Blüte der Tage: Roman (German Edition)
Gesicht. Er sah so männlich aus. Die ausgewaschenen Jeans und das weiße T-Shirt brachten seinen schlanken, muskulösen Körper auf das Beste zur Geltung. Sein Haar war so verstrubbelt wie immer. Für eine ordentliche Frisur hatte er einfach zu viele Haare. Abgesehen davon, dass ihm das gar nicht stehen würde.
Sie überreichte ihm den Blumentopf mit Dahlien. »Ich bringe Dahlien mit«, sagte sie. »Vielleicht findest du für sie im Garten noch ein Plätzchen.«
»Bestimmt. Danke. Komm rein.«
»Ich bin ganz begeistert von deinem Haus«, begann sie. »Und von dem Garten. Ich habe mich schon dabei ertappt, wie ich im Geiste alles Mögliche ...«
Sie verstummte. Die Tür führte in ein großes Zimmer, das vermutlich als Wohnzimmer oder Salon gedacht war. Was immer es auch sein sollte, es war völlig leer. Nackte,
unverputzte Wände, ein Fußboden voller Schrammen und Kratzer, ein rauchgeschwärzter Ziegelkamin ohne Sims.
»Was sagtest du?«
»Tolle Aussicht.« Mehr brachte sie nicht hervor, aber es entsprach der Wahrheit. Die großzügigen Fenster ließen die bezaubernde Gartenlandschaft ungehindert hinein. Nur schade, dass es drinnen so trist war.
»Das Zimmer benutze ich zurzeit nicht.«
»Das sehe ich.«
»Im Moment fehlt mir die Zeit und die Lust, den Raum zu gestalten. Komm lieber mit nach hinten, ehe du noch einen Schreikrampf oder sonst was kriegst.«
»War das Haus so, als du es gekauft hast?«
»Innen? Innen sah es schauderhaft aus.« Er ging durch eine Tür in ein weiteres Zimmer. Es war gleichfalls leer, und an den Wänden blätterten die verblichenen Tapeten ab. Man konnte die hellen Stellen erkennen, wo einst Bilder gehangen hatten.
»Die Eichenholzdielen waren mit Teppichböden ausgelegt«, erzählte er. »Das Dach war undicht und die Decke voller Wasserflecken. An manchen Stellen waren Termitenschäden. Vergangenen Winter habe ich erst mal die Wände herausgerissen.«
»Was hast du mit diesem Zimmer vor?«
»Hab ich noch nicht entschieden.«
Im nächsten Zimmer blieb Stella wie angewurzelt auf der Türschwelle stehen und stieß einen leisen Pfiff aus.
»Ich dachte mir schon, dass du dich hier wohler fühlen wirst.« Er stellte die Dahlien auf eine sandfarbene Granittheke und drehte sich zu Stella um.
Die Küche hatte er ganz nach seinem Geschmack eingerichtet,
daran hatte Stella keinen Zweifel. Es war eine durch und durch männliche Küche – nüchtern und klar. Der Sandton der Theke wiederholte sich in den Bodenfliesen und fand durch das Braungrau der Wände einen harmonischen Ausgleich. Die Schränke waren aus dunklem Naturholz mit körnigen Glastüren. Auf dem breiten Sims über der Doppelspüle standen kleine Terrakottatöpfe mit Kräutern. In der Ecke befand sich ein kleiner Steinkamin.
Die L-förmige Theke bot jede Menge Arbeitsfläche und darüber hinaus genügend Platz zum Essen. Sie trennte den Küchenbereich von einem großzügigen, luftigen Sitzbereich mit einer schwarzen Ledercouch und zwei gemütlichen breiten Sesseln ab.
Und das Beste war, dass er die hintere Wand durch Glas ersetzt hatte. Man fühlte sich hier als Teil des Gartens, konnte jederzeit durch die Glastür auf die Steinterrasse gehen und zwischen Blumen und Bäumen umherspazieren.
»Das ist wunderschön. Ganz bezaubernd. Hast du das alles selbst gemacht?«
Angesichts ihrer begeisterten Miene und den leuchtenden Augen hätte er ihr am liebsten erzählt, dass er für die Herstellung der Glaswand sogar den Sand selbst gesammelt hatte. »Manches. Im Winter gehen die Aufträge zurück, da kann ich mich dann, wenn mich der Drang überkommt, hier drinnen austoben. Außerdem kenne ich ein paar gute Handwerker. Ich bezahle sie oder ich gestalte ihnen als Gegenleistung ihren Garten. Ein Glas Wein?«
»Hmmm. Ja. Danke. Das andere Zimmer könntest du als Esszimmer herrichten, wenn du Gäste hast oder eine Feier veranstaltest. Na ja, früher oder später würden sowieso alle hier landen. Das ist unvermeidlich.«
Sie nahm das Glas Wein entgegen, das er ihr reichte. »Das Haus wird ein Juwel sein, wenn es fertig ist. Originell, schön, gemütlich. Ich mag die Farben, die du für die Küche ausgesucht hast.«
»Die letzte Frau, die hier war, fand die Farben zu langweilig und zu stumpf.«
»Dann hatte sie keinen Geschmack.« Sie nippte an ihrem Wein. »Nein, die Farben sind erdig, natürlich – das passt zu dir und zu diesem Raum.«
Sie blickte zur Theke, wo neben einem Schneidebrettchen Gemüse bereit lag. »Und
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