Blüten, Koks und blaues Blut
herstellen will.
Als nächstes wollte ich mir noch einmal den
Butler des Selbstmörders vornehmen. Auf dem Weg zur Fabrègues’schen Villa kam
ich am Roten Vogel vorbei. Eine aufgeregte Menge hatte sich dort
versammelt. Zwei junge Männer mit Schlapphut, über deren Beruf nicht der
geringste Zweifel bestehen konnte, brachten eine Art Skelett zu ihrem dunklen
Renault. Ihr Opfer war leichenblaß, hatte einen rasierten Schädel und wehrte
sich wie der Teufel.
Frédéric Pottier mußte wohl wieder irgendeine
Dummheit gemacht haben.
Bei Fabrègues öffnete mir Amélie die Tür, die „Tintensäuferin“.
Hübscher Titel für einen Abenteuerroman!
„Ich habe nur eine kleine Frage an Joseph“,
sagte ich. „Sie brauchen mich nicht anzumelden.“
„Joseph ist nicht da“, gab die Köchin zur
Auskunft.
Ich würde wiederkommen.
Da ich nicht auf eine Telefonverbindung nach
Paris warten wollte, schickte ich ein Telegramm. Dann ging ich ein wenig
spazieren. Der Sonnenschein brachte mich auf den Gedanken, Pellegrini über
meinen jüngsten Auftrag zu informieren.
Als ich das Polizeigebäude betreten wollte, kam
mir Pottier entgegen, frei aber wütend. Er erblickte mich und stieß einen Fluch
aus, den ich lieber nicht wiedergeben möchte. Er stürzte sich auf mich, und nur
mit Mühe konnte ich seiner Faust ausweichen.
„Verdammter Idiot!“ schrie ich ihn an. „Was sind
das denn für Sitten?“
Ein Flic nahm ihn in den Polizeigriff. Er wehrte
sich und überhäufte mich dabei mit Beleidigungen. So langsam begriff ich, daß
er mir die Schuld an seiner Festnahme in die Schuhe schieben wollte. Unter den
amüsierten Blicken der Polizisten bewarf ich ihn nun meinerseits mit Dreck.
„Sie sollten besser ausschlafen“, empfahl ich
ihm, als mir das Repertoire ausgegangen war. „Im Knast sind Sie wohl völlig
verblödet, was? Bei Gelegenheit besuche ich Sie im Roten Vogel. Da
können wir uns besser unterhalten als hier vor diesen Herren.“
Schimpfend verließ er den Schauplatz.
Pellegrini, vom Lärm angelockt, fragte mich, wo ich mir das Gesicht verbeult
hätte. Ich antwortete, ich hätte mich mit meinem Rasierer geprügelt und mir zu
guter Letzt den Stil aufs Auge gedrückt.
„Sie sollten weniger trinken“, riet er mir. „Aber
davon abgesehen... Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs? Wollen Sie sich
verabschieden?“
„Ganz im Gegenteil! Wir werden in Zukunft mehr
oder weniger gemeinsame Sache machen. Monsieur de Fabrègues... Robert de
Fabrègues“, präzisierte ich, als ich Pellegrinis ungläubiges Gesicht sah, „hat
mich nämlich gebeten, die Motive seines Bruders für den tödlichen Entschluß
genauer unter die Lupe zu nehmen.“
„Glückwunsch!“ lachte der Korse. „Machen Sie ihm
einen Sonderpreis? Schließlich gehört er ja derselben Familie an...“
Er reichte mir eine lange, italienische Zigarre,
die die Form eines Korkenziehers hatte. Mit der Erklärung, ich sei
ausschließlich begeisterter Pfeifenraucher, lehnte ich ab. Daraufhin steckte
sich der Kommissar das Ding zwischen die Schneidezähne. Inzwischen hatte er
mich in ein kühles Zimmer mit schnurrendem Ventilator geleitet.
„Kennen Sie den Kerl, der Sie so freundlich
begrüßt hat?“ fragte er, nachdem er mir einen Stuhl angeboten hatte.
„Ja. Ich war dabei, als er festgenommen wurde.
Was wollen Sie von ihm? Sieht ganz so aus, als glaubte er, ich hätte ihn
verpfiffen...“
„Hörte sich ganz so an, ja. Tatsache ist, daß
wir einen anonymen Anruf bekommen haben. Ich hätte dem ja keine Bedeutung
beigemessen, aber diese jungen Kollegen...! Der Anrufer behauptete, der Mann
gehöre zur Bande um Chichi-Frégi. Da sind sie in dieses Café gefahren und haben
ihn festgenommen. Chichi-Frégi macht uns alle ganz verrückt..
Ich blies eine Wolke aus Pfeifenrauch an die
Decke. Chichi-Frégis Bande interessierte mich nur mäßig. Doch meine Pfeife zog
gut, der Stuhl war bequem und der Ventilator funktionierte ausgezeichnet. Also
ließ ich den Korsen erzählen. Hatte den Eindruck, er ließ sich nur deshalb so
ausführlich über die zweifelhafte Lokalgröße aus, um nicht mit mir über falsche
Banknoten reden zu müssen. Aber irgendwann würde der Punkt kommen, da dieses
Thema erschöpft war. Dann könnten wir uns interessanteren Dingen widmen.
„Und Sie haben nichts gegen Frédéric Pottier in
der Hand?“ fragte ich.
„Nichts. Sicher, er kommt gerade aus dem
Gefängnis und ist tätowiert, aber das ist beides kein Verbrechen. Hält sich
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