Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
ihn jetzt fragen, ob er etwas über den Mord weiß, doch ich lasse ihn einfach weiterreden.
»Wir hatten nie was miteinander, so war das nicht. Wir waren einfach Freunde. Die anständigen Leute wollten ja nichts mit unsereinem zu tun haben. Sie war einsam, viel einsamer als ich. Ich habe ja meine Großeltern, sie hatte niemanden.«
»Ist eine Schwester niemand? Standen sie nicht telefonisch in Kontakt?«
»Die hat sich doch nur geniert, zu Gina nach Hause zu kommen.«
»Das ist gar nicht so merkwürdig, vielleicht musste sie Ärger von ihrem Mann befürchten.«
»Die hat Gina doch nur angerufen, um ihr Predigten zu halten oder um sie um ein bisschen Geld anzupumpen.« Am Anfang hat er beim Sprechen nur auf die Tischplatte gestarrt und hat immer wieder Francescas Hände gestreift, als wolle er sich damit Mut verschaffen, doch diesen letzten Satz schleudert er mir ins Gesicht. »Gepumpt und nie zurückgezahlt. Sie ist nicht einmal zu Gina in die Wohnung gekommen, um das Geld abzuholen. Sie haben sich irgendwo draußen getroffen. Hat Ihnen die Schwester das auch erzählt?«
»Ein bisschen Geld, wie viel denn?«
»In der letzten Woche vom Monat so drei- oder vierhundert, um über die Runden zu kommen.« Er unterbricht sich und sieht mir wieder fest ins Gesicht.
Ich bin kein Idiot, auch ich denke, dass diese Woche die letzte im Monat ist und dass die Anspannung von Maura Gualtieri vielleicht daher rührt, dass sie diese Anleihe eigentlich dringend gebraucht hätte. Falls Nando mir die Wahrheit gesagt hat und falls Gina Nando die Wahrheit gesagt hat.
»Einmal war es der Zahnarzt der Kinder, der mehr Geld wollte, als im Kostenvoranschlag stand, dann war wieder der Fernseher kaputt, ein andermal brauchte sie eine neue Waschmaschine. Und nie hat sie nur einen Fuß in Ginas Wohnung gesetzt. Das Geld hat sie immer irgendwo draußen eingesackt.«
Das Schlimmste ist, dass Maura nun nicht mehr vertrauenswürdig ist. Möglicherweise hat sie wirklich wenig von der Schwester gewusst, möglicherweise hält sie aber auch wichtige Informationen zurück.
»Weißt du, ob sie Injektionen gemacht hat?«, fragt Francesca und schiebt ihre Hand ein wenig näher zu ihm hin.
»Injektionen? Können Sie sich vorstellen, dass die Leute in unserem Haus sich von der Hure Injektionen machen lassen?«
»Warte, Nando, ich habe mich falsch ausgedrückt. Hat sie sich irgendeiner Behandlung unterzogen, für die sie Injektionen bekommen musste?«
»Sie hat schon vor Monaten davon geredet. Die Halswirbel haben ihr ziemliche Probleme gemacht. Sie hat jemanden gefunden …«
»Jemanden - Mann oder Frau?«
Nando sitzt schweigend da, er hat die Augen geschlossen, als versuche er, sich die Szene wieder zu vergegenwärtigen. »Ich weiß es nicht. Sie hat es so ausgedrückt: Ich habe jemanden für die Spritzen gefunden. Weiter nichts.«
»Erinnerst du dich noch, wann das ungefähr war?«
»Erst vor zwei oder drei Wochen, vielleicht ein bisschen früher, mir hat sie es jedenfalls vor ungefähr einer Woche gesagt.«
»Kannst du dich an den genauen Tag erinnern?«
»Ja, weil ich ihr immer am selben Tag Blumen mitgebracht habe, und sie hat es mir an einem Tag gesagt, an dem ich Blumen dabeihatte.«
Blumen. Ich sehe, wie Francescas Hand sich ein bisschen bewegt. Die anderen Dinge, ja, die hat er ihr erzählt, aber nichts von den Injektionen und von den Blumen.
»Hast du ihr öfter Blumen mitgebracht?«
»Sie mochte Blumen. Ich arbeite in einem Pflanzenfachbetrieb. Manchmal sind die Blumen nicht mehr so frisch, dass man sie noch verkaufen kann, aber sie sind immer noch schön, und dann dürfen wir sie mitnehmen. Ich bringe immer Großmutter welche mit, für den Friedhof.« Seine Augen werden feucht, es ist nur ein Schleier und nur für einen Augenblick. »Die anderen habe ich Gina gegeben, sie war nicht wählerisch, und die Blumen haben ihr gefallen, auch wenn sie schon ein bisschen welk waren. Sie hat immer gesagt, dass sie trotzdem noch ihre Farbe, ihren Duft und ihre Schönheit hätten.«
»Als wir die Leiche gefunden haben, waren keine Blumen in der Wohnung.«
»Am Freitagabend habe ich ihr Nelken gebracht, nicht gestern, sondern am Freitag davor, und sie hat sie sicher am Montag oder spätestens Dienstag danach weggeworfen.«
Meine Tasche steht noch auf dem Stuhl im Flur, und in der Tasche ist die Akte. »Verstehst du etwas von Blumen und Pflanzen?«
»Ja, ich habe Pflanzen schon immer gemocht. Ich wollte auf das Marsano gehen, wissen Sie,
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