Blütenrausch (German Edition)
angespannt und unter Zeitdruck, und so interessierte mich in diesem Moment nicht sonderlich, was Ihre Freundin über Ihren Schrebergarten erzählte.«
» Und, was hat sie erzählt?«
» Sie erwähnte Ihren Schrebergarten im Zusammenhang mit den Kakaoteigtaschen mit Schokolade-Canache, welches ein Teil des von ihr am Ende ausgesuchten Desserts war.«
» Und das wäre?«
» Was?«
» Das ausgesuchte Dessert.«
» Ach so ...«. Mittlerweile hielt ich die Menükarte in der Hand und fächerte mir mit ihr ein wenig Luft zu. Ich hörte damit abrupt auf und konzentrierte mich wieder auf das korrekte Vorlesen. Sophia durfte auf keinen Fall merken, dass ich vorlas: »Wie gesagt, Kakaotaschen ... ehhh, ich meine Kakaoteigtaschen mit Schokolade-Canache und dann noch Stracciatella-Eis auf Pistaziensauce und Orangenfilets.«
Vor lauter Aufregung, weil ich mich mit dem Wort "Kakaoteigtaschen" verheddert hatte, las ich den letzten Teil des Satzes zu schnell. Ich fluchte innerlich, weil ich mir so einen dummen Vorlese-Fauxpas geleistet hatte. Ich hoffte nur, dass Sophia davon nichts merkte, denn nachdem ich so dreist angab, dass ich aus beruflichen Gründen mir die Menüs merken konnte, wäre es äußerst peinlich gewesen, wenn sie jetzt herausfand, dass dies gelogen war.
» Hört sich gut an«, sagte sie nur, ohne dass ich aus ihrer Stimme einen Hauch von Sarkasmus oder Misstrauen raushörte. »Und was hat jetzt dieses Dessert mit meinem Schrebergarten zu tun?«
» Kakao. Es war der Kakao, der sie dazu brachte, den Schrebergarten zu erwähnen. Obwohl ich versuchte, sie zu überzeugen, dass sie ein leichteres Dessert nehmen sollte, erzählte sie, dass sie unbedingt das Dessert mit dem Kakaoteigtaschen haben wollte, denn sie trank immer so gerne Kakao, wenn der Herbst kalt und sie im Schrebergarten war. Es rief schöne Erinnerungen in ihr hervor. Und dann erzählte sie, wie es dazu kam, dass sie in einem Schrebergarten Kakao trank. Sie fing auch an, etwas über Partys und ein Refugium zu erzählen, aber da verlor ich schon den Faden. Mein Handy klingelte unentwegt und ich sah, wie der Chefkoch langsam die Geduld verlor, sodass ich ihr notgedrungen mit etwas Takt beibringen musste, dass der Chefkoch weiterarbeiten und ich ins Büro wollte. Daher weiß ich das von Ihrem Schrebergarten. Was mich brennend interessiert, ist, warum Sie überhaupt einen dieser Gärten besitzen? Ich meine, wenn ich mich nicht täusche, sind Sie im Luxus aufgewachsen und Ihre Familie besitzt mehr als ein Gärtchen. Irgendwie passt es nicht zu dem Bild einer gut situierten jungen Dame.«
Am anderen Ende der Leitung vernahm ich Gelächter. »Wissen Sie, was es bedeutet reich zu sein?«
Dumme Frage .
Natürlich wusste ich es. Deswegen war ich ja auch eine Zeit lang Polizistin gewesen: Um mich tagtäglich mit Kriminellen zu beschäftigen und mehr Dienste zu schieben, als mein Schlaf es mir erlaubte. Und deswegen bin ich auch Hochzeitsplanerin geworden, um mich den Launen der Brautleute, der Angehörigen und der Dienstleister auszusetzen. Reich sein war mir zu langweilig, daher bevorzugte ich ja auch das Leben der einfachen Leute, die mit harter Arbeit ihre Brötchen verdienen müssen.
Das alles hätte ich ihr gerne in den Hörer reingebrüllt, als sie die Frage stellte und ich aus ihrer Stimme raushörte, was für ein schwieriger Umstand es doch sei, reich zu sein. Stattdessen klemmte ich den Hörer zwischen meiner linken Schulter und meinem Ohr fest, um meine Hände freizuhaben, öffnete die halb leere Flasche Wasser, die auf dem Tisch stand, nahm zwei große Schlucke um meinen Ärger zu ertränken und schwieg.
» Es ist nicht so einfach«, meinte sie mit überzeugter Stimme.
Natürlich nicht . Einfacher ist es arm zu sein. Da braucht man sich über wichtige Dinge, wie, wann erscheint die nächste Prada Tasche, wo sollen wir unseren nächsten Luxusurlaub verbringen oder welches Internat ist das Beste für unsere Kinder, keine Gedanken zu machen.
» Jeder will mit einem befreundet sein, aber nicht weil man sich sympathisch ist, sondern des Geldes wegen.«
Soll ich gleich anfangen zu heulen?
» Ich dachte, in Ihren Kreisen sind alle reich und Geld spielt keine Rolle.«
» Das stimmt. Ich bin unter unseresgleichen aufgewachsen. Ich kannte nichts anderes, als den Besuch teurer Internate und Shoppingwochenendtrips nach London oder New York, aber ich wollte auch mal sehen, wie es ist, unter Leuten zu sein, die nicht ständig im Geld ihrer Eltern
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