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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mila Herbst
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nicht gebrauchen. Ich ließ ihn in Ruhe und ging alleine in die Küche. Bevor ich mich wieder auf meinen anderen, richtigen Job stürzte, wollte ich eine Weile über die neuen Informationen, die ich vor ein paar Stunden bei Behring gesammelt hatte, gründlich nachdenken. Und das ging natürlich nur bei einer Tasse gutem heißen Latte Macchiato.
     
    Nach vier Stunden konzentrierter Arbeit war ich endlich fertig. Ich hatte mit einem Lieferanten erfolgreich über die Verleihung von achtzig cremefarbigen Stuhlhussen verhandelt; eine Kundenbeschwerde über die Druckerei, die die Einladungskarten einer Hochzeit drucken sollte, entgegengenommen und gleich weiter geleitet; sechzig kleine Gastgeschenkkartons, die morgens per Kurier aus London eingetroffen waren, zurechtgebastelt; fünfzehn E-Mails beantwortet und mit drei Kundinnen über Kleinigkeiten, die ihre jeweiligen Hochzeiten betrafen, gesprochen. Ich war fertig und wollte nur noch nach Hause. Bodo war schon längst gegangen. Ich fuhr den Rechner runter, schnappte mir meine Jacke und die Handtasche, machte die Lichter aus und verließ hungrig und müde das Büro.
    Draußen war es schon dunkel.
    Auf dem Weg nach Hause holte ich mir vom Chinesen zwei große Rationen Wan Tan Nudeln und ließ mir gleich eine Flasche chinesischen Rotwein mit einpacken. Der Wein schmeckte gar nicht so übel. Liang, der nette Imbissbesitzer, erklärte mir, in den letzten Jahren seien die Chinesen auf dem Geschmack gekommen und würden seither erfolgreich ihren eigenen Wein anbauen. Ich bevorzuge immer noch die spanischen oder französischen Tropfen, aber für heute Abend würde der chinesische auch seine Dienste tun.
    Zuhause brachte ich alles in die Küche und gönnte mir erst ei nmal eine ausgedehnte Badewannenzeremonie, mit duftendem Badesalz, Kerzen auf dem Boden und einer Portion Heavy Metal Klänge, die einen Toten in seinem Grab erwecken würde, die mich aber seltsamerweise in einem himmlischen Ruhezustand versetzen konnte. Tiefenentspannt und mit nichts als einem Bademantel bedeckt, ging ich danach in die Küche, wärmte mir mein Abendessen und öffnete die Flasche Rotwein. Als ich in den Flaschenhals schnupperte, hoffte ich, der Geruch des Weines würde mich für einen kurzen Moment an die Düfte Asiens erinnern. Aber das klappte wieder einmal nicht. Langsam fragte ich mich, ob der Wein nicht doch woanders hergestellt und bloß umetikettiert worden war.
     
     
     

Dienstag
     
    Ich hatte schon lange nicht mehr so gut geschlafen. Vielleicht sollte ich in Zukunft öfters chinesischen Rotwein trinken, grinste ich, als ich voller Elan das Büro betrat. In einer halben Stunde erwartete ich eine Kundin, die mit mir ihr Hochzeitsprogramm besprechen wollte, und da galt es wach zu sein. Wie alle zukünftigen Brautpaare wünschten auch sie sich ein einzigartiges Überraschungsprogramm, das keiner ihrer Gäste zuvor auf anderen Feiern erlebt hatte. Nach so vielen Hochzeiten, die ich bisher organisiert hatte, fiel es mir von Mal zu Mal schwerer, etwas Außergewöhnliches zu finden. Ich hatte aber in all den Jahren schnell gelernt, dass viele der Ideen, die ich vorschlug, sehr gut angenommen wurden, und meine Kunden gar nicht bemerkten, dass ich zum zwanzigsten Mal einen Elvisimitator, einen falschen Kellner oder einen Karikaturisten engagierte. Alles eine Frage der geschickten Vermarktung.
    Dieser Fall war jedoch anders. Diese Braut hatte mir vor einiger Zeit eine Liste mit Akteuren vorbereitet, die für das Unterhaltungsprogramm ihrer Gäste auf keinen Fall infrage kämen. Und das waren so fast alle Entertainer, die ich in meiner Kartei hatte. Aber ich wäre ja nicht die beste Hochzeitsplanerin Berlins, wenn ich nicht auch für Härtefälle wie diesen eine Lösung parat hätte.
    Ich schlug den Ordner "Paray/Stüber" auf und legte die Prospekte meiner Vorschläge auf den Tisch. Auf die Band hatten wir uns schon geeinigt. Was noch fehlte, waren ein paar Unterhalter, die die Gäste zum Staunen brachten. Ich war mit meiner Auswahl zufrieden, jetzt musste ich nur noch meine Kundin überzeugen.
     
    Nach einer harten Stunde, in der ich meine ganze Überzeugungskraft ins Spiel bringen musste, verließ Frau Stüber zufrieden das Büro. Echte hawaiianische Hula Tänzerinnen als Auftakt des Empfangs und ein indischer Schlangenbeschwörer als Lückenfüller, während die Band Pause machte, so was hatte sie nun wirklich nicht erwartet und fand die Idee nach erster Skepsis dann doch grandios.
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