Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
schicksalhafte Montag.
»Antonio?« Es ist Francesca, und sie ist definitiv gereizt.
Dabei habe ich sie in letzter Zeit gar nicht betrogen. Und Francesca ist nicht die Frau, die eine Krise kriegt, wenn die Waschmaschine einmal kaputt ist. Sie setzt sich dann einfach hin und repariert sie. Manu.
»Manu?«
»Was ist mit Manu? Sie ist in der Schule. Als ich mich von ihr verabschiedet habe, ging es ihr gut.« Pause. »Nein, es gibt ein anderes Problem. Sie haben mich vom Büro aus angerufen.«
»Musst du deinen Urlaub abbrechen, musst du irgendwohin fahren?« Das kommt hin und wieder vor. Auch wir beide haben uns nicht in Genua kennen gelernt, obwohl wir hier schon immer wohnen.
»Nein. Kannst du mich vielleicht ausreden lassen? Für mich ist ein Brief gekommen.« Vermutlich nimmt sie jetzt den Zettel zur Hand, auf dem sie sich Notizen gemacht hat. »Ein Brief adressiert an Dottoressa Francesca Lucas. Keinen Hinweis, dass er privat oder persönlich ist. Monica …« Kurze Pause. »Monica, die für die Post zuständige Sekretärin, hat ihn aufgemacht. Das ist normal, sie weiß ja, dass ich Urlaub habe.«
Aber das sollte doch die Woche der Waffenruhe sein!
Sie liest weiter: »Normaler weißer Umschlag, darin ein Blatt Papier mit ein paar Worten. Monica sagt, dass sie aus diesen phosphoreszierenden Klebebuchstaben für Kinder zusammengesetzt sind. EINS ZWEI DREI - DU BIST AN DER REIH. Als sie das gelesen hat, hat sie mich sofort angerufen.«
»Der Umschlag?«
»Den hat sie aufgehoben. Das tun wir immer, um Ärger zu vermeiden. Die Umschläge auf die eine, den Inhalt auf die andere Seite, wir heben sie immer eine Weile auf. Ich will dir deine Zeit nicht stehlen, doch es schien mir richtig, dir Bescheid zu geben.« Pause. »Gehst du hin oder schickst du jemanden?«
»Ich schicke …«
»Bitte nicht Ravazzi. Jemanden, der ein bisschen Hirn hat. Ach ja - Monica wird denjenigen sicher auch darauf hinweisen - die Signatur, die wir oben rechts auf den Umschlag und auf das Blatt machen, ist unser Bezugszeichen …«
»So wie bei uns die Protokollnummern.«
»Aber unser System ist ein wenig simpler. Wir haben eine Art Register, doch nicht in Papierform, wir registrieren die Sachen mit einer Nummer und die schreiben wir auf den Umschlag und auf den Brief. Klar?«
»Was meinst du mit einem Register nicht in Papierform?«
»Wir haben eine eigene Datei dafür. Jede Woche eine neue. Das ist nicht so umständlich, braucht weniger Platz, und man kann schneller nachschauen, als wenn man in den alten staubigen Kladden blättern muss.«
»Kapiert.« Ich habe kapiert, dass Ravazzi nicht zur Diskussion steht. Ich werde Iachino schicken. »Übrigens, Francesca, ich gehe zum Essen zu meiner Mutter, und dann fahre ich bei …« Ich fange an zu stottern, weil ich nach dem Zettel suche. »Bei Borgese vorbei. Bei dem Professor.«
»Behandle ihn aber nicht wie einen alten verstaubten Baron. Ich weiß, dass er ein Altachtundsechziger ist und immer noch ziemlich auf Zack.«
»Auf Zack?«
»Nun, jedenfalls kein Tattergreis. So um die fünfzig. Man erzählt sich, dass er nach jedem Seminar eine Studentin vernascht.«
»Woher weißt du das denn?«
»Vollständige Personenbeschreibung mit Namen, Telefon und akademischen Referenzen.«
Francesca ist diejenige, die das Gehirn und die Kontakte hat, die ein Polizist braucht, nicht etwa ich. Wenn ich ihr das sage, bringt sie mich um. Sie redet weiter, und ich hänge meinen Gedanken nach …
»… hast du was dagegen?«
»Was?«
»Wenn ich auch zum Essen zu deiner Mutter komme? Du kannst es ruhig sagen, wenn es dich stört.«
»Nein, warum denn?« Wie immer werden wir zwei gegen einen sein: die beiden Frauen gegen mich. »Ich muss ihr nur noch Bescheid sagen.«
»Ich rufe sie an«, sagt Francesca, »wenn etwas dagegen spricht, melde ich mich, wir essen aber auf alle Fälle zusammen.«
»Ich bin ja zeitlich flexibel.«
»Ich bin auch kein Säugling, der zu festen Zeiten seine Flasche braucht. Früher oder später, das ist egal.«
Iachino ist begeistert, dass er in die Agentur gehen darf. Erstens, weil meine Frau dort arbeitet. Nachdem er sie gesehen hat, hofft er, dass die anderen dort auch so sind wie sie. Armer Junge! Ich lasse ihm seine Illusion. Zweitens, weil er ein Computer-Narr ist, und die Vorstellung, mit jemandem zu sprechen, der sich wirklich auskennt und wer weiß wie gut damit umgehen kann, macht ihn ganz zappelig. Drittens hat er kapiert, dass man ihn Ravazzi vorzieht,
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