Blumen Für Sein Grab
es zu akzeptieren.
»Lassen Sie Rachel doch selbst entscheiden, was sie will und was nicht«, sagte er diplomatisch.
»Sie glauben, Rachel will mich nicht?« Nevils blasses Gesicht leuchtete rot, entweder vom kalten Wind oder vor Zorn.
»Was zur Hölle wissen Sie schon davon?«
»Nichts.« Es war an der Zeit, das Thema zu wechseln.
»Sie und Ihre Mutter müssen sehr aufgebracht sein wegen Gillian Hardys Ermordung. Sie haben jahrelang eng zusammengearbeitet; Gillian muss fast schon eine Freundin gewesen sein.« Die Energie, die Nevil aus seinem Zorn gezogen hatte, verschwand schlagartig. Er wich vor Markby zurück und begann eiligen Schrittes den Berg hinaufzumarschieren. Doch er konnte sein eigenes Tempo nicht halten, und schließlich wurde er langsamer und rang nach Atem. Markby holte ihn wieder ein.
»Sie war ein gutes Mädchen«, sagte Nevil mit schwerer Zunge zwischen zwei Atemzügen. Er hielt den Kopf gesenkt, und Markby konnte sein Gesicht nicht sehen.
»Ihre Eltern waren jedenfalls sehr auf Gillian angewiesen«, erwiderte Markby.
»Sie werden es schwer haben, ohne ihre Tochter zurechtzukommen, insbesondere, wo sie die Einzige mit einem Führerschein war und ihr Vater schwerbehindert ist. Sie sitzen jetzt in ihrem Cottage wie ein Fisch auf dem Trocknen.«
»Das weiß ich alles selbst!«, rief Nevil, und der Wind wehte ihm die Worte von den Lippen.
»Ich war eben erst bei ihnen, oder haben Sie das vergessen? Sie müssen mir keine Vorträge darüber halten! Wer sind Sie überhaupt? Sie kommen hierher, mischen sich in unsere Angelegenheiten, stecken Ihre Nase in alle möglichen Dinge …« Seine Stimme bebte vor Zorn, und er marschierte von neuem los, entschlossen, Markby abzuhängen. Diesmal ermattete er nicht so schnell wie beim ersten Mal, und da es so aussah, als würde er lieber vor Erschöpfung umfallen, bevor er sich noch einmal einholen lassen würde, ließ Markby ihn ziehen. Als er beim Hotel ankam, war Nevil außer Sicht. Mr. Troughton begrüßte ihn in der Empfangshalle.
»Ihre Freundin Miss Mitchell war hier, Chief Inspector! Sie hat nach Ihnen gesucht, denke ich.« Er schüttelte traurig den Kopf.
»Sie haben sie verpasst.«
Nachdem sie Alan nicht vorgefunden hatte und keine Lust verspürte, unverrichteter Dinge nach Malefis Abbey zurückzukehren, war Meredith zum Windmill Hill spaziert, vorbei an den beiden jungen Männern, die noch immer vor dem Tor warteten, und hinauf bis zum Gipfel des Hügels. Inzwischen wehte der Wind kräftig und eiskalt, ging durch ihren Pullover hindurch. Die Aussicht von oben war genauso atemberaubend wie zuvor, wenn auch um einiges trostloser. Es hatte etwas Prähistorisches. Die Landschaft hatte sich in Jahrhunderten kaum verändert, nicht seit der Zeit, da der Mensch seine ersten Hütten aus Lehm und Stroh in dieser Gegend errichtet hatte.
Der Gedanke an primitive Behausungen erinnerte sie an das Lager, das sie und Alan bei ihrem letzten Besuch hier oben entdeckt hatten. Sie trottete mit gegen den Wind gesenktem Kopf über den schmalen Trampelpfad und durch das hohe, im Wind raschelnde Gras in Richtung der runden Erhebung.
Die zertrampelte Wiese war vom Wind zerzaust, doch ansonsten war alles, wie sie es zwei Tage vorher verlassen hatten – mit einer Ausnahme. Eine zweite Zigarettenschachtel lag neben der ersten ursprünglichen. Meredith blinzelte. Sie war sicher – oder jedenfalls beinahe sicher –, dass dort vorher nur eine Schachtel gelegen hatte. Sie konnte sich irren. Diese zweite Schachtel hatte vielleicht unbemerkt in der Nähe im hohen Gras gelegen und war nun vom Wind zu der anderen geweht worden. Es war die gleiche Marke.
Dann fielen ihr die beiden Journalisten ein, die den Eingang von Malefis Abbey belauerten.
»Die Presse!«, rief sie erzürnt.
»Sie hatten einen Mann hier oben, wahrscheinlich mit einem Fernglas. So eine Unverfrorenheit!« Sie funkelte die Zigarettenschachteln an.
Trotzdem empfand sie diese wahrscheinliche Erklärung als beruhigend. Sie fühlte sich sehr allein hier oben und warf einen beunruhigten Blick über die Schulter. Falls, wer auch immer die erste Packung zurückgelassen hatte, wieder hierher gekommen war, dann konnte er – oder konnten sie – jederzeit erneut auftauchen. Presse oder nicht, Meredith wollte ihnen nicht begegnen. Ihr wurde bewusst, dass sie fror. Sie rieb sich die Arme. Froh über die Ausrede, gehen zu können, eilte sie den Hügel hinunter, zurück nach Malefis Abbey. Als sie das Tor mit den
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