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Blumen für den Führer

Titel: Blumen für den Führer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Seidel
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unterstützen.« Sie schwieg und schaute zu einem der hohen Fenster hinaus. »Ich finde, man sieht, dass er sehr gebildet und sensibel ist. Er liebt die Natur, sagt mein Vater. Am liebsten wandert der Führer alleine durch die Berge, daheim bei ihm zu Hause. Er ist dort zwar einsam, aber allein kann er besser nachdenken als im Trubel, der sonst um ihn ist. Weil er die Stille schätzt, verstehen Sie?«
    Waltraut bejahte. Sie hörte zu und war nicht sicher, was sie
fühlte. Sie spürte diesen Abstand zwischen ihnen und fühlte dennoch das Vertrauen, jedes Wort zu glauben. Nur dass Reni nicht mehr hersah, war nicht schön.
    Waltraut hob ihre Tasse und trank den etwas abgekühlten Tee, er hatte etwas Bitteres, wenn man ihn im Mund beließ. Reni schwieg einen Moment. Die Leute auf dem Segelschiff schlafen, überlegte Waltraut und betrachtete wieder das Ölgemälde an der Wand. Sie schlafen und wissen nichts vom Mondlicht auf dem Wasser. Sie sehen nicht, was der Betrachter sieht.
    »Als wir uns verabschiedeten, der Führer und ich, dachte ich an Gott und dass er machen soll, dass unser Führer unbedingt gesund und kräftig bleibt.«
    »Das verstehe ich, Reni. Wenn man sich so direkt gegenübersitzt und einen Menschen aus der Nähe erlebt …«
    »Wer soll denn Deutschland und die Welt zum Besseren führen, wenn nicht unser Führer?«, sagte Reni. »Alle hoffen auf ihn und dass er Frieden bringt. Mein Vater hat mir Zeitungsberichte aus London und Paris gezeigt. Die Welt bewundert uns, sagt er. Die Olympischen Spiele haben sogar seine Feinde für ihn eingenommen, liest man.« Sie sah Waltraut an. »Ich verstehe überhaupt nicht, dass der Führer Feinde hat … vielleicht im Ausland, ja. Es ist erschreckend und nicht begreiflich.«
    »Doch, doch«, sagte Waltraut leise.
    »Sollen wir uns den Rest des Tees teilen?«, fragte Reni. Sie nahm die Kanne, ohne eine Antwort abzuwarten. »Der Darjeeling ist ein besonders feiner Tee aus Westbengalen. Wir trinken eine erste Pflückung, so nennt man das. Es ist die beste Qualität. Man übergießt ihn mit sprudelndem Wasser und darf ihn nicht zu lange ziehen lassen, dann bleibt er hell
und weich. Die Kanne muss man vorwärmen.« Sie lächelte und spitzte die Lippen.
    Die Salontür wurde geöffnet und Fräulein Dohm trat ein. Waltraut fiel auf, wie besitzergreifend sie Reni anblickte. Es war Eifersucht und vielleicht auch die Kränkung, die Rolle der Hausdame spielen zu müssen. Gewiss hätte sie jetzt gerne etwas gesagt wie Renate, du musst noch Schularbeiten machen oder Solltest du nicht dein Zimmer in Ordnung bringen, bevor dein Vater eintrifft? Stattdessen konnte sie das Gespräch nur mit dem Hinweis unterbrechen, dass der Herr Graf mit seinem Automobil soeben in den Hof gefahren sei.
    Waltraut stand auf und stellte ihren Stuhl zurecht.
    Reni machte es ihr nach und sagte: »Er wird sich freuen, Sie zu sehen, Fräulein Knesebeck.« Sie schaute Fräulein Dohm nicht einmal an. »Bitte, beachten Sie gar nicht, dass ich Ihnen gesagt habe, mein Vater sehe Sie falsch. Sobald er seinen Irrtum einsieht, sind Sie ihm der allerliebste Gast.«
    Waltraut lächelte. Es gab ein Risiko, nämlich die Möglichkeit, dass nichts Erhofftes sich erfüllte. Aber sie wusste nicht, warum sie gerade jetzt daran denken musste. Reni war voller Zuversicht, sie lernte ihre neue Rolle, sie tat es gerne. Das Mädel hatte Glück im Leben, so viel, dass es das Glück mit anderen teilen wollte. Warum daran zweifeln? Waltraut wurde auf sich selber wütend.
    »Ich glaube sehr fest«, sagte sie, »dass alles sich zum Guten wendet, Reni.«
    Von der Eingangshalle her wurden Stiefelschritte hörbar. Das Leder knarrte. Es war ein warmer Klang, den Waltraut von zu Hause kannte, vielleicht noch aus der Zeit des stummen Vaters.
     
    Der Graf trug einen grellgelben Wollpullover, graue Knickerbocker und auf dem Kopf eine helmförmige, braune Lederkappe. Die Rennfahrerbrille war noch festgezurrt und in die Stirn gezogen. Er sah sportlich aus, fand Waltraut, und durchaus männlich.
    Er kam auf sie zu, reichte ihr die Hand und lächelte gewinnend. »Wir haben also Besuch aus dem Pensionat. Ich sah das Motorrad im Hof.« Er blickte Reni an.
    Sie wusste, was zu sagen war. »Es ist Fräulein Knesebeck.«
    »Frau Misera hat Sie mir vor zwei Wochen vorgestellt, nicht wahr? Sie kennen ja das Gut bereits.«
    Waltraut grüßte höflich und fand den Händedruck beinah zu fest.
    Graf Haardt schaute auf den Tisch. »Hat man Sie bewirtet, das

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