Blütenrausch (German Edition)
hielt den Blick dabei weiterhin auf das Taxi vor uns gerichtet. »Ja, so etwas in der Art. Wir dürfen Ihren Kollegen nicht verlieren, okay?«
» In Ordnung, Boss.« Er beschleunigte den Wagen.
Wir fuhren am Kudamm entlang in Richtung Grunewald, passierten Zehlendorf und erreichten nach zwanzig Minuten Fahrt den Schlachtensee.
Als Sophias Taxi ungefähr hundert Meter vor uns anhielt und nicht mehr weiter fuhr, wies ich den Fahrer an, an der nächsten Ecke zu halten. Während wir an dem Taxi vorbeifuhren, hielt ich mich geduckt, damit mich Sophia nicht bemerken konnte. Nachdem ich bezahlt und mich vergewissert hatte, dass Sophia nicht in meine Richtung schaute, stieg ich aus dem Taxi und setzte die Verfolgung zu Fuß fort.
Sophias Taxi hatte direkt vor einem dreistöckigen m odernen weißen Haus geparkt, an dessen Eingang in großen roten Buchstaben die Bezeichnung Ärztehaus am See angebracht war. Sophia war schon hinter der Tür verschwunden, als ich ankam.
Was will sie denn hier? Ich überlegte, ob sie krank war, möglicherweise hatte sie auch nur vor, jemanden zu besuchen. Mit der Vermutung, sie würde nach unserem Treffen direkt zu Tim fahren, lag ich zumindest falsch.
Das Gebäude war innen sehr hell, hatte große Fensterfronten, die nach hinten in einen kleinen Park führten. Gelbe Wände und ein beindruckender hängender Plasmaschirm hinter dem Empfang mit der Aufschrift Willkommen im Ärztehaus am See sollten die Besucher von der Freundlichkeit des Hauses überzeugen. Zwei junge Frauen in weißer Uniform saßen hinter dem Empfangstresen, bedienten die klingelnden Telefone und kümmerten sich um die wechselnden Besucher.
Auf der gegenüberliegenden Seite, in der hintersten Ecke, befand sich eine Wohnlandschaft, bestehend aus zwei blauen Ledersofas und einem kleinen Tisch, auf dem sowohl die neuesten Mode- und Sportzeitschriften als auch der Hochglanzprospekt des Hauses lagen. Sophia war nicht mehr zu sehen, und da ich nicht wusste, wohin sie gegangen war, entschied ich, es mir hier erst mal gemütlich zu machen und zu warten, bis sie wieder erschien. Die Sitzlandschaft stand weit genug von den Aufzügen entfernt, sodass, wenn sie runterkam, sie mich nicht sehen konnte, zumal ich beabsichtigte, mich vorsichtshalber hinter einer der zahlreichen Zeitschriften zu verstecken.
Die Mi nuten vergingen wie in Zeitlupe. Ich starrte gebannt auf die zwei nebeneinanderliegenden Aufzüge, aber diese öffneten und schlossen ihre Türen für sämtliche Besucher außer für Sophia. Nach einer Weile fing ich an, mich entsetzlich zu langweilen und überlegte, ob ich nicht doch losgehen und sie suchen sollte, verwarf aber gleich wieder den Gedanken. Was, wenn sie mir gerade entgegenkam? Welche Ausrede hätte ich dann gehabt? »Oh, das ist aber ein Zufall, sind Sie auch krank ? « Auf so etwas würde sie nicht reinfallen.
Um die Sitzzeit etwas ert räglicher zu machen, begann ich, in dem Prospekt zu blättern, den ich schon die ganze Weile als Tarnung in den Händen hielt, ohne dabei die Lifte aus den Augen zu lassen. Das Werbeheft hatte mehr als dreißig Seiten. Es präsentierte nicht nur die Fachrichtungen, die im Haus vertreten waren, es stellte auch das hier arbeitende Personal sowie einige Auszüge aus wichtigen zusammengestellten Statistiken und Artikel über verschiedene Leiden, Therapien und Heilungschancen dar. Ich überflog die Seiten, las hin und wieder einige Überschriften, bis ich auf das Bild eines lächelnden Arztes stieß, der hier arbeitete.
Dr. med. David Behring, Facharzt für Kardiologie.
Auf diese überraschende Inform ation war ich nicht im geringsten vorbereitet. Ich wusste, dass Natalies Ehemann Arzt war, was er genau tat oder wo er arbeitete, hatte ich jedoch nie nachgefragt. Irgendwie ging ich davon aus, dass er in einem städtischen Krankenhaus arbeitete, und so wunderte ich mich, ihn hier anzutreffen.
War es Zufall oder wollte Sophia zu ihm? Sicher: Sie war erst aus Amerika gekommen und es war verständlicherweise möglich, dass sie ihm persönlich ihr Beileid aussprechen wollte. Musste sie aber deswegen zu ihm in die Praxis? Wäre es nicht logischer gewesen, ihn nach der Arbeit zu besuchen? Außerdem, hatte sie nicht mehrmals erwähnt, dass sie ihn nicht mochte?
Mein Gehirn schwirrte. Ich war kurz davor , sein Büro aufzusuchen, doch bevor ich mich aus dem Sessel erhob, öffnete sich einer der Lifte und Sophia kam heraus.
Sie war in Begleitung von Natalies Ehemann.
Ich rutschte tiefer
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