Blütenrausch (German Edition)
hatte ich ein wenig Zeit, um mich um das eigentlich Wichtige zu kümmern. Ich rief in Behrings Wohnung an. Es war Dienstag, und wenn Behring nichts geändert hatte, bedeutete es, dass die Putzfrau noch da war. Von Natalie wusste ich, dass sie dienstags und freitags dort reinigte. Normalerweise werden Putzgehilfinnen angewiesen, nicht ans Telefon zu gehen, aber da die Behrings den Anrufbeantworter nie in Betrieb nahmen, hatte ich vor, so oft anzurufen, bis sie genervt an den Hörer ging. Mit Erfolg. Beim sechsten Mal begrüßte mich eine grimme Stimme mit den Worten »Ja? Doktorr nicht da, ich bin Silvia, was wollen?«
Hatte Natalie erwähnt, dass die Frau aus Polen kommt?
» Hallo Silvia, danke, dass Sie ans Telefon gegangen sind. Mein Name ist Trautheim und ich bin ... ich meine, ich war die Weddingplanerin von den Behrings.«
»Ach so, planen Doktorr jetzt Wohnung in Wedding?«
Was haben bloß alle mit diesem Bezirk am Hut?
»Nein, ich habe die Hochzeit von Frau und Herr Dr. Behring organisiert.«
»Ach so ... Sehr schlimm. Arme Frau Doktorr. Und für Sie, nicht gut gegangen, oder? Noch wollen Paare mit Sie heiraten oder schon arbeitslos?«
Feingefühl ist wohl nicht ihre Stärke.
Ich hatte keine Lust, mich wegen meiner Arbeit vor einer Fremden zu rechtfertigen, also kam ich gleich zur Sache: »Dr. Behring hat mir gesagt, Sie wären heute bei ihm und ich könnte Sie anrufen. Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
»Ich nix mehr Haus putzen. Ich voll, keine Zeit, aber F roindin. Gut putzen, wollen Telefon?«
»Nein, darum geht es nicht, danke. Ich putze meine Wohnung selbst, es entspannt mich.« Was erzähle ich da bloß für einen Mist? »Ich wollte mit Ihnen über etwas anderes reden. Können Sie sich an ein schwarzes Heftchen erinnern? Kurz vor der Hochzeit? Frau Behring hat es auf dem Tisch im Arbeitszimmer ihres Mannes gefunden. Haben Sie es dort hingelegt?«
Silvia schien nachzudenken, denn sie sagte kein Wort.
»Es ist sehr wichtig ... für Dr. Behring.«
»Ja, ich denken gehört Doktorr.«
»Gut, Silvia. Jetzt denken Sie nach. Wann war das genau?
»Ich immer putzen Dienstag und Freitag . Kleine Feier am Mittwoch, so ich putzen diesmal Mittwoch am Morgen. Dann ich, weil Feier und danach dreckig, wieder kommen Mittwoch um vier, bleiben nur zwei Stunden. Warten auf Catering abholen und putzen Wohnzimmer und Küche. War dann.«
»Und w o haben Sie das Heft gefunden?«
»In Ecke Sofa, auf Boden, fast nicht gesehen, mit Staubsoger gebracht.«
»Sie meinen, der Staubsauger hat ihn hervorgesaugt?«
»Ja, so ist. Fast unter Sofa. Ich Buch auf Tisch Doktorr legen, weil ja schwarz und ich denken Männerbuch. Frauen keine schwarzen Bücher. Weiß, rot, gelb, ja, aber nix schwarz, oder?«
»Ja, so kann man es auch sehen.« Einen Vortrag über den Zusammenhang zwischen Frauenemanzipation und Farben hätte jetzt wenig Sinn gemacht, stattdessen stellte ich eine andere wichtige Frage: »Während Sie in der Wohnung waren, ist jemand vorbei gekommen oder hat jemand geklingelt?«
»Ja, Catering, alles wieder mitnehmen .«
»Sonst noch jemand?«
»Nein ... j a ... kurz klingen, aber ich nix aufmachen ... ich Toilette.«
»Und es hat nicht wieder geklingelt?«
»Nein, ich fertig und dann gehen. Sie sicher keine Putzfrau? Meine Froindin ...«
Bevor Silvia weiter versuchte, mich zu überreden ihre Freundin als Putzhilfe einzustellen, schnitt ich ihr das Wort ab, indem ich mich höfflich bei ihr bedankte, und legte aufgeregt auf.
Da war es also: ein wichtiges Teil im Puzzle. Endlich. Das schwarze Heft gehörte mit ziemlicher Sicherheit einer der Personen, die Tage vor der Hochzeit in der Wohnung zu Besuch waren. Nur wem? Das musste ich jetzt herausfinden. Auf einem Zettel schrieb ich die Namen der vier Freundinnen, die zur privaten Abschiedsfeier erschienen waren, gefolgt von den Besuchern, die kurz zuvor und danach irgendwann in der Wohnung waren.
Hannah Kraft konnte ich als Besitzerin des Heftes erst mal ausschließen. Gehörte es ihr, hätte sie mit Sicherheit nichts von dem Brief, den sie von Natalie bekam, erwähnt. Die vom Cateringservice konnte ich womöglich als Besitzer des Heftchens auch ausschließen, zur Sicherheit wollte ich trotzdem nachfragen. Signor Beltrani, der Eigentümer, war ein sympathischer hart arbeitender Italiener, der die besten Pastaspezialitäten weit und breit vorbereitete. Sein Cateringservice war in den guten Kreisen sehr beliebt. Er achtete auf
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