Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
der beiden Wohnungen im obersten Stockwerk eines Mehrfamilienhauses mit ein wenig Grün drumherum. Wir und die Palleris.
Der Versuch, den Schlüssel ins Schloss der Wohnungstür zu stecken, misslingt. Meine Frau hat ihren Schlüssel innen stecken lassen. Ein einfaches Mittel, um mich auszusperren. Sind wir schon so weit? Ich wusste, dass es zwischen uns nicht zum Besten steht, aber ich habe nicht geglaubt, dass wir schon an dem Punkt angelangt sind, dass sie mich nicht mehr in die Wohnung lässt.
Ich drücke den Klingelknopf.
Schritte, sie halten hinter der Tür inne; die Tür geht auf. Francesca hat den Finger auf die Lippen gelegt, als wolle sie mich bitten, zu schweigen. Sie kommt auf den Treppenabsatz heraus und zieht die Tür hinter sich heran. Eigenartiges Benehmen, ich beginne, mir Sorgen zu machen, doch andererseits könnte ich schreien vor lauter Erleichterung, dass sie mich nicht ausgesperrt hat.
»Da ist jemand, der mit dir reden will.« Sie spricht so leise, dass ich ihr die Worte fast von den Lippen ablesen muss. »Er wollte nicht in die Questura kommen.«
»Es war aber doch gar nicht klar, dass ich nach Hause komme, ich komme doch nie zum Mittagessen nach Hause. Ist ein Hellseher am Werk?« Beim letzten Satz werde ich lauter, und sie bedeutet mir mit einer Geste, meine Stimme zu senken.
»Er ist schon seit über einer Stunde hier. Ich habe ihm gesagt, dass du mittags normalerweise nicht nach Hause kommst, und habe ihn so weit gebracht, dass ich dich im Büro anrufen durfte. Dann hat Anselmi mir mitgeteilt, dass du gerade die Questura verlassen hättest, um hierherzukommen.« Sie lehnt mit dem Rücken am Türrahmen. Ich habe noch nie eine aufregendere Frau gesehen, auch wenn sie nur einen ausgeblichenen blauen Jogginganzug trägt. »Wie du siehst, ist es kein Hellseher, sondern nur ein verschreckter Junge.«
Ein verschreckter Junge: »Bonacelli?«
»Ja, Nando.«
»Und er ist hierhergekommen?«
»Du hattest unsere Telefonnummer bei den Großeltern hinterlassen, und er wusste deinen Namen. Er ist nicht dumm, er ist nur eben verschreckt.«
»Und drogenabhängig. Ich will keine Junkies in meiner Wohnung.«
»Er war drogenabhängig, jetzt ist er es nicht mehr. Und außerdem ist das noch immer unsere Wohnung.« Das Wort ›unsere‹ sagt sie ganz leise, aber wie sie es sagt, hört es sich an wie gebrüllt. »Komm rein und rede mit ihm, aber sei nett dabei.«
Ich betrete die Wohnung und folge ihr in die Küche. »Manu ist bei ihrer Freundin im ersten Stock«, beruhigt sie mich.
Auf dem Tisch zwei benutzte Espressotassen.
Der junge Mann steht auf und sieht mich unsicher an.
»Ferdinando Bonacelli?«
»Nur Nando, bitte. Alle nennen mich Nando.«
»Warum sind Sie hierhergekommen und nicht in die Questura, wie Sie es Ihrer Großmutter gesagt haben?«
»Ich war ja schon an der Tür, aber habe mich dann nicht getraut.«
»Hier ist aber nicht mein Büro.«
»Setzen wir uns doch«, schaltet sich Francesca ein. »Anto, komm, setz dich und hör damit auf. Ob hier oder in der Questura ist doch egal.« Sie setzt sich, und ich würde mir wie ein Idiot vorkommen, wenn ich stehen bliebe, vor allem, da Nando es ihr gleich nachgetan hat.
Offenbar hat sie auch ihn in ihren Bann gezogen.
Statt einzuwenden, dass es nicht egal ist, ob wir hier oder in der Questura reden, höre ich mich fragen, was Nando über die Gualtieri weiß.
Er sieht mich mit den haselnussbraunen Augen eines wehrlosen Unschuldslamms an und schweigt. Da legt Francesca ihm die Hand auf den Arm. »Los, Nando, sag ihm alles, genau so, wie du es auch mir erzählt hast«, sie weist mit einer Kopfbewegung auf mich, »er wird schon verstehen, dass du nichts mit dieser Geschichte zu tun hast, er weiß, dass du allenfalls ein Zeuge bist.«
Ich weiß vor allem, dass das hier ganz und gar nicht vorschriftsmäßig ist. Jeder x-beliebige Anwalt, auch der allerunfähigste, würde eine Aussage Nandos in Grund und Boden stampfen, wenn er erführe, dass er zu mir nach Hause gekommen ist, und so weiter.
»Es tut mir leid, dass sie getötet wurde, dass sie so sterben musste. Sie war immer nett zu mir. Die Einzige, die mich nicht wie einen Leprakranken behandelt hat.«
»Wissen Sie …«, ich zögere kurz, dann korrigiere ich mich, »weißt du eigentlich, wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdient hat?«
Er schüttelt seine hellbraune Mähne: »Ich bin ja nicht blöd, und außerdem hat sie mir gegenüber nie ein Geheimnis daraus gemacht.«
Ich müsste
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