Blütenzauber und Liebeswunder: Roman (German Edition)
Transportmittel ihrer Wahl gewesen. Die auf die Seitenwände gemalten roten und grünen Peperoni sahen aus wie missgebildete, radioaktiv verseuchte Nacktschnecken, und die Pitabrote glichen einem Stapel kopfloser toter Fische. Und was diese rosa-graue längliche Fleischrolle anging – also wirklich … Cherish wandte den Blick ab.
Sie konnte mit Stolz behaupten, noch nie in ihrem Leben einen Kebab gegessen zu haben.
»Komm schon, Kleines.« Brian hielt die Beifahrertür noch weiter für sie auf. »Du kannst sonst noch lange hier warten. Soviel ich gehört habe, hatte der Bus kurz hinter Fiddlesticks eine Panne. Du frierst dir hier ja noch etwas ab bei dieser Kälte.«
Die Wartenden stöhnten und schienen ärgerlich zu werden. Cherish zögerte nicht länger. Sie kletterte unbeholfen in den Wagen.
»Prima, Kleines.« Brian strahlte sie zufrieden an, beugte sich herüber und zog die Beifahrertür fest zu. »So kommst du im Handumdrehen nach Hause.«
»Vielen Dank«, sagte Cherish zaghaft. »Das ist sehr nett von dir.«
Brian nickte im Takt einer nicht erkennbaren Melodie aus dem Radio und fuhr los. Seine Haare, bemerkte Cherish, waren noch zerzauster als sonst, und an den Ärmeln seines Dufflecoats klebte Erde oder so etwas. Er roch entfernt nach Kräutern und Zwiebeln. Aber im Wagen war es gemütlich und warm, ein kleiner Strom Heizungsluft umspielte angenehm ihre kalten Füße.
»Bist wohl gerade im Laden fertig geworden, wie?«, fragte Brian im Plauderton, während er souverän den Straßenverkehr bewältigte. »Frankie hat gesagt, du arbeitest dort. Gefällt es dir?«
»Sehr gut sogar, danke«, sagte Cherish geziert und zog den Saum ihres Regenmantels an sich, um drohenden Kontakt mit Brians schmuddeligen Jeans und Stiefeln zu vermeiden. »Und ist es nicht noch ein bisschen früh für dich, um Kebab zu verkaufen? Ich dachte, das wäre etwas für abends?«
»Ja, stimmt. Ich mache das Gleiche wie du. Du und ich, wir sind quasi Kollegen, Cherish.«
Arbeitete Brian in einem Bekleidungsgeschäft? Cherish sah ihn fragend an. Doch wohl kaum?
»Du hilfst bei Frankie aus, und ich helfe dem jungen Dexter«, erklärte Brian, während sie Kingston Dapple hinter sich ließen und durch die graue und frostige Landschaft auf Hazy Hassocks zufuhren. »Netter Bursche, der Dexter. Ich habe auch seinem Onkel Ray während der Weihnachtszeit immer am Blumenstand geholfen, und es hat mich gefreut, dass er mich gefragt hat. Ich hab allerhand Grünzeug und ein paar Weihnachtsbäume für Kunden rund um Hazy Hassocks hinten im Wagen.«
Cherish konnte nur hoffen, dass im hinteren Teil des Wagens irgendwelche Hygienevorkehrungen getroffen wurden, um zu verhindern, dass sich Brians Erwerbszweige, nun ja, miteinander vermischten. Immerhin erklärte das die Erde an seinem Dufflecoat.
»Hast du deinen schon?«
Cherish schüttelte den Kopf. »Ich mach mir nicht die Mühe mit irgendwelchen Dekorationen oder einem Christbaum. Nur für mich allein. Wozu denn?«
»Das ist ja schrecklich.«
Brian fuhr scharf um eine Kurve, und Cherish berührte ihn kurz. Rasch richtete sie sich wieder auf.
»Nein, im Ernst«, hinter seinen ungekämmten Haaren hervor sah Brian sie an, »das finde ich traurig. Du solltest ein bisschen Weihnachtsschmuck und so aufhängen. Nur für dich selbst. Ich hab bei mir schon geschmückt. Weißt du, ich bin wirklich überglücklich, dass Rita mir ihren Bungalow hinterlassen hat. So bin ich dieses Jahr zum ersten Mal ohne meine böse alte Mutter, und ich mach es mir so schön, wie’s nur geht.«
»Ach so?« Cherish sah ihn überrascht an. »Wie denn? Mit anderen Familienmitgliedern?«
»Lieber Gott, nein. Für mich allein. Ich freu mich schon drauf. Das wird das beste Weihnachten aller Zeiten.«
»Tatsächlich? Hattest du denn kein schönes Weihnachten, als du noch klein warst?«
»Erbärmlich war das.« Brian spitzte die Lippen. »Richtig erbärmlich. Nicht ein fröhliches Wort fiel bei uns zu Hause an Weihnachten. Es gab nicht genug Essen, keine richtigen Geschenke, immer war es kalt, weil wir uns keine Kohlen leisten konnten. Von wegen Festtagsfreude – Pustekuchen!«
»Ach, das tut mir aber leid. Die Weihnachtsfeste in meiner Kindheit waren herrlich. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich mir jetzt gar nicht erst die Mühe mache. Mit den schönen Erinnerungen kann ich es sowieso nicht aufnehmen.«
»Darum geht’s doch auch gar nicht, Kleines. Du kannst deiner glücklichen Vergangenheit nachtrauern
Weitere Kostenlose Bücher