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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Kerr
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fragte, womit ich sie glücklich machen könne, antwortete sie, da sei nichts zu machen: Man könne ihre Melancholie nicht beheben, da sie zu ihrem Wesen gehöre. Dieser Hang zur Schwermut war es auch, der den Wunsch nach einem Kind in ihr weckte – ich fand mich also in der Zwickmühle wieder, während ich geglaubt hatte, dass der Kelch an mir vorübergegangen sei. Nachdem ich meinem Vater mein Leid klagte, hatte dieser geantwortet: »Das ist keine Einbildung, mein Junge, sondern eine Tatsache, du bist erledigt, und zwar auf ganzer Linie.« Evelyn wiederum war im siebten Himmel und zeichnete für alles, was Maddie betraf – ihr Wachstum, ihre Nährstoffzufuhr, ihr Gewicht –, Kurven auf Millimeterpapier, und das wohlgemerkt, als unsere Tochter sich noch in ihrer Gebärmutter befand. Dann kam Maddie zur Welt, und selbstverständlich waren wir uns einig, dass es sich um das größte Wunder der Menschheit seit der Erfindung der Chipkarte handelte. Wenn das Morgenrot auf ihre blonden Haare fiel und sie »Papa« zu mir sagte, dann traf die Natur auf eines ihrer schönsten Meisterwerke. Doch die Schwangerschaft hatte Evelyn in eine häusliche, sexmüde Diktatorin verwandelt und, was noch seltsamer war, sie eifersüchtig werden lassen. Sie ertrug es nicht mehr, wenn mein Blick auf anderes als auf ihre Beine gerichtet war, so schön und britisch diese auch sein mochten. Ich sagte zu ihr, dass sie nicht allein auf der Welt sei, aber davon wollte sie nichts wissen.
    Â»Du bist ständig auf der Suche nach dem nächsten Dekolleté! Glaub nur nicht, dass ich nicht mitkriege, wenn wir bei den Willingtons zum Essen sind und du fast in Katherines Brüste reinkriechst!«
    Â»Soviel ich weiß, sitzt du nicht in meinen Augäpfeln!«
    Â»Ach, hast du eine Ahnung!«
    Evelyn hatte die Gabe, sich in unmöglichen Andeutungen zu ergehen. Ich für meinen Teil war unaufrichtig: Katherine Willingtons Brüste waren wirklich sehr verlockend. Was sollte ich machen? Der Mann kann nicht gegen seine Natur an, und einer schönen Frau gegenüber habe ich keinerlei Gegenwehr; wenn ich Evelyn betrog, war das gegen meinen Willen. Ihre Eifersucht nahm beunruhigende Ausmaße an, doch dann fiel meine hübsche Engländerin wieder in die Gleichgültigkeit der Anfangszeit zurück und schien sich keine Sorgen mehr wegen meiner außerehelichen Eskapaden zu machen. Deshalb hatte ich auch nicht erwartet, dass sie sich von neuem für meine Affären interessieren würde, als Lee in mein Leben trat.
    Lee war Südkoreanerin, hatte aber mehr Ähnlichkeit mit etwas, das sie gar nicht war: mit einer Japanerin. Sie war mir an einem verregneten Tag ins Auge gesprungen, zwischen den Stangen der billigen Regenschirme, die die 34. Straße bevölkerten. Ihr Kopf überragte die fernöstlich anmutenden Gesichter. Sie hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen, ganz im Gegensatz zu der üblichen Strenge, die ich Asiaten sonst zuschreibe, wohl eher aus politisch motivierten denn aus rationalen Gründen. Nach einem längeren Moment des Zögerns, mitten im Regen, hatte ich sie schließlich frontal angesprochen, in dem leicht bläulichen Licht von Koreatown.
    Â»Warum lächeln Sie so?«
    Â»Weil es keinen Grund gibt, es nicht zu tun«, erwiderte sie.
    Â»Die Leute hier sind unglücklich, vor allem an Regentagen.«
    Â»Sie auch?«
    Â»Keine Ahnung; die Frage habe ich mir noch nie gestellt.«
    Sie lächelte noch mehr. Von meinen Haaren tropfte es auf meinen Regenmantel, und ich hatte das furchtbare Gefühl, wie eine Vogelscheuche auszusehen. Ich fragte sie, ob sie einen Kaffee trinken wollte.
    Â»Wann?«
    Â»Ich weiß nicht, jetzt gleich?«
    Â»Es gehört nicht zu meinen Gewohnheiten, mit Fremden einen Kaffee zu trinken; halten Sie mich nicht für etwas, das ich nicht bin!«
    Â»Das war auch nicht meine Absicht.«
    Sie schlug vor, in den Teesalon gleich nebenan zu gehen, wo uns Frauen in traditionellen Gewändern eine Fußpflege anboten. »Da habe ich mich wohl geirrt«, gluckste sie. »In Wahrheit kann ich die Schriftzeichen gar nicht lesen.« In der Tat war ihr Akzent frei von der üblichen eintönigen Sprachmelodie der Asiaten – sie hatte dieses typische New Yorker Näseln in der Stimme. Während sich vier junge Geishas an unserer abgestorbenen Haut zu schaffen machten, eine pro Fuß,

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