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Blumen Für Sein Grab

Blumen Für Sein Grab

Titel: Blumen Für Sein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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ist denn?«
    »Sieh nur … da drin …«, flüsterte Meredith und deutete auf die Voliere, die Augen vor Schreck und Abscheu geweitet. Markbys Blick folgte ihrer zitternden Hand. Die Kanarienvögel hüpften und flatterten scheinbar unbekümmert umher, trotz der Tatsache, dass auf dem Boden ihrer Voliere, an die Wand aus Maschendraht gelehnt, eine junge Frau saß. Markby drückte Meredith beruhigend die Schulter, als er an ihr vorbei und zum Draht eilte, um die groteske, stille Gestalt von der anderen Seite zu betrachten. Er kannte sie nicht. Vermutlich war sie eine Einheimische. Sie trug Arbeitskleidung, braune schwere Kordhosen, feste Schuhe und eine alte Tweedjacke. Ihre Augen und ihr Mund standen offen, das schlecht geschnittene Haar hing unordentlich rechts und links an ihrem Gesicht herab. Markby betrachtete sie mit dem leidenschaftslosen Auge des Polizisten. Sie war nie eine Schönheit gewesen, so viel stand fest. Ihr Teint war schlecht, ihre Gesichtszüge plump. Jetzt war sie über und über mit Vogelexkrementen beschmutzt. Sie sah aus wie eine Vogelscheuche, die jemand achtlos weggeworfen hatte, weil er sie nicht mehr brauchte.
    »Warte dort«, sagte er leise über die Schulter zu Meredith. Er öffnete vorsichtig die Volierentür. Die Kanarien flatterten hinauf in den Orangenbaum. Markby schlüpfte durch den schmalen Spalt und schloss hinter sich die Tür. Bevor er sich der zusammengesunkenen Gestalt näherte, sah er sich den sandigen Boden der Voliere genauer an. Er war ziemlich aufgewühlt, und um nicht mögliche Spuren zu verwischen, ging er vorsichtig um den Baum herum und näherte sich dem Leichnam von der anderen Seite. Denn ein Leichnam war es, so viel stand fest. Nichtsdestotrotz musste er nachsehen. Er beugte sich über sie und suchte nach einem Lebenszeichen. Die blicklosen Augen, blass und blau, starrten ihn an. Sie hatten bereits angefangen sich zu trüben. Die Tote hatte ein Bein angezogen, das andere lag ausgestreckt vor ihr. Ihre Arme hingen schlaff an den Seiten herab, und ihre Hände mit den kurzen Stummelfingern und der rauen Haut lagen mit der Handfläche nach oben im Sand. Ihr Wollpullover unter der Tweedjacke war dunkel und glänzte feucht von etwas, das nur Blut sein konnte. Vorsichtig schob Markby seine Finger an die Stelle, wo ihre Halsschlagader hätte pulsieren müssen, doch er wusste, dass es sinnlos sein würde. Sie war noch nicht kalt. Höchstens eine Stunde oder so, dachte er bei sich. Viel länger kann sie nicht tot sein. Er sah auf seine Armbanduhr. Zwölf Uhr vierzig. Also gegen elf Uhr an diesem Morgen, während er und Meredith auf den Windmill Hill geklettert waren und Mrs. Pascoe Einkäufe in der Stadt gemacht hatte. Er berührte den Leichnam nicht mehr, obwohl er zu gerne den Arm der Toten angehoben hätte, um zu sehen, wie weit die Leichenstarre fortgeschritten war. Doch das alles musste er anderen überlassen. Er bemerkte die ersten Anzeichen, den herabhängenden Unterkiefer. Der weit offen stehende Mund verstärkte noch die allgemeine Unansehnlichkeit des Gesichts. Dann, als er sich wieder aufrichtete, sah er, dass die Finger der einen Hand etwas hielten. Er bückte sich erneut, um es zu betrachten. Es war nur ein abgerissener Fetzen Papier. Doch es sah nicht aus wie gewöhnliches Papier, eher wie eine Art Karton. Er wünschte, er könnte es besser sehen, doch ohne es aus ihrem Griff zu lösen, was überhaupt nicht in Frage kam, konnte er es nicht deutlich erkennen. Es schien dreieckig zu sein, mit zwei glatten Seiten und einer zerfetzten. Eine Ecke von einem Stück also, das jemand ihr aus den Fingern gerissen hatte, während sie versucht hatte, es festzuhalten. Eine Seite war weiß und leer, die andere glänzend und bunt. Ein großes Foto!, dachte Markby. Es muss eine Ecke von einem großen Foto sein!
    »Alan?« Merediths Stimme war genau hinter ihm.
    »Ich komme.« Er zog sich auf dem gleichen Weg aus der Voliere zurück, auf dem er eingetreten war, und ging zu ihr. Sie war sehr blass, aber nicht in Panik.
    »Tot, fürchte ich«, bestätigte er Merediths Vermutungen.
    »Ich werde augenblicklich Hawkins anrufen. Du weißt nicht rein zufällig, wer sie ist, oder?«
    »Doch. Gillian Hardy. Das arme Ding – sie arbeitet … sie hat als Gehilfin bei Molly James in der Tierpension gearbeitet.«
    »Oh?« Markby runzelte die Stirn.
    »Kam sie häufiger hierher zu Besuch?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen. Ich hab sie jedenfalls nie hier gesehen.« Meredith

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