ich wüsste.«
»Was man nicht weiß ... Ich wette, diese geheimnisvolle Dahlie blüht noch immer im Traumland.«
»Eine schöne Vorstellung.« Töte sie. O Gott, wo kam dieser Gedanke denn her?, fragte sie sich, ein Erschauern unterdrückend. »Soweit ich mich entsinne, war sie ziemlich spektakulär.«
Als er in einen Parkplatz einbog, fragte sie: »Sind wir schon da?«
»Ja, da drüben, auf der anderen Straßenseite, befindet sich eine Art Touristeninformation. Dort bekommt man die Eintrittskarten und anschließend geht’s mit einem Shuttle-Bus weiter.«
Er schaltete den Motor ab. »Ich wette fünf Dollar, dass Sie bei unserer Rückkehr eine Bekehrte sind.«
»Eine Elvis-Bekehrte? Ich habe auch jetzt nichts gegen ihn.«
»Fünf Dollar. Nach dem Rundgang werden Sie mindestens eine Elvis-CD kaufen.«
»Okay, Wette angenommen.«
Das Haus war viel kleiner als erwartet. Sie hatte sich ein pompöses, ausgedehntes Anwesen vorgestellt, ähnlich dem Harper-Haus. Stattdessen war es mittelgroß mit verhältnismäßig kleinen Räumen – zumindest was die Räume betraf, die auf dem Rundgang besichtigt wurden.
Sie ging im Pulk mit den anderen Touristen herum und lauschte über die zur Verfügung gestellten Kopfhörer den aufgezeichneten Erinnerungen und Erläuterungen von Lisa Marie Presley.
Staunend stand sie im Billardzimmer, das mit einem in gedämpften Brauntönen gemusterten Stoff ausgekleidet war, der sich von der Mitte der Zimmerdecke aus
über alle vier Wände spannte. Mit großen Augen spazierte sie am Wasserfall im Hausinneren vorbei und betrat dann den »Jungle Room« mit den Raubtierfellen und den plüschigen Requisiten.
Und inmitten all dieser Dinge hat ein Mensch gelebt, dachte sie. Nicht irgendjemand, sondern ein
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